Kommentar von Markus Ebel-Waldmann
Werdet wesentlich
Wie degeneriert eine Gesellschaft ist, erkennt man an den Themen, über die sie sich streitet. Im europäischen Osten rollen die Panzer, wird ein völkerrechtswidriger Krieg geführt. China rüstet gegen Taiwan auf, die USA starten den vielleicht erfolgreichsten Wiederaufstieg der Industrie dank einer klugen Industriepolitik. In Frankreich brennen die Vorstädte aufgrund einer katastrophal gescheiterten Migrations- und Integrationspolitik und Deutschland streitet über die Wärmepumpe. Auch übers Elterngeld wird gestritten und nun auch über das Ehegattensplitting. Zeitgleich will die Bundesregierung den Spitzenausgleich für energieintensive Unternehmen in Deutschland abschaffen. Hier handelt es sich tatsächlich um eine drastische Maßnahme, welche die industrielle Produktion in Deutschland im Kern bedroht. Aber darüber wird nur in Wirtschaftskreisen gestritten. Hier geht es ja nur um die industrielle Basis und internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und um zehntausende Arbeitsplätze.
Während die Ampel stehend K. o. ist, machen es die Oppositionsparteien nicht viel besser. Angesichts der enormen internationalen und nationalen Herausforderungen und eines beklagenswerten Zustands der Regierungsparteien leistet sich die CDU zwei Jahre vor der Wahl eine Kanzlerkandidatendebatte. Offensichtlich reicht es nicht aus, dass sich allein die Ampel lächerlich macht. Die Union macht es ihr nach. Nehmen wir den Streit ums Elterngeld. Es ist als materielle Entlastung für alle Eltern gedacht. Und darüber hinaus als Anreiz, dass Väter sich stärker in die Kinderbetreuung einbringen und Mütter so früher ins Berufsleben zurückkehren können. Künftig soll das bei Einkommen ab 150.000 Euro nicht mehr gezahlt werden. Diese Bevölkerungsgruppen sind angeblich ja so reich, dass sie leicht auf 1.800 Euro verzichten können. Selbst wenn dem so wäre, sind unserem Staat diese Bürgerinnen und Bürger mit ihren Kindern weniger wert? Sicher, man kann auch das Elterngeld grundsätzlich wieder einmal als verteilungspolitischen Existenzfrage betrachten. Übrigens wie beim Ehegattensplitting.
Wäre eine öffentlichkeitswirksame Debatte über unsere verteidigungspolitische Existenzfragen nicht wesentlich sinnvoller? Über eine Industriepolitik, die wie in den USA dafür sorgt, dass zum Beispiel die chemische Industrie mit ihren 580.000 Beschäftigten dank eines wettbewerbsfähigen Industriestrompreises auch in Zukunft in Deutschland produzieren kann? „Mensch, werde wesentlich“, forderte Angelus Silesius um Jahr 1675. Man möchte das der Politik und der deutschen Bevölkerung in Erinnerung rufen.
Mixed Leadership
ULA-Konferenz in Bonn
Am 15. September 2023 veranstaltet die ULA die nächste Mixed-Leadership-Konferenz zum Thema „Wettbewerbsvorteil Vielfalt“. Dabei werden die Themen Fachkräftemangel und Altersdiskriminierung vertieft und mit Lösungsansätzen der Vielfalt in Beziehung gesetzt.
Seit über zehn Jahren richtet die ULA in Kooperation mit Unternehmen und Ministerien sogenannte Mixed-Leadership-Konferenzen aus. Die Veranstaltungen haben jeweils ein eigenes Thema im Kontext von Diversity und Leadership und richten sich an leitende Angestellte, alle weiteren Führungskräfte sowie an Vertreter und Vertreterinnen aus Parlamenten, Ministerien und Verbänden.
