Jahreskonferenz in Düsseldorf

VAA gibt Bühne frei für neuen Markenauftritt

Anfang November 2024 hat der VAA mit dem Ausrollen seines neuen Außenauftritts begonnen. Ein neues Logo, eine neue Imagebroschüre und ein neuer Imageflyer wurden auf der Jahreskonferenz veröffentlicht. „Attraktives Markenbild“, „frisch“ und „modern“ – so lauteten die Bewertungen aus den VAA-Communitys in zahlreichen Chemie- und Pharmaunternehmen. Außerdem hat am ersten Konferenztag der renommierte Neurologe Prof. Volker Busch, der neben seinem Beruf als Psychiater und Psychotherapeut auch als Vortragsredner und Podcaster tätig ist, zum Thema „Mensch versus Maschine – warum starke Köpfe KI nicht fürchten müssen“ für inhaltlich anspruchsvolles, aber kurzweilig dargebotenes „Edutainment“ gesorgt.

Exzellenzpreis der VAA Stiftung

VAA Stiftung kürt neue Preisträger

Mit seiner VAA Stiftung fördert der VAA wissenschaftliche Forschung in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen, um die akademische Wissenschaft mit der industriellen Forschung noch besser zu vernetzen. Auf der VAA-Jahreskonferenz Anfang November 2024 in Düsseldorf wurden Dr. Joscha Hoche, Dr. Stefan Oswald und Dr. Marius Schöttle als neue Preisträger ausgezeichnet.

Jedes Jahr zeichnet die VAA Stiftung junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für hervorragende Forschungsarbeiten in den Bereichen Chemie, Pharmazie und Verfahrenstechnik aus. „Wir fördern junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Brücken bauen zwischen der akademischen Forschung und der Industrie“, so der Vorsitzende des Kuratoriums der VAA Stiftung Dr. Thomas Fischer bei der Preisverleihung am 8. November 2024. Dabei setze man ganz bewusst auf Projekte mit einem praktischen Bezug. „Denn wenn Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten, lassen sich die Herausforderungen der Zukunft besser meistern.“ Der Exzellenzpreis der VAA Stiftung sei ein Beitrag, den Blick in die Zukunft zu fördern, betont der VAA-Ehrenvorsitzende. „Unsere diesjährigen Preisträger zeigen uns, was möglich ist. Sie tragen mit ihren Arbeiten dazu bei, die Wirtschaft und die Gesellschaft zum Positiven zu verändern.“

Den jeweils mit 5.000 Euro dotierten Exzellenzpreis haben drei Preisträger erhalten: Dr. Joscha Hoche für seine Promotion bei Prof. Roland Mitric an der Julius-Maximilans-Universität Würzburg zum Thema „The life of an exciton: From ultrafast nonradiative relaxation to high quantum yield fluorescence“, Dr. Stefan Oswald für seine Promotion bei Prof. Hubert A. Gasteiger an der Technischen Universität München zum Thema „Elucidating the Degradation Mechanisms of Nickel-Rich Layered Oxide Cathodes for Lithium-Ion Batteries“ sowie Dr. Marius Schöttle für seine Promotion bei Prof. Markus Retsch an der Universität Bayreuth zum Thema „Functional Photonic Gradients in Colloidal Assemblies“.

Die Jury besteht aus den Mitgliedern des Stiftungskuratoriums: Prof. Sabine Beuermann, Professorin für Technische Chemie an der TU Clausthal, Prof. Stefan Buchholz, Honorarprofessor an der Universität Stuttgart, Prof. Ralf Dohrn, Honorarprofessor an der TU Hamburg, Dr. Thomas Fischer, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums und Ehrenvorsitzender des VAA, Prof. Andreas Jupke, Leiter des Lehrstuhls für Fluidverfahrenstechnik an der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen, Prof. Wolfram Koch, ehemaliger Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker, sowie Prof. Thomas Martin, leitender Angestellter bei der Dottikon ES AG und Honorarprofessor an der Universität Konstanz.

Interview mit Regina Tischtau

„Ich suche keine Matches – ich mache sie“

Im VAA mit seinen rund 30.000 Mitgliedern gibt es sehr viele Menschen mit einem interessanten Hintergrund und ungewöhnlichen Karrierewegen. Dazu gehört auch Regina Tischtau, die viele Jahre in der Pharmaindustrie tätig war. Dabei hat das langjährige VAA-Mitglied viele Länder bereist, die Menschen hierzulande sonst nur aus den Nachrichten kennen und die nicht zu den klassischen Expat-Stationen zählen. Heute bereitet die approbierte Apothekerin und studierte Pharmazeutin hochqualifizierte Einwanderer aus unterschiedlichsten Regionen der Welt auf die Approbationsprüfung in Deutschland vor und hilft ihnen beim Karrierestart.

VAA Magazin: Wir unterhalten uns hier in der VAA-Geschäftsstelle in Köln. Sie sind heute aus München angereist. Dabei stammen Sie selbst aus dem Rheinland und haben im Laufe Ihrer Karriere ordentlich die Welt bereist. Wie hat es Sie nach Bayern verschlagen?

