Kommentar von Roland Angst

Weichen stellen

Kommentar von Roland Angst

Weichen stellen

Am 23. Februar 2025 werden die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, werden wir, einen neuen Bundestag wählen. Wie die künftige Regierungskoalition aussehen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Ich bin trotz allem noch zuversichtlich, dass wir als Wählerinnen und Wähler Mehrheiten für eine stabile Mitte zustande bringen. Sicher ist jedoch, dass unser Land mit dem Scheitern der Ampelkoalition an einem Wendepunkt steht. Die Herausforderungen in den Bereichen Migration, Verteidigungsfähigkeit, Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme und Sicherung des Wirtschaftsstandorts erfordern entschlossenere Maßnahmen – und entschlossenes Handeln. Deutschland muss auch auf europäischer Ebene handlungsfähig sein und international ein klares Signal setzen. Nicht zuletzt der Wahlausgang in den Vereinigten Staaten bringt neue Herausforderungen für die transatlantischen Beziehungen mit sich. 

Die Ampelkoalition trat mit dem Anspruch an, eine Fortschrittskoalition zu sein – nicht nur in ihrer Dreierkonstellation besonders divers, sondern auch in ihrer Zielsetzung. Wir sehen heute, dass es der Ampelkoalition trotz klarer Worte aus der Wirtschaft bis zu ihrem Bruch in keiner Weise gelungen ist, zu gemeinsamen Entscheidungen und Maßnahmen zu kommen, um die Talfahrt unseres Landes zu stoppen. Und warum? Weil es eklatant an Führung gefehlt hat. Nicht die Unterschiedlichkeit der Koalitionspartner hat diese Ampel ins Fiasko geführt, sondern die Unfähigkeit, intern eine Richtung durchzusetzen und nach außen ein einheitliches Bild zu vertreten. Wer dazu im Nachgang öffentlich über Teammitglieder in verletzender Weise herzieht, hat den Kern guter Führung nicht verinnerlicht.

Deutschland braucht jetzt einen Bundestag und eine von ihm gewählte Regierung, die Brücken baut, Leistung und Verantwortung wertschätzt und in Krisenzeiten verlässlich führt. Wir brauchen gleichzeitig eine enorme Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit und wirksame Strukturreformen in unserer sozialen Ordnung. Zu denken, man könne diese Herkulesaufgabe von der Politik allein bewältigen lassen, wäre eine Selbsttäuschung. Die Zukunft unseres Landes müssen wir alle zusammen erarbeiten. Wir alle werden Opfer bringen müssen. Aber wenn jeder das Gefühl hat, dass es dabei gerecht zugeht, werden wir die Wende schaffen. Führungskräfte sind besonders gefordert, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft die notwendigen Schritte mitzutragen, sie zu erklären und zu vertreten.

ULA Intern

Klausurtagung in Berlin

ULA Intern

Klausurtagung in Berlin

Am 14. und 15 November 2024 kamen die ULA-Mitgliedsverbände zu ihrer Klausurtagung in Berlin zusammen. Angesichts der bevorstehenden Neuwahl des Bundestags war es neben Berichten aus den Verbänden und der Festlegung der langfristigen Verbandstrategie der richtige Zeitpunkt, um gemeinsam über die zentralen politischen Themen und Aktivitäten für die kommenden Monate zu beraten. Zur Perspektive der FDP auf die jüngsten politischen Entwicklungen konnten sich die Anwesenden mit dem Stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion der Freien Demokraten Dr. Lukas Köhler austauschen. Dieser betonte, dass Führungskräften eine wichtige Rolle als Mittler für das Verständnis komplexer Entscheidungen zukomme. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten dabei die Gelegenheit, die Anliegen der Fach- und Führungskräfte anhand von Beispielen aus der Praxis zu benennen. Große Sorge bereitet die jährliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen (BBG). Diese steigen ab 1. Januar 2025 in der gesetzlichen Rentenversicherung von 7.550 Euro in den alten beziehungsweise 7.450 Euro in den neuen Bundesländern auf dann einheitliche 8.050 Euro im Monat. Ebenfalls angehoben wird die BBG für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, von bisher 5.175 Euro auf dann 5.512,50 Euro im Monat, sowie die Versicherungspflichtgrenze, von 69.300 Euro auf 73.800 Euro im Jahr. Die soziale Absicherung wird damit für Gutverdiener und ihre Arbeitgeber immer teurer. Die ULA plädiert dafür, dass eine Regelerhöhung der BBG zum Jahreswechsel zwingend mit regelhaften, angemessenen Steuerentlastungen einhergehen muss. Diese stehen noch aus.