In diesem Jahr stellt die Deutsche Telekom AG mit dem Konzernsprecherausschuss das Kooperationsunternehmen für diese Veranstaltung. Außerdem konnten die Personalvorständin Birgit Bohle sowie Matthias Heidmeier, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, für einen Vortrag gewonnen werden. Zu den weiteren Referentinnen und Referenten gehören unter anderem Christina Ramb, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Prof. Franziska Schölmerich von der SRH Berlin University of Applied Sciences, Dr. Frank Janßen, Vorstand Diversity beim Völklinger Kreis und Prof. Manuela Rousseau, Mitglied des Aufsichtsrates der Beiersdorf AG und Vorsitzende der VAA-Kommission Aufsichtsräte.
Die Teilnahme richtet sich an ein Fachpublikum und ist kostenlos. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Wer sich für eine Teilnahme interessiert, kann Kontakt mit dem eigenen ULA-Mitgliedsverband aufnehmen oder sich direkt an Ludger.Ramme@ wenden. Das vollständige Programm und die vortragenden Personen finden sich unter ula.dewww.ula-mixed-leadership.de.
Europa
Nachhaltige Führung: CEC stellt Positionspapier vor
In einem neuen Positionspapier fordert der Europäische Führungskräfteverband CEC European Managers mehr nachhaltige Führung in Europa. Damit möchte die CEC den rund eine Million Führungskräften aus 15 EU-Mitgliedstaaten eine Orientierungshilfe geben, um ihre eigene Rolle besser zu verstehen und für sich geeignete Maßnahmen zu treffen. Die ULA zählt zu den Gründungsmitgliedern des EU-Dachverbands der Führungskräfte.
Ausgangspunkt für die Initiative der CEC ist die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit in der Führung einen Megatrend darstellt, an dem Unternehmen und Institutionen nicht mehr vorbeikommen. Vor dem Hintergrund des European Green Deals, dem zentralen Bestandteil der EU-Klimapolitik mit dem Ziel, als erster Kontinent der Erde bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden, hatte die CEC von 2018 bis 2021 bereits ein erfolgreiches, von der Europäischen Kommission gefördertes Sustainable-Leadership-Pilotprojekt für die Weiterbildung von Führungskräften in Nachhaltigkeit durchgeführt. Damit konnten viele Mitgliedsverbände bestärkt werden, auch auf nationaler Ebene der nachhaltigen Führung eine strategische Bedeutung in der Verbandsausrichtung einzuräumen. Die ULA hat ebenfalls die Bedeutung dieses Themas erkannt und sich mit verschiedenen Aktivitäten auf den Weg gemacht, die Bedürfnisse der Führungskräfte zum Thema Nachhaltigkeit aufzunehmen.
„Manager müssen Teil der Lösung sein, um unsere Klimaziele umzusetzen. Unsere Arbeit zu nachhaltiger Führung hat gezeigt, dass Führung die unterschätzte Dimension des Wandels zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist.“
Maxime Legrand, Präsident der CEC European Managers.
Sowohl die CEC als auch die ULA verstehen nachhaltige Führung als einen Gleichklang von Ökologie, Ökonomie und sozialem Ausgleich. Damit orientieren sie sich an den Nachhaltigkeitszielen (SDG) der Vereinten Nationen (UN). Das Positionspapier der CEC teilt sich in zwei Abschnitte auf – zum einen in eine Vision, wie Führungskräfte künftig Nachhaltigkeit in ihre Arbeitswelt integrieren, und zum anderen in eine Mission, welche die zukünftige Rolle der CEC als „Ermöglicher“ von nachhaltiger Führung beschreibt.
Vision von Nachhaltigkeit
Der CEC-Vision zufolge leben die Führungskräfte von morgen ihre persönliche Nachhaltigkeitsmission und schaffen vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen zur gemeinsamen Gestaltung des Arbeitsplatzes. Sie sind in der Lage, mit Integrität, Kompetenz und einem ausgeprägten Sinn für das Wesentliche Begeisterung für Nachhaltigkeit zu erzeugen. Diese Führungskräfte der nächsten Generation sorgen dafür, dass die Rahmenbedingungen zu einem fruchtbaren Boden werden, auf dem Teams eine bessere Nachhaltigkeitsleistung erzielen können. Jeder wird wertgeschätzt als Mensch, der seine einzigartigen Fähigkeiten und Kompetenzen einbringt.