Tischtau: Ich bin 2010 beruflich bedingt von Nordrhein-Westfalen nach München gezogen. Damals habe ich bei einem mittelständischen Familienunternehmen aus der Pharmaindustrie angefangen, das Generika produziert. Das war für mich eine Premiere, da ich zuvor ausschließlich für forschende Unternehmen gearbeitet hatte. Das Besondere an diesem Unternehmen war, dass sie sehr exportorientiert waren. Das hatte mich sehr interessiert.

Dazu gibt es eine Vorgeschichte: In einer meiner vorherigen Stellen bei einem renommierten dänischen forschenden Pharmaunternehmen, spezialisiert auf ZNS, war ich im Vertrieb als Regionalleiterin tätig und hatte auch Pilotprojekte übernommen. Ich hatte dort eine Mitarbeiterin aus Äthiopien, mit der wir super zusammengearbeitet haben. Sie hat mich dann über Jahre zu überreden versucht, dorthin in den Urlaub zu fahren. Und irgendwann hat sie es geschafft und ich habe eine Urlaubsreise nach Äthiopien gemacht. Ich habe eben auch gesehen, dass vieles ganz anders ist, als es in den Medien dargestellt wird. Natürlich gibt es Probleme, aber das Land hat sich mir ganz anders präsentiert. Und in diesem mittelständischen Unternehmen habe ich dann als International Sales Manager angefangen. Das wichtigste Land war eben Äthiopien. Da wusste ich schon bei der Bewerbung: Das ist mein Job!

Wie lange haben sie diesen Job gemacht?

Fast vier Jahre. Das war sehr intensiv. Ich habe mit fünf Ländern angefangen. Außer Äthiopien noch vier andere Länder in Ostafrika: Kenia, Uganda, Tansania und Ruanda. Das hatte gut funktioniert und ich habe dann weitere Länder übernommen. Zum Schluss waren es zwölf. Ich habe praktisch das Exportbusiness aus Vertriebssicht verantwortet. Das fängt bei der Zulassung an und geht über die Distribution, die Logistik und die Zollproblematik bis hin zu Marketing und Sales. Jedes dieser Länder war in einem anderen Business-Stadium und hatte eigene Problematiken.

Das ist ein dynamisches Geschehen, das es sehr interessant gemacht hat. Viele Europäer machen den Fehler und haben in Afrika einen strikten Plan mit To-do-Listen. Das habe ich nie gemacht. Denn bis zur nächsten Geschäftsreise existiert die Hälfte der Punkte oft gar nicht mehr, was aber niemand einem sagt. Es gibt überall kulturelle Unterschiede und Eigenheiten, die man kennen sollte. Man sollte sich Zeit lassen und eine gute Kommunikationsebene finden, um auf den Punkt zu kommen. Leadership heißt vor allem Zuhören. Ich muss die Menschen so einbinden, dass ich meinen inneren Fragekatalog – das müssen die richtigen Fragen sein, auch offene Fragen – durch das Know-how des Ansprechpartners, der den Markt am besten kennt, beantworte. Es ist eine Sache der Motivation und der guten Atmosphäre, um die relevanten Informationen zu bekommen. Und dann komme ich natürlich viel schneller weiter. So hat es mir wirklich Spaß gemacht und ich hatte ganz tolle Ergebnisse.

Es war sehr intensiv, weil ich praktisch sechs Wochen in München und dann drei Wochen in Afrika war. Dann wieder sechs Wochen München und wieder drei Wochen in Afrika. Das war natürlich immer mit der Malaria-Prophylaxe verbunden. Da war ich aber auch schon Mitte 40. Das Tropeninstitut hat mir dann doch eingehend zu einer Pause geraten. Da habe ich mich nach einer sehr guten und spannenden Zeit verabschiedet. Anschließend bin ich in München geblieben und bin nicht mehr so viel gereist.

Wo haben Sie dann gearbeitet?

Ich habe zunächst hauptberuflich in der Apotheke gearbeitet. Da war ich eigentlich etwas überqualifiziert, aber das war spannend. Ich hatte tolle Gespräche mit Kunden und kannte ja die ganzen Hintergründe der Produktion. Parallel habe ich angefangen mit meiner selbstständigen Tätigkeit.

Wie sind sie auf diese Idee gekommen?

2017 ist die Zuständigkeit für die Fachsprachenprüfungen auf die Apothekerkammern übertragen worden. Das sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die bestimmte hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Da habe ich angeboten, mit Kandidaten für die Prüfung zu üben. Mittlerweile hatte ich rund 600 Schüler und bin bei der Apothekerkammer in weiterführenden Kursen aktiv, die ich auch konzipiert habe.

Mein Plus ist, dass ich die Pharmazie auch in unreifen Märkten kennenlernen durfte. Und ich weiß, glaube ich, ganz genau, was der Unterschied zu westlichen Märkten ist und was manche Anwärter hier noch lernen müssen.

Wer gehört denn zu Ihren Schülern? Sind das vornehmlich Expats oder Einwanderer?