ULA-Politik-Dialog zum Industriestandort

Führungskräfte sind Schlüsselfaktor

Deutschland befindet sich an einem entscheidenden Wendepunkt, insbesondere in der energieintensiven Chemieindustrie. Wie kann dieser Sektor Teil der Lösung für eine nachhaltige Wirtschaft werden und welche Verantwortung tragen Führungskräfte im Transformationsprozess? Diese Fragen standen im Fokus des hybriden Politik-Dialogs, zu dem der Deutsche Führungskräfteverband ULA, die Vertretung der Fach- und Führungskräfte in Chemie und Pharma VAA sowie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) geladen hatten.

Renommierte Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben sich im Hauptstadtbüro von Covestro getroffen, während ein digitales Publikum die Diskussion live verfolgt hat. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Dr. Ursula Weidenfeld. Mit einem eindringlichen Appell an die Verantwortung der Führungskräfte hat ULA-Präsident Roland Angst die Veranstaltung eröffnet: „Wir als Führungskräfte können und müssen als Vorbilder vorangehen. Deutschland steht am Scheideweg, und die Herausforderungen betreffen uns alle – von maroder Infrastruktur über hohe Energiepreise bis hin zur schleppenden Transformation.“ Seine Worte setzten den Ton für eine Debatte. Immer wieder betont wurde die zentrale Rolle der Führungskräfte bei der Transformation des Industriestandorts Deutschland.

Michael Carus, Gründer und Geschäftsführer der nova-Institut GmbH sowie der Renewable Carbon Initiative, schloss an und unterstrich die Bedeutung der Chemieindustrie: „Europa und gerade auch Deutschland brauchen eine nachhaltige, innovative und starke Chemieindustrie, da die Chemie das Rückgrat für die gesamte Industrie, die Kreislaufwirtschaft und den Wohlstand der Bevölkerung darstellt. Für die grüne Transformation brauchen wir klare und verlässliche politische Rahmenbedingungen.“

Die Bedeutung von Führungskräften als Treiber des Wandels stellte der 2. Vorsitzender des VAA und Vorsitzende des Konzernsprecherausschusses von Covestro Dr. Christoph Gürtler heraus: „Wie gut die Chemieindustrie den Wandel meistert, hängt entscheidend von ihren Führungskräften ab. Für eine erfolgreiche Transformation braucht es positive Anreizsysteme.“ Gürtler appellierte an Unternehmen, jungen Talenten Perspektiven zu bieten und neue Technologien wie Künstliche Intelligenz aktiv zu nutzen.

Anschließend brachten die politischen Vertreter ihre Perspektiven im Panel ein. Der Abgeordnete Carl-Julius Cronenberg, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales für die FDP, hob die zentrale Bedeutung von Vertrauen und Handlungsspielräumen hervor: „Führungskräfte nehmen in der Transformation eine Schlüsselposition ein. Doch immer mehr staatliches Mikromanagement führt zu Betriebsverlagerungen und Arbeitsplatzverlusten. Leitende Angestellte verdienen mehr Freiheitsvertrauen.“ 