Nachhaltigkeit wird in die tägliche Arbeit einbezogen, sowohl abteilungsübergreifend als auch innerhalb der Abteilungen. Die Führungskräfte der neuen Generation werden durch starke und aktive Netzwerke unterstützt, die sich über die Praxis der nachhaltigen Führung austauschen. Schulungen für Leiter, Führungskräfte und Manager zum Thema „Sustainable Leadership“ sind zum Standard in der Führungsentwicklung geworden. Es gibt regionale und sektorale Plattformen zur Unterstützung nachhaltiger Führungskräfte mit Lernmöglichkeiten, Best-Practice-Beispielen, Konferenzen und kollegialem Austausch.
Der Schwerpunkt der Innovation hat sich auf die Frage verlagert, wie man das Geschäftsmodell sowie die Produkte und Dienstleistungen nachhaltig gestalten und entwickeln kann. Innovation orientiert sich an den Grenzen des Wachstums und sozialen Bedürfnissen. Um den Übergang vor Ort zu begleiten, arbeiten die Sozialpartner zusammen mit anderen Interessengruppen konstruktiv an der Gestaltung der Nachhaltigkeitsstrategie und der Transformation von Unternehmen, Sektoren und Regionen. Die Sozialpartner begleiten die Entwicklung einer nachhaltigen Politik aktiv, um sicherzustellen, dass die Welt der Arbeit eine positive Nettonachhaltigkeitsleistung in den Dimensionen Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Führung erreicht.
Mission für die Zukunft
Ein Schwerpunkt der Verbandstätigkeit der CEC ist es, in Kooperation mit ihren Mitgliedsverbänden Führungspersönlichkeiten zu befähigen. Die CEC bietet Ressourcen für das Engagement, die Befähigung und das Zusammenbringen von an Nachhaltigkeit orientierten Führungspersönlichkeiten. Sie unterstützt Führungskräfte bei der Erzielung einer positiven ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bilanz in Europa und der Welt. Als Vertreter von einer Million Managern, Führungskräften und Entscheidungsträgern, die ihren nationalen und sektoralen Mitgliedsorganisationen angehören, unterstützt die CEC die Markenentwicklung von „Sustainable Leaders“ als Plattform für einen aktiven Beitrag zur Durchsetzung nachhaltiger Führung in Europa.
Die CEC will ihren Teil dazu beitragen, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Führungskräften leicht machen, sich nachhaltig zu engagieren und ihre Teams zu befähigen, ihr Potenzial für einen positiven Nettoeffekt auf die Nachhaltigkeit in ihrer Organisation, ihres Sektors und ihrer Region auszuschöpfen. Um dies zu erreichen, schärft die Plattform das Bewusstsein, fördert die Weiterbildung von Führungskräften und Managern im Bereich der nachhaltigen Führung, trägt zur Entwicklung von Netzwerken für nachhaltige Führungskräfte bei und nimmt politisch Einfluss, um sicherzustellen, dass die Sustainable-Leadership-Grundsätze auch in der Politik berücksichtigt werden.
ULA-Strategie zu Sustainable Leadership
Seit 2018 hat die ULA das Projekt „Sustainable Leadership“ auf Ebene der CEC initiiert und als Projektpartner fortlaufend unterstützt. In ihrer eigenen Arbeitsgruppe Führung wird das Thema aktiv vorangetrieben. Die ULA plant, gemeinsam mit Kooperationspartnern auch in Deutschland Empfehlungen für Weiterbildungen in Nachhaltigkeit auszusprechen, die auf die speziellen Bedürfnisse von Führungskräften hierzulande abzielen. Ziel ist es, die Mitglieder der Verbände des ULA-Netzwerkes fit für die Anforderungen der Zukunft zu machen.
