Erik Lehmann hat das Wort: Pinkeln und Karussellfahren
Zuerst die gute Nachricht: Wir haben 2023 unser Klimaziel erreicht. Zitat von Robert Habeck: „Deutschland ist auf Kurs – erstmals. Wenn wir Kurs halten, erreichen wir auch unsere Klimaziele 2030.“ Beim Treibhausgasausstoß sei der stärkste Rückgang seit der Wiedervereinigung gemessen worden. Es sei sogar möglich, die Vorgaben für 2030 überzuerfüllen. Da will jemand eindeutig Aktivist der sozialistischen Arbeit werden und auf die Straße der Besten einbiegen. Bei genauerem Hinsehen fußt die gute Klimabilanz allerdings nicht nur auf weniger verbrannter Kohle und mehr erneuerbarer Energie, sondern auch darauf, dass die Wirtschaft schwächer läuft. Und bei den aktuellen Zuständen und Aussichten ist eine Planübererfüllung keineswegs abwegig. Ein bisschen ist es so, als würde der Nachwuchs mit einem Zeugnis nach Hause kommen, in dem steht: „Ihr Kind wird versetzt. Allerdings konnten aufgrund von 187 Fehltagen keine Noten vergeben werden. Wir wünschen ihrem Kind schon jetzt eine erfolgreiche Immatrikulation an einer Universität Ihrer Wahl.“
Apropos lernfähige Schüler: Bei der theoretischen Führerscheinprüfung gibt es mittlerweile eine Durchfallquote von 49 Prozent. Ausrutscher? Mitnichten! Denn bei den Wiederholungsprüfungen rasseln abermals ganze 54 Prozent durch. Aber wer braucht schon einen Führerschein, wenn das Auto dank KI demnächst selbst fährt? Außerdem: „Führerschein“ – voll Nazi so etwas! Es muss eh viel mehr auf korrekte Sprache geachtet werden. Ein leuchtendes Beispiel ist die Berliner Abgeordnete der Partei Die Linke Katalin Gennburg, die in einer Rede im Berliner Abgeordnetenhaus eine „Pinkelgerechtigkeit zwischen Penisträger*innen und Sitzpinkler*innen“ – ja, so etwas gibt es, zumindest in Berlin – einforderte, wofür die Linksfraktion sechs Millionen Euro im Landeshaushalt bereitstellen will. Dit is Berlin, wa?
In Berlin arbeitet auch unser Gesundheitsminister, der Karli. Und der hat jetzt ein Gesetz angekündigt, welches das Gesundheitssystem zu Vorkehrungen „für einen Katastrophenfall oder sogar einen militärischen Bündnisfall“ bewegen soll. Da versucht jemand, ein paar Groschen aus dem Sondervermögen der Bundeswehr abzuschöpfen. Schlaues Karlchen! Somit könnte man indirekte Verteidigungsausgaben mit dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO verrechnen. Das wird den alten beziehungsweise demnächst neuen US-Präsidenten bestimmt überzeugen. Deutschland kommt endlich seiner bisher mangelnden Zahlungsmoral nach und wird dafür nicht dem Russen zum Fraß vorgeworfen. Glück gehabt.
Apropos Fressen: Im ORF, in der Sendung „Niederösterreich heute“, wurde kürzlich vor laufender Kamera ein Fisch verkocht, der nie hätte in der Pfanne landen dürfen. Warum? Nun, der kulinarisch zubereitete Frauennerfling steht seit jeher auf der Roten Liste. Die Moderatorin der Sendung entschuldigte sich eine Woche später: Das Team hätte andere Informationen gehabt und nicht gewusst, dass der Fisch stark gefährdet und vom Aussterben bedroht ist. Aber hey, immerhin, er war noch einmal im Fernsehen!
All diese großen und kleinen Aufreger wurden schlussendlich getoppt vom Vorschlag der Tierwohlorganisation PETA: Man solle Tiermotive wie Pferde auf Karussells verbieten, weil sie Kindern falsche Werte im Umgang mit Tieren vermitteln würden. Als Alternative schlägt PETA Motive wie Autos, Flugzeuge oder Bulldozer vor. Da haben die sich aber offensichtlich nicht mit Fridays for Future abgesprochen ... Auch auf Sternschnuppen, Regenbögen oder Besen könnten Kinder stattdessen reiten, meint PETA. Katalin Gennburg wäre bestimmt dafür und würde für die Umbaumaßnahmen wieder sechs Millionen Euro aus dem Landeshaushalt bereitstellen.
Ich habe nun zu Hause für Ordnung und Gerechtigkeit gesorgt: Dem Kuckuck aus der Wanduhr wurde die Freiheit geschenkt, sämtliche Wasserhähne haben nun ganztags Freigang im Garten und meinen Laptop bediene ich ab sofort nur noch mit dem Touchpad, weil ich das permanente Klicken auf der Maus nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Dass ich nun überall zu spät komme, mir nicht mehr die Hände waschen kann und sich das Schreiben meiner Kolumnen unnötig in die Länge zieht, nehme ich für den längst überfälligen Fortschritt gern im Kauf.
Mit seinen verschiedenen Kabarettprogrammen reist der Dresdner Kabarettist Erik Lehmann quer durch Deutschland und hat auch schon diverse Preise gewonnen. Unter dem Pseudonym Uwe Wallisch vertreibt der passionierte Hobbyimker zudem seinen eigenen Honig. Auf der Website www.knabarett.de ist Lehmann jederzeit käuflich und bestellbar. Honig gibt es auf uwes-landhonig.de.