Der Vorsitzende der Arbeitnehmergrupp der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Axel Knoerig knüpfte daran an und unterstrich die Notwendigkeit gezielter Weiterbildung: „Führungskräfte tragen eine große Verantwortung und bedürfen politischer Unterstützung.“ Eine bessere Vernetzung lokaler Bildungsträger könne gezielte Weiterbildungsmaßnahmen ermöglichen. „Für die Chemieindustrie sind zudem ein regionaler, technologieoffener Energiemix, ein schneller Netzausbau und eine umfassende Steuerreform unerlässlich.“ 

Prof. Ines Zenke, Präsidentin des Wirtschaftsforums der SPD, unterstrich die zentrale Bedeutung von Führungskräften in Krisenzeiten: „In Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen und politischer Unsicherheit können Führungskräfte den Unterschied machen. Jetzt ist der Moment, in nachhaltige Innovationen zu investieren und soziale Verantwortung zu übernehmen.“

Schließlich fasste der Geschäftsführer des VCI-Hauptstadtbüros Norbert Theihs zusammen: „Eine erfolgreiche Transformation erfordert politischen Willen, individuelle Initiative und eine Kultur, die Innovation fördert. Führungskräfte müssen mutig vorangehen, um Deutschland gestärkt in die Zukunft zu führen.“ Im Ergebnis des ULA-Politik-Dialogs ist erneut klargeworden: Die Transformation Deutschlands ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Führungskräfte sind als Schlüsselakteure entscheidend daran beteiligt – als Visionäre und treibende Kraft der Umsetzung.

Notizen aus Berlin

Führungskräfte beziehen Position

In der Öffentlichkeit waren die zurückliegenden Wochen vom tiefen Zerwürfnis zwischen SPD, Grünen und FDP gekennzeichnet. Auf Fachebene haben die einzelnen Bundesministerien jedoch bis zuletzt weiter an vielen bedeutenden Gesetzgebungsvorhaben gearbeitet, die teilweise bereits durch das Bundeskabinett verabschiedet worden waren. Für das Team der ULA bedeutete dies viel Arbeit, um die Interessen der Fach- und Führungskräfte zu wahren.

Gleichzeitig wurde die Gelegenheit genutzt, eigene Themen aktiv voranzutreiben. Hierzu führte die ULA zahlreiche Hintergrundgespräche mit politischen Entscheidern, betrieb Medienarbeit und brachte umfangreiche Stellungnahmen in die öffentlichen Konsultationen ein. Inwieweit sich bis zu den erwarteten Neuwahlen für einzelne Vorhaben noch eine parlamentarische Mehrheit findet, ist aktuell ungewiss.

Betriebsrenten stärken – BRSG II

Im Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) sieht die ULA einen geeigneten Beitrag, um der Zielsetzung des bisherigen Koalitionsvertrags gerecht zu werden, die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken. Ebenso begrüßen die Führungskräfteverbände das Vorhaben, dem sogenannten Sozialpartnermodell, das mit dem ersten Betriebsrentenstärkungsgesetz bereits in der vorletzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurde, endlich zum Durchbruch zu verhelfen.

Insbesondere für Fach- und Führungskräfte kommt der zweiten Säule der Alterssicherung eine hohe Bedeutung zu, um die teils große Versorgungslücke zwischen der Versorgung durch die gesetzliche Rente und dem vor Renteneintritt erzielten Einkommen aufzufüllen. Der bAV kommt ferner eine gewichtige Rolle als Instrument der Mitarbeiterbindung in Zeiten des Fachkräftemangels zu. In ihrer Stellungnahme macht die ULA Vorschläge, um die bAV in der Praxis für Beschäftigte und Arbeitgeber wieder attraktiver auszugestalten.

