Delegiertentagung in Montabaur
Zuversicht in der Zeitenwende: Roadmap für die Zukunft
In jedem Frühjahr treffen sich Delegierte aus den Werks- und Landesgruppen des VAA, um auf der Delegiertentagung über die Schwerpunkte der Verbandsarbeit zu diskutieren und wichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Austragungsort der VAA-Delegiertentagung 2023 war Montabaur. Nachdem die Tagung 2020 coronabedingt ausgefallen war und 2021 sowie 2022 nur digital durchgeführt wurde, haben sie die rund 160 VAA-Mitglieder Anfang Juni wieder in Präsenz getroffen.
Auf der Agenda haben neben Standards der Verbandsarbeit wie dem Jahresbericht des Vorstandes, dem Bericht der Schatzmeisterin und der Kassenprüfer sowie der Entgegennahme der Haushaltsrechnung 2022 und des Haushaltsplanes 2023 auch drei Anträge aus den Werks- und Landesgruppen und ein vom Vorstand gestellter Antrag zur Beitragsanpassung gestanden. Nach zum Teil intensiven Diskussionen und zwei geheimen Abstimmungen haben die Delegierten alle zur Wahl gestellten Anträge angenommen. Zwei Anträge hat die VAA-Landesgruppe Mitte/Ost gestellt – einen zur Erhöhung der Sichtbarkeit des VAA in Politik und Öffentlichkeit sowie einen zur Förderung von MINT-Fächern in der Schule, um der sozialpolitischen Verantwortung des VAA gerecht zu werden. Dafür soll die Aktivierung von VAA-Mitgliedern für ein ehrenamtliches Engagement in Schulen evaluiert werden. Im Ergebnis eines weiteren Antrags der VAA-Werksgruppe Bayer Nordrhein zum Thema „Kreative Berufe und KI“ soll eine Arbeitsgruppe zur aktiven Gestaltung der Auswirkungen von KI auf die Arbeit hoch qualifizierter und kreativer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gebildet werden.
„Seit 2022 ist Deutschland dazu gezwungen, in einer zwischen demokratischen und autoritären Ländern zunehmend polarisierten Weltordnung die neuen außenpolitischen Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und daraus Konsequenzen für die Innen-, Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik zu ziehen.“
Dr. Peter Frey, von 2010 bis 2022 Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) und Keynote-Speaker der Vorabendveranstaltung zur Delegiertentagung.
Dr. Birgit Schwab, 1. Vorsitzende des VAA:
Es gibt eine Zeitenwende in der Politik, aber auch in der Chemie. Über sie wird von allen Akteuren in der Chemie, also in Wissenschaft und Wirtschaft, intensiv nachgedacht. Sie wird vorbereitet und umgesetzt. Die Chemie muss sich in eine zirkuläre Wissenschaft und Industrie entwickeln. Wird das funktionieren? Ich glaube schon. Der Zeitpunkt ist günstig: Energiekrise und Klimakrise eröffnen unserer Chemie weite Handlungsfelder auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Viele Akteure in der Chemie- und Pharmaindustrie arbeiten an diesen Fragen. Wir stehen über diese Fragen im intensiven Austausch mit unseren Sozialpartnern von der IG BCE und dem BAVC und vielen anderen Stakeholdern des Wandels und der Transformation wie VCI, GDCh und DECHEMA. Und jedes Mal freue ich mich, dass dieser Austausch hervorragend klappt und wir in diesen schwierigen Zeiten an einem Strang ziehen.
Delegiertentagung beschließt Anpassung des Mitgliedsbeitrags
Auf der Delegiertentagung in Montabaur haben die Werks- und Landesgruppen des VAA eine Anpassung des Mitgliedsbeitrags ab 2024 beschlossen. Damit verbunden ist ein Wechsel der Beitragspolitik – weg von bisher üblichen größeren Einmalerhöhungen im Abstand von jeweils mehreren Jahren hin zu moderateren jährlichen Erhöhungen. Reduziert wird außerdem die Anzahl der Beitragsklassen durch die weitgehende Harmonisierung der alten und neuen Bundesländer. Bei den Anpassungen 2009 und 2017 wurden bereits erste Schritte in Richtung dieser Angleichung unternommen. Detaillierte Informationen zu den Beitragsstufen für 2023 und 2024 sind der Beitragsordnung des VAA zu entnehmen.
Der Abstimmung vorangegangen war ein von VAA-Schatzmeisterin Ruth Kessler vorgestellter Vorschlag des VAA-Vorstands, der von den VAA-Delegierten intensiv diskutiert wurde. „Genau das haben wir im VAA-Vorstand auch erwartet“, berichtet Kessler. „Die Delegiertentagung als unser oberstes Verbandsorgan ist der Ort, an dem solche für die Zukunft unseres Verbandes wichtigen Entscheidungen offen besprochen werden müssen. Das ist auch in konstruktiver Weise passiert.“
Seit der letzten Beitragsanpassung im Jahr 2017 ist der Mitgliedsbeitrag trotz Pandemie und Inflation stabil geblieben – bei kontinuierlichem Ausbau der Dienstleistungen des VAA, nicht zuletzt im Hinblick auf erfolgreiche Betriebsrats- und Sprecherausschusswahlkampagnen 2018 und 2022. Das Ziel der nun beschlossenen Beitragsanpassung ist die Sicherung der Finanzbasis für die umfangreichen Verbandsleistungen und aktuelle sowie künftige Kampagnen- und Modernisierungsvorhaben. Ebenso geht es um eine weitere Stärkung der betrieblichen Interessenvertretung und der Betreuung der Mitglieder und VAA-Communitys an den Standorten.
