ChemieGeschichte(n) – 19. April 1943

Chemiker Hofmann auf LSD-Trip

Unter der Überschrift „ChemieGeschichte(n)“ wirft das VAA Magazin einen Blick auf Meilensteine der chemisch-pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis. Im Mittelpunkt stehen Personen, Dinge oder Ereignisse, die Geschichte gemacht haben und deren Einflüsse bis heute spürbar sind.

 „Schwindel, Angstgefühl, Sehstörungen, Lähmungen, Lachreiz.“ Nein, verkehrstauglich ist der Chemiker Albert Hofmann auf keinen Fall, als er sich vor 80 Jahren, am frühen Abend des 19. April 1943, in Begleitung seiner Assistentin Susi Ramstein in Basel aufs Fahrrad setzt. Zu Hause angekommen wird es noch ärger. „Alles im Raum drehte sich, und die vertrauten Gegenstände und Möbelstücke nahmen groteske, meist bedrohliche Formen an“, erinnerte sich Hofmann später. Er habe sich gefühlt, als sei ein Dämon in ihn eingedrungen. „Eine furchtbare Angst, wahnsinnig geworden zu sein, packte mich.“ Was war geschehen? Der 37-jährige Wissenschaftler hat soeben den ersten bewusst geplanten LSD-Trip eingeworfen. Der Stoff ist ihm freilich schon etwas länger bekannt. Auf der Suche nach einem Kreislaufmittel für seinen Arbeitgeber Sandoz nimmt er Ende der 30er Jahre die Alkaloide eines Getreidepilzes näher unter die Lupe. Es handelt sich dabei um das Mutterkorn, eine Schlauchpilzart, die vor allem Roggen, aber auch andere Getreidesorten befällt. In geringen Dosen wurde Mutterkorn nachweislich im Mittelalter zu medizinischen Zwecken genutzt.

Hofmann gelingt es, die für therapeutische Zwecke wichtigste Stickstoffverbindung zu isolieren. Diese Lysergsäure versetzt er anschließend mit verschiedenen anderen Chemikalien. Unter den so gewonnen Derivaten ist auch das Lysergsäurediäthylamid LSD-25. Doch wie bei den anderen Verbindungen auch erscheinen die erwünschten Effekte auf Atmung und Kreislauf, mit denen Sandoz den Konkurrenten Ciba und dessen Präparat Coramin ausstechen will, sehr überschaubar. Für ein paar Jahre verschwindet das LSD aus dem Blickfeld des Chemikers. Bis 1943 – über die Gründe kursieren unterschiedliche Angaben. Beim Syntheseprozess gelangt er am 16. April unbeabsichtigt in Berührung mit der Substanz und erlebt „einen nicht unangenehmen rauschartigen Zustand“. Daraufhin beschließt er, drei Tage später das Experiment unter kontrollierten Bedingungen zu wiederholen. Die Gelegenheit scheint günstig zu sein: Gattin Anita und die Kinder sind an jenem Montag in Luzern. Sollte das Experiment aus dem Ruder laufen, so sein Kalkül, wird ihn kein Familienmitglied in komplett derangiertem Zustand sehen. Doch in den folgenden Stunden durchlebt Hofmann Höllenqualen. 250 Mikrogramm LSD hat er eingenommen – das Zehnfache dessen, was bei den meisten Menschen leichte psychische Effekte auslöst. Ein herbeigerufener Arzt kann den panischen Chemiker mühsam beruhigen. Allmählich bessert sich dessen Zustand, ja er wähnt sich plötzlich glücklich und dankbar. „Jetzt begann ich allmählich, das unerhörte Farben- und Formenspiel zu genießen, das hinter meinen geschlossenen Augen andauerte. Kaleidoskopartig sich verändernd, drangen bunte, phantastische Gebilde auf mich ein, in Kreisen und Spiralen sich öffnend und wieder schließend, in Farbfontänen zersprühend, sich neu ordnend und kreuzend, in ständigem Fluss. Besonders merkwürdig war, wie alle akustischen Wahrnehmungen, etwa das Geräusch einer Türklinke oder eines vorbeifahrenden Autos, sich in optische Empfindungen verwandelten.“

Als „Bicycle Day“ geht Hofmanns Selbstversuch in die Geschichte ein. Mit Delysid bringt Sandoz 1949 ein Präparat auf LSD-Basis auf den Markt. Eingesetzt wird es „zur seelischen Auflockerung bei analytischer Psychotherapie, besonders bei Angst- und Zwangsneurosen sowie zur experimentellen Untersuchung über das Wesen der Psychosen. Anderthalb Jahrzehnte später steigt LSD zur Modedroge von Hippies und Künstlern auf. Schriftsteller wie Aldous Huxley oder Ernst Jünger setzten sich dem Stoff aus – ebenso wie Schauspieler Cary Grant oder Musiker Jimi Hendrix. Fragwürdige Anwendungen in der Psychiatrie und durch die CIA rufen jedoch bald Kritiker auf den Plan. Auch „Entdecker“ Hofmann wird später LSD als „Sorgenkind“ bezeichnen. Heute wird es nicht mehr medizinisch angewendet. Hofmann selbst hat die Einnahme offenbar nicht geschadet. Der Wissenschaftler starb 2008 im Alter von 102 Jahren.