Zukunft finanzieren – ZuFinG II

Grundsätzlich wird das Ziel der Wachstumsinitiative, den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, von den Führungskräfteverbänden begrüßt. Die Bundesregierung beabsichtigt allerdings, die Rahmenbedingungen für Spitzenverdiener im Finanzsektor zu flexibilisieren. Hierzu soll der Kündigungsschutz für Bezieher sehr hoher Einkommen im Finanzsektor gelockert werden, indem die schon bestehenden Regelungen für Risikoträger in systemrelevanten Banken auch auf nichtsystemrelevante Banken sowie Versicherungen, Wertpapierinstitute und Kapitalanlagegesellschaften ausgeweitet werden. Die ULA warnt in ihrer Stellungnahme davor, diesem Referentenentwurf seine Zustimmung zu geben.

Denn die im Entwurf des ZuFinG II enthaltene weitere Aufweichung des Kündigungsschutzes für Leistungsträger ist ein Irrweg. Schon die Einschränkungen des Kündigungsschutzes im Zuge des Brexit-Steuerbegleitgesetzes (Brexit-StBG) von 2019 haben keine relevante Beschäftigungswirkung entfaltet. Die hieran anknüpfenden Vorstöße würden bei Erfolg einen Zwei-Klassen-Kündigungsschutz manifestieren und die Belegschaften spalten. Die Pläne wären dabei nicht nur verfassungswidrig, sondern auch sozialpolitisch inakzeptabel. Sie würden den Kündigungsschutz zum Spielball der Politik machen.

Tariftreuegesetz

In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie legt die ULA den Fokus ausschließlich auf die Erprobung von Online-Betriebsratswahlen. Sie haben eine direkte Relevanz für die Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten. Die ULA hat sich in den zurückliegenden Jahren dafür eingesetzt, den Weg für die im Koalitionsvertrag vereinbarten optionalen Onlinewahlen schon für die nächsten Wahlen im Jahr 2026 freizumachen. Die Möglichkeit, online zu wählen, ist unerlässlich, um der fortschreitenden Digitalisierung gerecht zu werden und gleichzeitig die betriebliche Mitbestimmung zeitgemäß und effizient zu gestalten.

Der Gesetzesentwurf des BMAS findet nur dann die Zustimmung der ULA, wenn die Möglichkeit von Onlinewahlen nicht nur auf Betriebsräte beschränkt, sondern auch auf Sprecherausschüsse ausgeweitet wird. Mit Blick auf die betriebliche Praxis sind die im vorliegenden Entwurf gemachten Vorgaben für die erstmalige Durchführung der Onlinewahlen aus Sicht der Fach- und Führungskräfte ferner zu restriktiv. Dies betrifft die langen Vorlaufzeiten von 26 Wochen, das zu erzielende Einvernehmen mit den Arbeitgebern sowie die Befristung der Regelung. Um die wichtige und zukunftsweisende Regelung nicht erst 2030, sondern bereits zu den Betriebsrats- und Sprecherausschusswahlen 2026 zu ermöglichen, wäre ein überparteilicher Konsens noch vor Ablauf der Legislaturperiode notwendig. Sollte das Tariftreuegesetz in seiner Gesamtheit dabei keine entsprechende Zustimmung finden, stehen die Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten bereit, das Pilotprojekt zu Onlinewahlen 2026 eigenständig durchzuführen.

Pro und contra

Höhere Steuern auf Spitzenverdienste: Wirtschaftlicher Nutzen oder Risiko?

Die geplante Erhöhung des Spitzen- und Höchststeuersatzes für Topverdiener sorgt in Politik und Wirtschaft für lebhafte Diskussionen. Sollte der Gesetzgeber tatsächlich die Steuersätze für hohe Einkommensgruppen anheben – mit dem Ziel, den Mittelstand steuerlich zu entlasten und die Wirtschaft zu stärken? Könnte eine solche Reform die Wirtschaft ankurbeln oder würde sie Investitionen eher ausbremsen? Dazu haben die ULA Nachrichten zwei führende Köpfe aus der Politik um ihre Standpunkte gebeten.