Neue Serie: Stimme für Leistung und Verantwortung
Mehr Freiheit und weniger Belastung wagen!
Die ULA ist die Stimme für Leistung und Verantwortung. In der neuen Rubrik fragen die ULA Nachrichten Meinungsmacher, was diese damit verbinden.
Von Reiner Holznagel
Der Steuerzahlergedenktag fiel in diesem Jahr auf den 12. Juli. Rein rechnerisch haben bis dahin Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die öffentlichen Kassen gearbeitet. Erst danach erwirtschaften sie Geld, über das sie tatsächlich selbst entscheiden können. Der kalendarische Schnitt kommt in diesem Jahr einen Tag früher als im vergangenen, denn die Belastung fällt mit voraussichtlich 52,7 Prozent um 0,3 Prozentpunkte niedriger aus als 2022. Bei Weitem zu hoch ist sie weiterhin – der Bund der Steuerzahler erklärt warum.
Mit großem Einsatz haben wir für die Beseitigung der kalten Progression im Einkommensteuerrecht gekämpft. Es war tatsächlich ein Kampf, aber er hat sich gelohnt. Wäre dem nicht so, wäre die Belastungsquote 2023 deutlich höher ausgefallen und hätte das Vorjahresniveau von 53 Prozent locker gerissen. Stattdessen steigen die Einkommensteuerlasten nur moderat. Mit 52,7 Prozent gibt der Steuerzahler aber auch in diesem Jahr wieder mehr an die öffentliche Hand ab, als er für sich selbst behält. Der Staat sollte diese Leistung durch verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld anderer belohnen. Doch das gelingt ihm nicht immer.
Leider bleibt das leichte rechnerische Minus der Belastungen im Vergleich zum Vorjahr die einzige positive Nachricht beim Thema der Steuer- und Abgabenlast. Ihm gegenüber stehen einige schlechte Nachrichten und düstere Entwicklungen. Die Sozialabgaben etwa sind weiterhin gewachsen. So wurden die Beitragssätze in der Arbeitslosenversicherung erhöht. Auch in der Kranken- und Pflegeversicherung steigen die Beitragssätze – was mittlerweile schon zu einer traurigen Tradition geworden ist. Traurig auch deshalb, weil die Politik keine spürbaren Anstrengungen unternimmt, Effizienzreserven zugunsten der Beitragszahler tatsächlich zu nutzen. Das trifft alle gleichermaßen – aber diejenigen, die ohnehin schon am meisten bluten, zusätzlich hart. Gemeinsam müssen wir uns deshalb für den Erhalt der Beitragsbemessungsgrenzen einsetzen.
Dass die Belastung trotz dieser dicken Bretter um 0,3 Prozentpunkte leicht gesunken ist, liegt vor allem an indirekten Steuern und Quasisteuern. Die Absenkung der CO2-Abgabesätze für Kraft- und Heizstoff sowie die Reduktion des Umsatzsteuersatzes für Erdgas auf sieben Prozent federn manches ab. Die Immobilienumsätze der Bürgerinnen und Bürger sinken – damit sind sie auch weniger durch Grunderwerbsteuern belastet. Hinzu kommt der Wegfall der EEG-Umlage als scheinbare Entlastung, denn als Stromkunde zahlt man sie nicht mehr. Gut fürs Gefühl, am Ende aber eben mehr Schein als Sein. Abgesägt ist diese Subvention der Energieversorger keineswegs, sie wird nun lediglich direkt aus dem Bundeshaushalt bezahlt, also durchaus weiter vom Steuerzahler gestemmt.
