ChemieGeschichte(n) – 300. Todestag von Antoni van Leeuwenhoek
Naturforscher mit Durchblick
Unter der Überschrift „ChemieGeschichte(n)“ wirft das VAA Magazin einen Blick auf Meilensteine der chemisch-pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis. Im Mittelpunkt stehen Personen, Dinge oder Ereignisse, die Geschichte gemacht haben und deren Einflüsse bis heute spürbar sind.
In der Oude Kerk in Delft zeugt die Grabplatte von dem Respekt, den der Niederländer Antoni van Leeuwenhoek bereits damals unter seinen Landsleuten genoss. Am 26. August 1723, vor 300 Jahren, hatte van Leeuwenhoek im biblischen Alter von 90 Jahren das Zeitliche gesegnet. Der vom Dichter Huibert C. Poot verfasste Text würdigt den Verstorbenen als ältestes Mitglied der 1660 gegründeten Royal Society in London und mahnt den Leser der Zeilen zu respektvollen Verhalten. Denn hier ruhe „die ergraute Wissenschaft“. Der gelernte Tuchhändler van Leeuwenhoek arbeitete als Beamter in seiner Heimatstadt Delft. Seine Leidenschaft jedoch galt dem Blick auf die kleinen Details, die das Leben auf der Erde ausmachen. Möglich machte dies die Kunst der Mikroskopie – und darin waren die Niederlande im 17. und 18. Jahrhundert führend. Denn dort wurden, wie Kurator und Experte Gero Seelig festhält, Linsen so präzise geschliffen, „dass mehrere von ihnen in komplexen Instrumenten zusammengesetzt werden konnten“. Die wirtschaftliche Blüte dürfte dem wissenschaftlichen Fortschritt in die Karten gespielt haben. Denn Lupen, die älteren Geschwister der Mikroskope, waren etwa unter Tuchhändlern heiß begehrt, um die Qualität der Stoffe zu prüfen. Der Gebrauch der Mikroskope veränderte die Sicht auf die Welt. „Bis dato hatte kein Mensch je die Monde des Jupiters gesehen, die Tatsache erkannt, dass Insekten einen ebenso komplexen inneren Organismus besitzen wie höhere Tiere, oder dass Blut eine Vielzahl von verschiedenen Blutkörperchen aufweist“, schreibt Seelig.
Van Leeuwenhoek konstruierte seine Apparate selbst und beschrieb als erster Spermien und Kleinstlebewesen. Er widmete sich dem Blutkreislauf, den er bei Aalen mithilfe eines „Aalkijkers“ unter die Lupe nahm, oder dem Aufbau des Auges. Seine Methoden waren zum Teil recht unkonventionell. Da konnte auch schon mal der eigene Zahnbelag zum Untersuchungsgegenstand werden: „Ferner habe ich in meinen Mund starken Weinessig genommen, die Zähne aufeinander gehalten und den Essig vielmals hindurch laufen lassen; darauf spülte ich meinen Mund wieder dreimal mit reinem Wasser aus, entnahm von der Materie zwischen Schneide- und Backzähnen, vermischte dieselbe sowohl mit Speichel als mit reinem Regenwasser.“ Bei dieser Prozedur stieß er auf „eine unbegreifliche Anzahl lebender Tierchen“ – die sich als Bakterien entpuppen sollten. In mehr als 300 Briefen berichtete der naturwissenschaftliche Autodidakt von seinen Erkenntnissen. Wie viel ihm die 1680 erfolgte Aufnahme in die Royal Society bedeutete, zeigt ein Porträt von Jan Verkolje, der das dazugehörige Diplom prominent platzierte.