Glückwünsche

Miträtseln und gewinnen!

Herzlichen Glückwunsch an die Gewinner der Februarausgabe: Dr. Sandra Wiedersberg, Einzelmitglied Landesgruppe Südwest, Dr. Stephanie Vogel, Werksgruppe Covestro, und Dr. Heide Dongus, Werksgruppe Intervet Deutschland. Für diese Ausgabe ist der Einsendeschluss der 15. Mai 2023. Nach Ablauf der Frist wird die Lösung auf der VAA-Website eingestellt. Das Lösungswort bezeichnet wieder einen Begriff aus der Chemie. Die Lösung des Sudokurätsels wird ebenfalls im Internet eingestellt. Bitte Rückmeldungen per E-Mail (redaktion@remove-this.vaa.de), Fax (+49 221 160016) oder Post an die VAA-Geschäftsstelle Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln) senden. Unter den richtigen Einsendungen werden drei VAA-Mitglieder gezogen, die jeweils einen Wunschgutschein im Wert von 25 Euro erhalten.

Leserbriefe

Zum Artikel „Zurück zum Glück“, VAA Magazin Februar 2023

Hier mein Feedback, meine Gedanken beim Lesen des aktuellen VAA Magazins zum Thema Glück: Glück gehabt. Im Lotto Vierer mit Zusatzzahl. Heute hatte ich keinen Stau am Kölner Ring, wahlweise A 66. Mein Anschlusszug hat bei zehn Minuten Umstiegszeit genau wie mein aktueller Zug auch eine Viertelstunde Verspätung.

Aber wenn ich nach einen arbeitsreichen Tag alles, was ich mir vorgenommen hatte, geschafft habe, bin ich zufrieden. Ich habe auf meine Leistungsfähigkeit, mein Können und meine Erfahrung vertraut.

Offensichtlich ist es eine Frage des Zeitgeistes, auf den Zufall zu hoffen, um Glück zu haben, statt korrekt zu planen, um dann bei Erreichen der angestrebten Ziele zufrieden zu sein.

Dr. Klemens Minn, Hattersheim

Glück ist mit dem Tüchtigen gewiss.
Wenn dies auf Dankbarkeit nun trifft,
dann zeugen beide schließlich das,
was dann ‚glücklich sein‘ ausmacht.
Studien von Psychologen zeigen‘s auf,
wer dankbar ist, ist auch gut drauf.
Wem dies zu lernen meist gelingt,
über eine gute Resilienz verfügt.
Ob diese auch noch messbar ist?
Die Glückshormone sind’s gewiss.

Dr. Herbert Klinkenberg, Witten

Ein freundliches Hallo in die Runde der Redaktion. Gern habe ich in der letzten Ausgabe Ihres Magazins gelesen, dass der VAA beziehungsweise die Redaktion sich auf die Suche nach dem Glück gemacht hat und die Leser einlädt, ihre Meinung dazu aufzuschreiben. Von der Berechnung der verschiedenen Indizes, sei es BPI oder NWI oder die vier Säulen und neun Domänen im Königreich Bhutan, die kollektiv quasi als Messlatte dienen sollen, um eine Einstufung zwischen ja, glücklich, und nein, unglücklich, vorzunehmen, habe ich nicht viel verstanden. Aber offenbar sind selbst die Fachleute noch uneins über den wirklich richtigen Weg zum Ziel.

Mir fiel indes dazu nur ein, dass der Glückliche nicht immer dankbar ist, aber der Dankbare immer glücklich. Deshalb ist der Mensch gut beraten, sich ein Gefühl der Dankbarkeit anzueignen für das, was er trotz aller Entbehrungen und Verluste (immerhin) hat, und nicht dauernd darauf zu schielen, was andere vielleicht haben und was er nicht hat. Ersteres macht ihn glücklich, letzteres stürzt ihn ins Unglück.

Im Übrigen sollten wir es mit dem guten alten Aldous Huxley halten, der in seinem 1945 erschienenen Büchlein über die philosophia perennis (die ewige Philosophie) geschrieben hat, dass der Mensch (1) liebevoll, (2) reinen Herzens und (3) arm im Geist, sprich frei von Habgier, Neid, Missgunst, Hass, Eigendünkel und Eitelkeit, durch die Welt schreiten soll. So kommt er auf dem Weg zum Glück (und zu höherer Erkenntnis) voran.

Genau diese drei Grundeinstellungen sind es auch, die dem christlichen Dekalog zugrunde liegen und allen anderen großen Weltreligionen im Prinzip auch. Es lohnt sich vielleicht, es einfach mal auszuprobieren, und man muss dafür noch nicht einmal bis ins Königreich Bhutan reisen.