Christoph Meyer, Stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag:

Bei der Wirtschaftswende, die die FDP seit gut einem Jahr fordert und dafür konkrete Vorschläge macht, geht es um Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, Wohlstand und Zukunftsperspektiven. Um das zu erreichen, braucht es Entlastungen statt Belastungen. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes wäre das Gegenteil der Wirtschaftswende. Steuererhöhungen sind die realitätsignorierende und immer gleiche Antwort der linksgrünen Politik auf strukturelle Herausforderungen. Gemäß Steuerschätzung wird mit gesamtstaatlichen Einnahmen von 982,4 Milliarden Euro im Jahr 2025 und 1,03 Billionen Euro im Jahr 2026 gerechnet. Hier gilt es, sich die Frage zu stellen, warum das nicht ausreichen soll. Die Spitzensteuer zahlen in Deutschland rund vier Millionen Arbeitnehmer, Selbstständige und Inhaber von Betrieben wie beispielsweise Handwerker. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift 2024 ab einem zu versteuernden Einkommen von 66.761 Euro. Mit dem vollständigen Abbau der kalten Progression, was das Ziel der FDP ist, würde dieser Tarifeckwert 2025 auf 68.481 Euro angehoben werden. Von linksgrüner Seite wird hier schnell eine Neiddebatte aufgemacht. Doch ist man mit einem Jahreseinkommen von gut 70.000 Euro reich? So viel verdient ein Großteil der Angestellten zum Beispiel in der Pharmazie, IT-Branche oder im Maschinenbau. Das ist die deutsche Mitte, hier sind viele der Leistungsträger des Landes zu finden. Wir brauchen wieder mehr Steuergerechtigkeit für die arbeitende Bevölkerung und einen Mentalitätswandel. Die staatliche Übergriffigkeit bei Steuern und Abgaben ist ein Standortrisiko.

Fabio De Masi, Mitglied im Europäischen Parlament für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW):

Deutschland hat sich mit seiner Wirtschaftspolitik ins Abseits geschossen. Kaum etwas funktioniert noch im Land: Ob Züge, Schulen oder Industrie - das Land verlottert. Die Russland-Sanktionen schaden uns mehr als Putin. Sie haben Energie verteuert und das einseitige Verbrenner-Aus nimmt den Anreiz für den globalen Markt, emissionsarme Verbrenner dort zu produzieren, wo Elektromobilität die Netze überfordert. Gleichzeitig investieren wir zu wenig, um die Infrastruktur zu erhalten, neue Technologien voranzubringen und positive Zukunftserwartungen zu schaffen. Auch die Reallöhne hinken dem Preisschock teilweise hinterher. Unter den Voraussetzungen der Schuldenbremse, die auch Investitionen bremst, muss der Staat Steuern erhöhen, um mehr zu investieren oder kleine und mittlere Einkommen und somit unsere Leistungsträger zu entlasten. Am Unschädlichsten sind Steuern bei extrem hohen Vermögen und Erbschaften, die aus Wirtschaftsmacht sowie ökonomischen Renten und Kapitaleinkünften (Dividenden et cetera) resultieren. Auch höhere Spitzensteuern können eine Rolle spielen. Der Spitzensteuersatz sollte aber deutlich später greifen als heute. Steuern werden aber Deutschland wirtschaftlich nicht wieder in die Spur bringen. Dazu braucht es Investitionen und ein Ende der kopflosen Wirtschafts-, Energie- und Sanktionspolitik. 

Gastbeitrag von Prof. Jürgen Weibler

Führungskapital-Index bewertet politische Führungsstärke

Von Prof. Jürgen Weibler

Die Qualität politischer Führung entscheidet in Krisenzeiten maßgeblich über Stabilität und Fortschritt. Der Führungskapital-Index von Bennister, Worthy und t’Hart bietet eine strukturierte Methode, um Führungsstärke messbar zu machen. Mit zehn klar definierten Faktoren analysiert dieser sowohl persönliche Fähigkeiten als auch kontextuelle Einflüsse. Doch die Bewertung bleibt fragil: Politische Führung ist von einer Vielzahl unkontrollierbarer Dynamiken geprägt. Einblicke in die Methodik und ihre Erkenntnisse werden – mit einem Verweis auf die Merkel-Kanzlerschaft und die aktuelle Situation – beispielhaft skizziert.

