ChemieGeschichte(n) – 2. August 1672
Zum 350. Geburtstag von Johann Jakob Scheuchzer – vor mir die Sintflut
Unter der Überschrift „ChemieGeschichte(n)“ wirft das VAA Magazin einen Blick auf Meilensteine der chemischen Wissenschaft und Praxis. Im Mittelpunkt stehen Personen, Dinge oder Ereignisse, die Geschichte gemacht haben und deren Einflüsse bis heute spürbar sind.
Astronom, Mathematiker und Physiker; dazu Mediziner, Kartograf und Botaniker: Johann Jakob Scheuchzer, geboren vor 350 Jahren, am 2. August 1672 in Zürich, verkörperte den Typus des „Universalgelehrten“ in bewegten Zeiten. Er war „einerseits ein Polyhistor barocken Zuschnitts, andererseits als empirischer Wissenschaftler schon stark der Aufklärung verpflichtet“, schreibt Hanspeter Marti im „Historischen Lexikon der Schweiz“. Das zeigte sich vor allem an der „Sintflut-Theorie“, die Scheuchzer vertrat.
Aus Theologie und Wissenschaft versuchten Scheuchzer und andere eine „Heilige Physik“ zu destillieren, mit deren Hilfe sich biblische Ereignisse wissenschaftlich beweisen ließen. Lange suchte Scheuchzer vergeblich nach „Überbleibseln“ von Menschen, die während der Sintflut umgekommen sein sollten. In einem Fossil aus dem Bodenseeraum vermeinte er schließlich, „das Skelett eines erwachsenen Menschen oder dessen früherer Struktur“ erkennen zu können. Das Problem: Es handelte sich um einen vorzeitlichen Riesensalamander.
Heutige Zeitgenossen mögen das belächeln. Aber tatsächlich schälten sich mit den Betrachtungen Scheuchzers nach Ansicht von Experten wie Michael Kempe erste Anfänge eines modernen Fortschrittsglaubens heraus. Mithilfe der Wissenschaft glaubte man demnach, den göttlichen Plan der Erdgeschichte entschlüsseln zu können. Aber Scheuchzer lieferte auch den Anstoß zu einem ganz anderen Phänomen der Moderne: dem britischen Alpentourismus und der romantischen Verklärung der Bergwelt. „Die ästhetisierende Darstellung von Land und Volk in Friedrich Schillers Wilhelm Tell geht auf seinen Einfluss zurück“, hält Hanspeter Marti fest.
1702 veröffentlichte Scheuchzer die Beschreibung einer Alpenreise unter dem Titel „Ouresiphoítes Helveticus“ („Der Schweizer Berggänger“); mit seiner Zeitschrift „Seltsamer Naturgeschichten des Schweitzer-Lands wochentliche Erzehlung“ ging er zwischen 1706 und 1708 den Schönheiten und Geheimnissen seiner Schweizer Heimat auf den Grund. Und 1712 erschien die „Nova Helvetiae tabula geographica“, die jahrelang Maßstäbe unter den Schweizer Landkarten setze.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Scheuchzer ein Netzwerk quer durch Europa aufgebaut. Seit 1704 war er Mitglied der Royal Society in London, zu seinen Förderern gehörten Gottfried Wilhelm Leibniz, Isaac Newton oder der russische Zar Peter der Große. Obwohl er in Nürnberg und Utrecht studiert hatte, blieb der Forscher später seiner Heimatstadt Zürich verbunden. Er wirkte unter anderem als „bescheidener Mathematikprofessor“ am Zürcher Carolinum. Lukrative Angebote, etwa als Leibarzt Peters des Großen ins Ausland zu gehen, lehnte er ab.
Stattdessen sammelte der Mitbegründer der Paläobotanik und Kristallografie weiter emsig Versteinerungen und Mineralien, legte das erste Physiklehrbuch in deutscher Sprache auf, fasste Wetterberichte ab und führte Höhenmessungen mit barometrischen Instrumenten durch. Am 23. Juni 1733 starb Scheuchzer in seiner Heimatstadt, wo er wenige Monate zuvor zum Physikprofessor und zugleich zum ersten Stadtarzt und Chorherrn aufgestiegen war.
Von seinen weitgespannten Interessen zeugen die Benennung des 3.456 Meter hohen Scheuchzerhorns in den Berner Alpen oder die nach ihm benannte Gattung „Scheuchzeria“ aus der Familie der Blumenbinsengewächse. Seinen Forscherdrang gab Johann Jakob Scheuchzer an seinen Sohn Johann Caspar weiter, der unter anderem als Japanologe reüssierte.
Glückwünsche
Miträtseln und gewinnen!
Herzlichen Glückwunsch an die Gewinner der Juniausgabe: Xenia Kostrov, Einzelmitglied Landesgruppe Bayern, Lorraine Kanellakopoulos, Einzelmitglied Landesgruppe Nordrhein, und Dr. Manfred Ritter, Werksgruppe BASF Ludwigshafen. Für diese Ausgabe ist der Einsendeschluss der 15. September 2022. Nach Ablauf der Frist wird die Lösung auf der VAA-Website eingestellt. Das Lösungswort bezeichnet wieder einen Begriff aus der Chemie. Die Lösung des Sudokurätsels wird ebenfalls im Internet eingestellt. Bitte Rückmeldungen per E-Mail (redaktion@), Fax (+49 221 160016) oder Post an die VAA-Geschäftsstelle Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln) senden. Unter den richtigen Einsendungen werden drei Gewinner gezogen, die jeweils einen Wunschgutschein im Wert von 25 Euro erhalten. vaa.de
Leserbriefe
Zum Lösungswort des Rätsels, VAA Magazin Juni 2022:
Das Lösungswort soll wohl KATALYSATOR lauten. Allerdings ergibt die korrekte Lösung des Rätsels KATALYSRTOR. Da ist den Rätselerstellern wohl ein Fehler unterlaufen. :-)
Dr. Bettina Munsch, Selingenstadt
Anmerkung der Redaktion: Vielen unseren aufmerksamen Leserinnen und Lesern ist aufgefallen, dass sich im Kreuzworträtsel der Juniausgabe ein Fehler eingeschlichen hatte. Das Lösungswort lautete „KATALYSATOR“ und nicht „KATALYSRTOR“. Danke für die zahlreichen Hinweise. Wir haben den Fehler an die Rätselredaktion weitergeleitet.
Antwort der Rätselredaktion:
Vielen Dank für Ihre E-Mail und an Ihre Leserinnen und Leser, die uns auf den Fehler in unserem Rätsel „Katalysator“ aufmerksam gemacht haben. Wir haben das Rätsel sofort überprüft und den Fehler in unserem Wortschatz korrigiert. Leider ist der Fehler bei der händischen Überarbeitung, welche die Qualität eines Rätsels verbessern soll, entstanden. Wir haben es bei dieser Überarbeitung also leider „verschlimmbessert“ - und dann trotz zweimaligen Probelösens nicht bemerkt. Entschuldigen Sie bitte vielmals diesen Fehler. Er soll nicht wieder vorkommen – obgleich überall da, wo Menschen arbeiten, Fehler entstehen können. Mit der nochmaligen Bitte um Entschuldigung und den besten Grüßen
Johannes Susen, Rätselredaktion
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- 07.09. – 08.09. VAA-Seminar „Grundschulung für Betriebsräte“, Mainz
- 13.09. Sitzung der VAA-Kommission Führung, digital
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