Peter Hoffmann, Hofheim

Anmerkung der Redaktion: Die Redaktion des VAA Magazins behält sich vor, Leserbriefe aus Platzgründen zu kürzen.

Schreiben Sie uns!

Ein lebendiges Magazin lebt nicht zuletzt vom lebhaften Meinungsaustausch seiner Leser. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen mit dem VAA Magazin nicht nur eine hoffentlich angenehme und interessante Lektüre, sondern auch ein Forum für Diskussionen, Kritik und Anregungen bieten. Hat Ihnen etwas überhaupt nicht gefallen? Oder vielleicht besonders gut? Schreiben Sie uns! Konstruktiv, kontrovers, kritisch – ganz wie Sie mögen. Aber bitte vergessen Sie dabei nicht, auch Ihren Namen und Ihre Anschrift anzugeben. 

Grundsätzlich gilt: Zuschriften sind uns stets willkommen – egal ob elektronisch an redaktion@remove-this.vaa.de oder per Post (VAA Magazin, Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln), ganz gleich zu welchem Thema. Wir bitten jedoch um Ihr Verständnis, dass aus Platzgründen nicht jeder Leserbrief veröffentlicht werden kann. Die Redaktion des VAA Magazins behält sich daher vor, Leserbriefe gegebenenfalls zu kürzen und eine Auswahl zu treffen. Es sei Ihnen aber versichert: Jeder Brief wird von der Redaktion gelesen, ausgewertet und zu Herzen genommen. Ob positiv oder negativ: Wir sind dankbar für Ihr Feedback!

Wichtige Termine für 2023

  • 18.04.    Sitzung VAA-Kommission Hochschularbeit, digital
  • 18.04.    FKI-Seminar „Abfindungen effizient gestalten“, digital
  • 19.04.    FKI-Seminar „Hartes Verhandeln“, Köln
  • 20.04.    FKI-Seminar „Hartes Verhandeln – Stufe zwei“, Köln
  • 20.04.    Sitzung VAA-Landesgruppe Niedersachsen, digital
  • 20.04.    Sitzung VAA-Landesgruppe Nord, Hamburg
  • 21.04.    FKI-Seminar „Prozesse und Menschen zum Erfolg führen“, digital
  • 22.04.    Sitzung VAA-Landesgruppe Bayern, Erding
  • 25.04.    FKI-Seminar „Souverän präsentieren und auftreten“, digital
  • 26.04.    Sitzung VAA-Kommission Führung, Köln
  • 11.05.    ULA-Führungskräftetag, Berlin
  • 12.05.    VAA-Vorstandssitzung, digital
  • 02.06. – 03.06.    VAA-Delegiertentagung, Montabaur
  • 16.06. – 17.06.    Klausurtagung Vorstand und Geschäftsführung des VAA, Köln
  • 19.06.    Sitzung VAA-Kommission Betriebliche Altersversorgung, Köln

Aktuelle Informationen zu den Terminen sowie den konkreten Durchführungsformaten finden sich unter www.vaa.de, auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de und auf der Website des Führungskräfte Instituts (FKI) unter www.fki-online.de.

Vorschau auf die Ausgabe Juni 2023

  • Verband: Umfrage zum Einkommen
  • Branche: Transformation der Chemie
  • Vermischtes: Entdeckung von Xenon

Impressum

Verlag: Verband angestellter Akademiker und lei­tender Angestellter der chemischen Industrie e. V., Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln, Tel. +49 221 160010, Fax +49 221 160016, info@vaa.dewww.vaa.de. Der Bezug des VAA Magazins ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. 
Chefredaktion: Timur Slapke.
Redaktion: Christoph Janik, Ursula Statz-Kriegel, Simone Leuschner (Bild- und Spezialredaktion).
Redaktion ULA Nachrichten: Klaus Bernhard Hofmann, Ludger Ramme, Lena Schröder, Michael Schweizer (verantwortlicher Redakteur).
Schlussredaktion: Timur Slapke.
Korrektorat: Timur Slapke, Ursula Statz-Kriegel.
Redaktionsbeirat: Stephan Gilow, Dr. Birgit Schwab. 
Anzeigen: Ursula Statz-Kriegel, redaktion@remove-this.vaa.de (VAA); Rohat Akarcay, r.akarcay@remove-this.koellen.de (Köllen Druck+Verlag). Es gilt die Anzeigenpreisliste vom November 2023.
Druckauflage: 24.000; Erscheinungsweise: sechsmal jährlich.
Gestaltung und Layout: Ina Brocksieper.
Druck: Köllen Druck+Verlag, Bonn-Buschdorf.
In namentlich gekennzeichneten Gastbeiträgen und Leserbriefen geäußerte Ansichten geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Gleiches gilt für dem VAA Magazin beigelegte Werbebroschüren. 
Im VAA Magazin werden nach Möglichkeit diskriminierungssensible Formulierungen verwendet. Aus Gründen der Lesbarkeit kommt in Ausnahmefällen das generische Maskulinum zum Einsatz. Damit sind jedoch grundsätzlich alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten gemeint.