In Zeiten massiver Krisen wird die Stärke politischer Führung besonders sichtbar. Der Führungskapital-Index bietet eine umfassende Methode, um diese zu bewerten. Er kombiniert persönliche Eigenschaften des politischen Akteurs mit externen Einflussfaktoren und ermöglicht eine Einordnung der Führungsleistung in einem komplexen politischen Umfeld. Das Modell basiert auf zehn Kriterien, die jeweils fünfstufig bewertet werden. Ziel ist eine transparente und vergleichbare Analyse politischer Führungsfähigkeit (im Zeitverlauf).

1. Politische Vision
2. Kommunikative Performance
3. Auf die Person bezogene Umfrageergebnisse im Vergleich zum Oppositionsführer
4. Dauer der Amtszeit
5. (Wieder-)Wahl-Ergebnis-Abstand zu anderen Parteien
6. Umfrageergebnisse im Vergleich zur letzten tatsächlichen Wahl
7. Vertrauenslevel nach öffentlicher Meinung
8. Wahrscheinliche Festigkeit (unter anderem Unterstützung im Amt) innerhalb der nächsten sechs Monate
9. Wahrgenommene Fähigkeit, die Parteiagenda zu bestimmen
10. Wahrgenommene parlamentarische Effektivität

Die Analyse von Angela Merkels Kanzlerschaft (hier: 2005 bis 2015) verdeutlicht die Aussagekraft des Indexes, der maximal 50 Punkte erreicht. Ihre Führungsstärke entwickelte sich von 28 Punkten 2005 zu einem Höchstwert von 39 Punkten 2012, bevor sie leicht auf 38 Punkte 2015 sank. Im internationalen Vergleich erreicht sie damit einen respektablen Wert (damit beispielsweise höher als Thatcher und annäherungsweise wie Blair in seiner stärksten Phase).

Politische Führungsstärke ist nicht stabil. Externe Faktoren wie Medienberichterstattung oder Krisensituationen beeinflussen die Wahrnehmung stark. Zudem unterliegt die Bewertung dem fundamentalen Attributionsfehler: Persönliche Verantwortung wird überschätzt, situative Einflüsse oft ignoriert. Politisch Führende können durch strategische Kommunikation gezielt Einfluss nehmen, sollten jedoch auch den Kontext als Teil ihrer Erfolgsbilanz sehen und darstellen.

Der Führungskapital-Index bietet ein wichtiges Werkzeug, ersetzt aber keine differenzierte Diskussion. Die abschließende Punktzahl zeigt Trends, darf aber nicht als absolute Wahrheit missverstanden werden. Politische Führung bleibt eine dynamische, oft fragile Größe, die viele Einflussfaktoren berücksichtigt und ihnen unterworfen ist.

Politische Führungsstärke ist messbar – wobei sich die Messergebnisse im Zeitablauf verändern können. Der Führungskapital-Index ist ein wertvolles Instrument, um diese komplexe Größe greifbarer zu machen. Er integriert objektive Zahlen, Fakten und subjektive Wahrnehmungen beziehungsweise Interpretationen. Entscheidend bleibt bei alledem jedoch, dass solche Führungsanalysen nicht nur unterm Strich eine Zahl mit einzuordnender Bedeutung liefern, sondern auch Reflexion fördern: Was macht politische Führung effektiv? Wie können wir diese stärken?