Unter dem Strich bleibt es dabei, dass Arbeitnehmerhaushalte mehr als die Hälfte ihres Erwerbseinkommens nicht zur freien Verfügung haben. Das betrifft vor allem diejenigen Steuerzahler, die dem Spitzensteuersatz verpflichtet und damit am stärksten belastet sind. Eine staatliche Umverteilung von mehr als 50 Prozent des individuellen Einkommens ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel. Dieses Ausmaß schränkt Erwerbsanreize ein und verletzt das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen. Sie nehmen das Verhältnis ihrer Abgaben und Belastungen zu ihrem Netto in der Tasche zurecht als unfair wahr. Wir haben in jüngster Vergangenheit viele Maßnahmen gesehen, die zur Inflationsbekämpfung dienen, den Arbeitsmarkt stabilisieren und scheinbar für mehr Gerechtigkeit sorgen sollen. Was aber fehlt, ist eine Reform des Einkommensteuertarifs. Zu schnell landen Facharbeiter in der Spitzenbesteuerung, Überstunden erfreuen Finanzämter und Sozialkassen – und Gehaltssteigerungen werden oft in Urlaubsansprüche umgewandelt. Ob wir so unseren Wohlstand sichern können?
Gelegentlich wird unser Steuerzahlergedenktag kritisiert, weil wir angeblich die vielen Leistungen des Staates und der sozialen Sicherungssysteme verschweigen. Das tun wir nicht! Dennoch, das Geld ist nicht weg, aber es haben andere! Zudem reden wir nicht über radikale Forderungen, sondern das Ziel, wenigstens über die Hälfte des selbst erwirtschafteten Einkommens verfügen zu können.
Natürlich basiert der 12. Juli auf einem Durchschnittswert, den der Bund der Steuerzahler mithilfe von Zahlen des Statistischen Bundesamts errechnet. Die individuellen Belastungswerte liegen gerade bei höheren Einkommen häufig darüber. Wie hoch Ihre individuelle Belastung und wann Ihr persönlicher Steuerzahlergedenktag ist, können Sie mit unserem Onlinerechner ermitteln. Mit ihm können Sie nachvollziehen, an welchen Stellen Steuern und Abgaben bezahlt werden, wie stark das Einkommen insgesamt sowie im bundesdeutschen Vergleich belastet ist und bis zu welchem Tag Sie rechnerisch für öffentliche Kassen gearbeitet haben. Finden Sie heraus, wann Ihr ganz persönlicher Steuerzahlergedenktag ist: www.steuerzahler.de/steuerzahlergedenktag/.
Energie und Industrie
Führungskräfteverbände fordern Transformationsstrompreis
Anlässlich des jüngsten ULA-Politik-Dialogs mit dem Stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP und Bundestagsabgeordneten Johannes Vogel mahnt die ULA, dass die Zeit des Krisenmanagements nicht vorbei sei. Eine schleichende Deindustrialisierung in Folge der hohen Strompreise sei eine reale Gefahr.
„Zur Standortsicherung und zum Erhalt unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist die schnelle Einführung eines Transformationsstrompreises notwendig“, sagte die ULA-Vizepräsidentin und 1. VAA-Vorsitzende Dr. Birgit Schwab. „Die Bundesregierung darf jetzt nicht einen Gang zurückschalten, nur weil die schlimmsten Befürchtungen wie eine Energiemangellage im Winter nicht eingetreten sind.“ Unternehmen der Grundstoffindustrie wie die Chemie seien als Lieferanten zentraler Komponenten für die Erneuerbaren Energien Teil der Lösung. „Wir müssen heimischen Unternehmen und deren Beschäftigten jetzt eine Brücke bauen, um diese Rolle weiterhin übernehmen zu können“, so Schwab weiter.
Der 1. Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion sprach sich anstelle eines Industriestrompreises für eine Ausweitung des Angebots, die Senkung der Stromsteuer und eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren aus. Ziel sei eine Halbierung, wie sie bei den LNG-Terminals erfolgreich gelungen sei.