„Wir dürfen uns ruhig auch mit anderen Verbänden vergleichen, bei denen der Mitgliedsbeitrag einen deutlich höheren Anteil des Gesamtbruttolohns ausmacht“, erinnert die Schatzmeisterin. „Die Anpassung erfolgt unter der klaren Vorgabe: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich!“ Die Delegiertentagung wird wie bisher über den Finanzhaushalt und den Einfluss der jährlichen Anpassung informiert und auch die Möglichkeit haben, gegebenenfalls nachzusteuern – nach oben wie nach unten.
Befindlichkeit in Chemie und Pharma
Stimmung trübt sich ein
Hinsichtlich der weiteren konjunkturellen und industriepolitischen Entwicklung in der Chemie- und Pharmabranche herrscht Unsicherheit, was sich in einer eingetrübten Stimmung bei den Fach- und Führungskräften der Branche niederschlägt. Das zeigt die diesjährige Befindlichkeitsumfrage des VAA.
Mit 3,0 fällt die Durchschnittsnote für die Personalpolitik der Unternehmen etwas schlechter aus als im Vorjahr (2,8). Dr. Birgit Schwab, 1. Vorsitzende des VAA, verweist auf die Spannweite der Unternehmensbeurteilungen im Ranking: „Obwohl von den Unsicherheiten im Hinblick auf die Konjunktur und die Zukunft des Chemie- und Pharmastandortes Deutschland fast die gesamte Branche betroffen ist, stellen die VAA-Mitglieder in einigen Unternehmen ihrem Arbeitgeber ein gutes Zeugnis aus. Das zeigt, das man auch in schwierigen Zeiten vernünftige Personalarbeit machen kann.“
An der Spitze des Umfragerankings steht wie im Vorjahr der Mainzer Glaskonzern Schott, erneut gefolgt vom Leverkusener Polymerhersteller Covestro. Auf den dritten Platz ist der deutsche Unternehmensteil des niederländischen Chemieriesen Lyondellbasell vorgerückt.
Deutlich zurückgefallen im Ranking sind der Spezialchemiekonzern Lanxess aus Köln und der Methacrylathersteller Röhm. Neben Lyondellbasell konnten dagegen auch der Hamburger Konsumgüterkonzern Beiersdorf und die bayerische Wacker Chemie Plätze gutmachen.
Am deutlichsten kritisiert wurde über alle teilnehmenden Unternehmen hinweg erneut die Qualität der Personalentwicklung. Hier vergaben die befragten VAA-Mitglieder im Schnitt die Schulnote 4,0. Auch die Kommunikation der Karrierechancen (3,6) und die Ehrlichkeit der Zielvereinbarungssysteme (3,6) rufen wie in den Vorjahren deutliche Kritik der Fach- und Führungskräfte hervor. Gute Noten erhielten die meisten Unternehmen hingegen für die Kommunikation ihrer Strategie gegenüber den Mitarbeitern.
Die jährliche VAA-Befindlichkeitsumfrage wurde 2023 zum 22. Mal durchgeführt. Sie ist ein anerkanntes und unabhängiges Barometer für die Stimmung der außertariflichen und leitenden Angestellten in der Chemie- und Pharmaindustrie. An der Umfrage von Mitte April bis Mitte Mai 2023 beteiligten sich insgesamt 2.700 Personen.
Ranking der Befindlichkeitsumfrage 2023
Themen der Befindlichkeitsumfrage 2023
Zusatzranking zur Befindlichkeitsumfrage 2023
Konferenz für Betriebsräte
Wie geht Mitbestimmung in Zeiten der Krise?
In den meisten Unternehmen der Chemie- und Pharmaindustrie scheint sich die Krisenstimmung seit mehreren Jahren nicht zu bessern. Im Gegenteil: Nach der Pandemie sind nun die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu schultern. Daher war der Umgang mit der Mitbestimmung in der Krise auch das Leitmotiv der VAA-Konferenz für Betriebsräte vom 5. bis zum 7. Juni 2023 in Mainz. Das behandelte Themenspektrum reichte von der Betriebsratsvergütung und Betriebsänderungen über Transfersozialpläne und Öffnungsklauseln bis zu Sozialplänen.
Dr. Martin Wolf, VAA-Vorstandsmitglied, Vorsitzender der VAA-Werksgruppe B. Braun Melsungen und Betriebsratsmitglied bei B. Braun:
Das Programm war auch in diesem Jahr wieder gespickt mit interessanten Fachbeiträgen hochkarätiger Referentinnen und Referenten. Im Rahmen eines World-Cafés zu aktuellen Themen konnten die Teilnehmenden ihre Expertise teilen und so von den Erfahrungen aus anderen Betrieben lernen. Daneben bot die Konferenz neuerlich exzellente Möglichkeiten, sich mit Betriebsratskolleginnen und -kollegen aus Unternehmen der pharmazeutisch-chemischen Industrie auszutauschen und sich zu vernetzen. Eine durchweg gelungene Veranstaltung in angenehmer Atmosphäre, die sich zu besuchen lohnt.