Wer nun diese zehn Kriterien bemüht, um die aktuelle Führungsstärke beispielsweise des Bundeskanzlers Olaf Scholz in einem ersten Zugriff grobkörnig zu bewerten, wird gegenwärtig keine für ihn erfreuliche Ausprägung dieses Indexes erwarten dürfen. 

Aber wir wissen: Morgen kann sich aufgrund eines Einzelereignisses möglicherweise alles wenden. Plötzlich wird dann ein Bewertungskriterium absolut dominant und kann zu eigenen Gunsten genutzt werden. Der Führungsstärke-Index steht, nimmt man ihn prädiktiv, in seiner konkreten Ausprägung für die empirisch erhärtete Chance, aus dieser Perspektive in eine Spitzenposition gewählt zu werden.

Dies ist eine gekürzte Fassung. Der vollständige Beitrag ist erschienen bei Leadership Insiders.

Weiterbildung

Aktuelle Seminare des FKI

Für Fach- und Führungskräfte bietet das Führungskräfte Institut (FKI) zahlreiche maßgeschneiderte Weiterbildungsseminare an – zu exklusiven Sonderkonditionen für VAA-Mitglieder und Mitglieder von Mitgliedsverbänden der ULA. Hier wird eine kleine Auswahl vorgestellt. Informationen zu weiteren Präsenz- und Onlineseminaren sowie zur Anmeldung gibt es auf www.fki-online.de.

ChatGPT, Copilot, Firefly & Co. – KI effektiv einsetzen
19. März 2025 – Webseminar – zweieinhalb Stunden

Im Bereich der Künstlichen Intelligenz ist die Entwicklung atemberaubend. In Zukunft wird das Arbeitsleben immer stärker von KI-Unterstützung geprägt sein. Welche KI-Tools gibt es und wie setzt man sie ein? In diesem Seminar gibt IT-Experte und Diplomphysiker Guido Stiebitz einen Überblick und stellt die wichtigsten Werkzeuge vor.

Abfindungen durch Optimierung effizient gestalten
25. März 2025 – Webseminar – zwei Stunden

Verlassen Beschäftigte und Führungskräfte ihr Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung, können sie durch die richtige Gestaltung hohe Steuerersparnisse erzielen. In diesem Seminar erläutern Rechtsanwalt Gerhard Kronisch, Finanzexpertin Marion Lamberty und Steuerberater Lutz Runte die wichtigsten Grundlagen.

Souverän präsentieren und auftreten
2. April 2025 – Webseminar – zweieinhalb Stunden

Umfangreiches Fach- und Führungswissen zu haben, ist gut. Es so zu präsentieren, dass sich Zuhörer und Gesprächspartner angesprochen und überzeugt fühlen, ist besser. Referent Peter A. Worel zeigt in diesem Seminar, wie Menschen deutlich wirkungsvoller als der Durchschnitt kommunizieren und sich besser präsentieren können.

Vorschau der ULA-Termine

Vorschau der ULA-Termine

Der Deutsche Führungskräfteverband ULA führt regelmäßig Veranstaltungen zu verschiedenen Themen aus Politik, Wirtschaft und Arbeit durch, die für Führungskräfte und alle Mitglieder der ULA-Verbände relevant sind.

Save-the-date: Deutscher Führungskräftetag 2025
Datum: 5. Juni 2025
Uhrzeit: 09:00 bis 22:00 Uhr
Ort: Berlin

Alle Informationen zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung sind unter www.ula.de zu finden.

Erweitertes Informationsangebot
Alle vier bis sechs Wochen informiert die ULA aktuell und umfassend über die politischen Arbeitsschwerpunkte in Berlin und Brüssel, die neuesten Trends im Bereich Führung sowie bevorstehende Veranstaltungen. Hierzu können die ULA Nachrichten – in Ergänzung zur gedruckten Fassung – auch kostenfrei als Newsletter bezogen werden. Die Registrierung erfolgt einfach und bequem online unter www.ula.de/news/ula-nachrichten.