Die ULA unterstützt diese Forderungen. Angesichts des hoch regulierten Energiemarktes braucht es jedoch in der aktuellen Situation ein zeitlich begrenztes aktives Eingreifen des Staates in den Markt. Ein Transformationsstrompreis wäre aufgrund seines festen Enddatums kein dauerhaft subventionierter Industriestrompreis. Der VAA wird als größter Mitgliedsverband der ULA die Bemühungen zu Stärkung des Industriestandortes weiter intensiv vorantreiben. Dazu hat der Verband unter anderem Kontakt zum Bundeskanzleramt, zum Bundesfinanzministerium und zum Bundeswirtschaftsministerium aufgenommen.
Pro und contra
GWB-Novelle – Schutz für Verbraucher oder Blankoscheck fürs Kartellamt?
Für das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) plant die Bundesregierung weitreichende Änderungen. Mit der 11. GWB-Novelle soll das Bundeskartellamt neue Eingriffs- und Kontrollrechte erhalten: Es könnte in Zukunft bereits dann in den Markt eingreifen, wenn es eine erhebliche und fortlaufende Störung des Wettbewerbs feststellt. Wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen muss nicht mehr nachgewiesen werden. Auch soll es einfacher werden, bei Verstößen gegen das Kartellrecht wirtschaftliche Vorteile abzuschöpfen. Würden dem Amt mit der Neuerung zu viele Möglichkeiten der Marktgestaltung eingeräumt? Dazu hat die ULA zwei führende Köpfe aus der Politik um ihre Einschätzung gebeten.
Dr. Sandra Detzer, Wirtschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und Landesgruppenvorsitzende Baden-Württemberg:
Mit der 11. GWB-Novelle stärken wir den fairen Wettbewerb in Deutschland. Fairer Wettbewerb nutzt allen: kleinen, mittleren und großen Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern. Nur, wenn Wettbewerb fair ist, kann die Marktwirtschaft ihre Stärke entfalten und für dynamische Märkte, angemessene Preise, mehr Innovation und bessere Qualität sorgen. Konzentriert sich Marktmacht auf wenige oder – im schlimmsten Fall eines Monopols – nur noch auf ein einzelnes Unternehmen, können Märkte nicht mehr funktionieren. Diese Konzentrationsprozesse werden durch die Digitalisierung begünstigt. Steigende Unternehmenskonzentration in hoch konzentrierten Dienstleistungsbranchen, die steigenden Preisaufschläge von Großunternehmen oder der hohe Verflechtungsgrad von Unternehmen über Beteiligungen institutioneller Anteilseigner sind Problemanzeigen auf Märkten, die derzeit noch nicht ausreichend adressiert werden können. Mit der GWB-Novelle gibt es nun ein starkes Instrument gegen diese Zentralisierungstendenzen: die Sektoruntersuchungen. Wo auf Märkten erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Störungen des Wettbewerbs auftreten – und nur dann! -, kann das Bundeskartellamt den betroffenen Unternehmen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art anordnen, die zur Beseitigung oder Verringerung der Störung des Wettbewerbs erforderlich sind. Wird das Kartellamt nun also Märkte designen? Definitiv nein. Wenn die Novelle erfolgreich ist, schafft sie es, unfaire Wettbewerbspraktiken zurückzudrängen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Hansjörg Durz, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Wirtschaftsausschuss und Stellvertretender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe:
Ludwig Erhard hat die Funktionsweise der Sozialen Marktwirtschaft gern mit einer Fußball-Metapher erklärt: Die Regeln für die Kontrahenten müssten im Vorhinein feststehen – und der Staat solle die Rolle des Schiedsrichters einnehmen. Und dann möge der Bessere gewinnen. Dieses Rezept genügte, um den Widerstand der Industrie zu brechen und die Entdeckungskräfte des Marktes freizusetzen. Es folgte ein Wirtschaftswunder, das dem Versprechen vom „Wohlstand für alle“ sehr nahekam. Obwohl die Marktkonzentration in Deutschland im Gegensatz zu den USA nachweislich nicht ansteigt, will die Bundesregierung die Rezeptur in einem entscheidenden Punkt ändern: Der Staat soll künftig nicht mehr bloß Schiedsrichter sein – sondern Spielmacher! Konnten die Unternehmen bisher sicher sein, dass sie ohne einen Rechtsverstoß auch keine Eingriffe der Wettbewerbsbehörden fürchten mussten, soll das künftig nicht mehr gelten. Das Bundeskartellamt kann künftig weitreichende Maßnahmen anordnen, sobald es eine nicht weiter definierte Störung des Wettbewerbs ausmacht. Eine Kontrollinstanz dieses gewaltigen Machtzuwachses des Staates sucht man vergebens – Blankoscheck statt checks and balances, Staatsdirigismus statt Marktvertrauen. Das heißt nicht, dass es keinen Handlungsbedarf gäbe. So stehen die Behörden bei Oligopolen dem Parallelverhalten von Unternehmen hilflos gegenüber – erst recht, wenn Preissetzung durch Algorithmen betrieben wird. Aufgabe der Bundesregierung wäre es gewesen, zielgerichtete Mittel vorzuschlagen, die Maß und Mitte kennen.