Mit den Jahren wurde der Delfter mit Durchblick international zur Berühmtheit. Immer öfter stand Besuch vor der Tür. Zu den Prominenten gehörten Zar Peter der Große, die englische Königin Maria II. oder der Philosoph John Locke. Van Leeuwenhoek fühlte sich geschmeichelt, aber auch zunehmend gestört, zumal er offenbar wenig Interesse hatte, die Konstruktionsprinzipien seiner Mikroskope preiszugeben. Der Frankfurter Patrizier und Schriftsteller Zacharias Konrad von Uffenbach wusste über eine Visite im Jahr 1710 zu berichten: „Als wir gehen wollten, bate sowohl der wunderliche Mann als auch seine Tochter inständigst, daß wir doch niemand sagen sollten, daß wir bey ihme gewesen, und etwas gesehen. Dann er seye alt und des vielen Ueberlaufens, sonderlich von Leuten, die keine rechte Liebhaber seyen, ganz müde.“
So groß sein Geschick bei Bau und Anwendung seiner Mikroskope war, so gering war allerdings sein Talent bei der zeichnerischen Wiedergabe des Gesehenen. Mehrfach bat van Leeuwenhoek dafür um Entschuldigung. Sein Landsmann Johannes Swammerdam war in diesen Dingen deutlich versierter. Außerdem gab es weitere Tüftler wie den Amsterdamer Gelehrten Johannes Hudde. Nach Ansicht von Gero Seelig ist die Erinnerung an van Leeuwenhoek unter anderem deswegen so lebendig geblieben, weil sich einige seiner Mikroskope bis heute erhalten haben.
Glückwünsche
Miträtseln und gewinnen!
Herzlichen Glückwunsch an die Gewinner der Juniausgabe: Mercedes Molina Aceituno, Werksgruppe Merck, Dr. Dieter Schönfelder, Werksgruppe Chemiepark Bitterfeld Wolfen, und Niko Klan, Werksgruppe Merck. Für diese Ausgabe ist der Einsendeschluss der 15. September 2023. Nach Ablauf der Frist wird die Lösung auf der VAA-Website eingestellt. Das Lösungswort bezeichnet wieder einen Begriff aus der Chemie. Die Lösung des Sudokurätsels wird ebenfalls im Internet eingestellt. Bitte Rückmeldungen per E-Mail (redaktion@), Fax (+49 221 160016) oder Post an die VAA-Geschäftsstelle Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln) senden. Unter den richtigen Einsendungen werden drei VAA-Mitglieder gezogen, die jeweils einen Wunschgutschein im Wert von 25 Euro erhalten. vaa.de
Leserbriefe
Zur Rubrik „ChemieGeschichte(n)“, VAA Magazin allgemein
Ihre Artikel zur Geschichte der Chemie sind interessant zu lesen. Ergänzend möchte ich anregen, einen Bericht über das Deutsche Chemiemuseum Merseburg in das VAA Magazin aufzunehmen. Seit 30 Jahren werden im Technikpark Anlagen aus den Firmen des Chemiedreiecks Sachsen-Anhalt aufgestellt und vor der Verschrottung bewahrt. Leider ist viel zu wenig bekannt, welche Kostbarkeiten dort zu besichtigen sind. Ein Besuch vor Ort ist lohnenswert, zumal Merseburg eine schmucke Stadt mit Geschichte, Saaleufer, Dom und Schloss ist. Leuna und Schkopau liegen in der Nähe, ebenso Halle und Leipzig.
Das Deutsche Chemiemuseum ist der Hochschule Merseburg angeschlossen und wird betreut von den engagierten Mitgliedern des Vereins „Sachzeugen der chemischen Industrie e. V.“ (Ansprechpartner ist Prof. Dr. Thomas Martin, Eberhard-Leibnitz-Str. 2, 06217 Merseburg, Tel. 03461 462011.).
In der 47. Ausgabe sind die „Merseburger Beiträge zur Geschichte der chemischen Industrie Mitteldeutschlands“ erschienen, in den Zeitzeugen berichten.
Bezug zur Zukunft? Aufgeschnittene Rohrleitungen werden gezeigt, in denen Wasserstoff transportiert worden war: Zur Verminderung der Diffusion waren sie mit Weicheisen ausgekleidet. Man kann sie anfassen. Diesen interessanten Ort kann ich wärmstens empfehlen.
Dr. Sigrid Scholz-Weigl, Marl
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