Interview mit Prof. Jürgen Weibler
Handbuch Personalführung: Auflage vier erschienen
Zu den renommiertesten Experten zum Thema Führung gehört Prof. Jürgen Weibler. Der Ökonom und Psychologe ist ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität in Hagen, wo er neben Personalführung auch Organisation sowie Personalmanagement im Rahmen der Unternehmensführung lehrt. Mit seinem Sachverstand bereichert Weibler seit vielen Jahren den wissenschaftlichen Beirat der ULA. Im Interview mit den ULA Nachrichten spricht er über die Neuauflage seines Handbuchs zur Personalführung.
ULA Nachrichten: Die neu erschienene vierte Auflage Ihres Standardwerkes „Personalführung“ endet mit dem Satz: „Eine gelingende Führung ist immer mehr ein Werden als ein Sein.“ Was wollen Sie uns damit sagen?
Weibler: Wandel ist allgegenwärtig, ein Lebensprinzip. Und er vollzieht sich in Spannungsfeldern. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch Leadership beständig beobachtet, analysiert und justiert werden sollte, einfach allein deshalb, weil sich Führungsverständnisse und die Umfelder von Führung ändern oder die Beteiligten sich entwickeln. Die eigenen Erfahrungen und Reflexionen sind dafür unentbehrlich, aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse, nachvollziehbar eingeordnet und gewürdigt, tragen zu einem erfolgreichen Miteinander bei.
Warum wird Ihr Handbuch als unverzichtbares Hilfsmittel zur Gestaltung lebendiger Führungsbeziehungen bezeichnet?
Ich empfehle grundsätzlich jeder Führungskraft, sich intensiv mit Führung zu beschäftigen und die fortlaufend gemachten eigenen Erfahrungen im Lichte des aktuellen wissenschaftlichen Standes zu bewerten und damit das Beste aus beiden Welten zu ziehen. Mit meiner Abhandlung denke ich, dazu beizutragen. Es ist ein Lehrbuch, aber eben für die Praxis auch ein Nachschlagewerk. Für alle Fälle und anlassbezogen. Sie dient der Selbstvergewisserung, liefert Anregungen für das eigene Tun und verdeutlicht oder erklärt die Situation, in der man sich als Führende und Geführte befindet. Aber es ist auch mehr: Es ist eine Versicherung gegenüber all jenen, die Sie mit Führungsprogrammen konfrontieren oder mit Ihnen über Führung reden wollen. Es ist die Referenz, die Sie zur Beurteilung der Güte derlei Ansinnen heranziehen können.
Der Umfang Ihres Werkes hat deutlich zugenommen. Welche neuen Themen in der Arbeitswelt haben dies erforderlich gemacht?
In der Neuauflage habe ich ein neues Hauptkapitel zu Führung und Führungsbeziehungen in der neuen digitalen Arbeitswelt aufgenommen, dabei Bezüge zur positiv denkenden Führung oder zur pluralen Führung veranschaulicht, aber auch die Genderperspektive und die ästhetische Perspektive auf Führung substanziell erweitert sowie eine integrale Sicht auf Führung ausgearbeitet.
Versuchen wir einmal, in die Zukunft zu schauen: Welche Megatrends werden möglicherweise in Ihrer fünften Auflage neue Kapitel erforderlich machen?
Nichts ist so unsicher wie die Zukunft. Gleichwohl empfehle ich, zwei Entwicklungen genau zu beobachten: Das ist zum einen die rasante Integration künstlicher Intelligenz in die Arbeitswelt. Allein aufgrund des Fachkräftemangels wird KI unverzichtbar sein. Der andere Trend wird sein, dass Menschenführung die wichtigste Disziplin in der Unternehmensführung werden wird. Der menschliche Faktor wird noch stärker darüber entscheiden, ob Unternehmen, aber auch Verbände et cetera im Wettbewerb die Nase vorn haben.
Aktuelle Seminare
Neue Kenntnisse sorgen für Erfolg
Für Fach- und Führungskräfte bietet das Führungskräfte Institut (FKI) zahlreiche maßgeschneiderte Weiterbildungsseminare an. Die ULA Nachrichten stellen eine kleine Auswahl vor. Informationen zur Anmeldung gibt es auf www.fki-online.de.
Souverän präsentieren und auftreten – Vertiefungsseminar
26. September 2023 – Webseminar – anderthalb Stunden
Wer das eigene Wissen wirkungsvoll präsentieren möchte, ob in Präsenz oder online, braucht das nötige rhetorische Rüstzeug und ein souveränes Auftreten. Dieses vermittelt Autor und Führungscoach Peter A. Worel. Damit schaffen es Fach- und Führungskräfte, in jeder Situation ein gutes Bild abzugeben und zu überzeugen.
Bewerbung – so punktet man im Vorstellungsgespräch
23. Oktober 2023 – Webseminar – drei Stunden
Wer zu einem Bewerbungsgespräch oder Assessment Center eingeladen wird, ist dem großen Ziel einen guten Schritt nähergekommen. Nun kommt es auf die Persönlichkeit an: Wer sich selbst und die eigene Persönlichkeit über das Fachkönnen hinaus stark präsentiert, sticht positiv hervor. Wie dies gelingt, erklärt Referent Peter A. Worel.
Selbstführung – der Schlüssel zu mehr Erfolg
25. Oktober 2023 – Webseminar – drei Stunden
Durch effektive Selbstführung können Fach- und Führungskräfte erfolgreicher und zufriedener werden. Denn wer das eigene Potenzial kennt und zur Entfaltung bringt, treibt die eigene Karriere voran. Management Coach Carsten Grund hilft dabei, sich selbst besser kennenzulernen, und erläutert Selbstführungsmodelle für die Praxis.
Vorschau der ULA-Termine
Im Laufe des Jahres 2023 führt der Deutsche Führungskräfteverband ULA Veranstaltungen zu verschiedenen Themen aus Politik, Wirtschaft und Arbeit durch, die für Führungskräfte relevant sind.
ULA-Arbeitsgruppe Diversity
Sommergespräch
Datum: 28. August 2023
Uhrzeit: 15:00 bis 17:00 Uhr
Ort: Berlin, Literaturhaus Fasanenstraße
ULA-Mixed-Leadership-Konferenz
Datum: 15. September 2023
Uhrzeit: 10:00 bis 16:00 Uhr
Ort: Bonn
ULA-Führungskräfte-Dialog
mit der International Coaching Federation
Datum: 12. Oktober 2023
Uhrzeit: 17:00 bis 18:00 Uhr
Ort: digital
ULA-Politik-Dialog
mit Maik Außendorf (MdB Bündnis 90/Die Grünen)
Datum: 24. Oktober 2023
Uhrzeit: 13:00 bis 14:00 Uhr
Ort: digital
Alle Informationen zu den Veranstaltungen sind unter www.ula.de zu finden.