Das ist gemischt. Meine Schülerinnen und Schüler kommen unter anderem aus Malaysia, Indien, aus dem Iran, aus Marokko, Algerien, Tunesien, aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, aus Frankreich, Italien und Spanien sowie aus Mittelamerika. In der letzten Zeit habe ich auch zunehmend Kandidaten aus der Ukraine. Vom Herkunftsland kann man das grob in zwei Gruppen unterscheiden: EU- und Nicht-EU-Drittstaaten. Das zieht sich eigentlich durch alles durch, was danach kommt. Es ist ein unterschiedlicher juristischer Stand und Hintergrund. Bei EU-Apothekerinnen und -Apothekern wird automatisch die Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung anerkannt, was an manchen Stellen durchaus kritisch hinterfragt werden könnte. Diese Kandidaten müssen ihre deutschen Sprachkenntnisse auf C1-Niveau nachweisen.

Können Sie kurz die Level erklären?

Es fängt mit A1 an und geht von A2, B1, B2 über C1 und C2 bis zum Muttersprachlerniveau. Für die Approbation als Apothekerin oder Apotheker braucht man ein C1-Niveau. Für eine psychotherapeutische Tätigkeit würde man zum Beispiel C2 brauchen. Da muss man noch mehr in die Feinheiten gehen. Aber generell ist das C1-Niveau schon sehr hoch.

Also die EU-Apotheker müssen nur diese Fachsprachenprüfung auf C1 ablegen. Diese Zuständigkeit ist auf die Kammer übertragen worden. Bei der Überprüfung geht es um pharmazeutische oder Gesundheitsthemen. Wenn die Kandidaten das gut machen und die Prüfung bestehen, bekommen sie die deutsche Approbation.

Die sogenannten Drittstaatler von außerhalb der EU müssen das auch machen. Die bekommen danach aber nicht gleich die Approbation, sondern eine befristete Berufserlaubnis. Sie dürfen dann „unter Aufsicht“ arbeiten.

Welche Möglichkeiten gibt es dann?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Sie können den sogenannten Papierweg beschreiten, also sämtliche Curricula von der Uni kopieren, beglaubigen und übersetzen lassen. Unter Umständen oder sogar wahrscheinlich kommt am Ende heraus, das ihr Abschluss nicht gleichwertig ist und die Mühe umsonst war.

Es ist zu empfehlen, von Vornherein den zweiten Weg zu beschreiten, nämlich über eine Prüfung. Und das ist eine recht schwere Kenntnisprüfung, die an unser drittes Staatsexamen für die Approbation angelehnt ist. Das sind auch die gleichen Fächer: unter anderem „Pharmazeutisches Recht“ und „Pharmazeutische Praxis“. Diese Prüfung findet vor der zuständigen Behörde statt, nicht vor der Kammer.

Und dafür haben Sie den Vorbereitungskurs für die Kammer konzipiert.

Genau. Ich mache das als freie Dozentin jetzt schon im vierten Jahr. Das habe ich erst in Präsenz gemacht. Dann kam Corona und ich habe den Kurs aufs Onlineformat umgestellt. Dadurch habe ich natürlich einen viel größeren Einzugsbereich.

Was sind die nächsten Schritte nach der bestandenen Prüfung?

Mit der Approbation wollen sich die Kandidatinnen und Kandidaten beruflich weiterentwickeln, Fuß fassen und sich beruflich verbessern. Gut integriert sind die meisten vorher schon. Und viele bringen einiges mit, worauf sie zurückgreifen können, einige haben in ihrer Heimat bereits in der Pharmaindustrie gearbeitet oder im Krankenhaus. Die deutsche Approbation eröffnet ihnen jetzt zusätzliche Möglichkeiten. Besonders die exzellenten Kandidaten sind oft auch sehr ehrgeizig und wollen sich einbringen. Mit flankierender Unterstützung haben sie großartige Chancen.

Meine Aufgabe ist es, nicht wie die klassischen Headhunter zu denken, sondern auch kulturelle Prägungen zu berücksichtigen. Ich habe einen Pool von Kandidaten und arbeite so, dass ich mir eine offene Stelle genau anschaue. Ich war ja selbst 17 Jahre in der Industrie. Dann bereite ich die Person vor dem Jobeintritt auf die Stelle vor – drei bis sechs Monate, je nach Kandidatin oder Kandidat. Dann werden zwei bis drei Kandidaten dem Unternehmen vorgestellt, die aus meiner Sicht geeignet sind. Wenn es von beiden Seiten passt, kommt es zu einem Arbeitsvertrag.

Das Besondere an meiner Arbeit ist, dass ich die Leute noch weiter im Job begleite. Und die halten auch mit mir Kontakt. Teilweise wird ein Aufbaustudium angeschlossen, zum Beispiel „Drug Regulatory Affairs“ oder „Klinische Pharmazie“, wobei ich hier auch im Hintergrund unterstütze. Kurz gesagt: Ich suche keine Matches – ich mache sie.

Wie läuft dieser „Matching-Prozess“ denn im Detail ab?

Ich werde von den Kandidatinnen und Kandidaten selbst angesprochen. In diesem Jahr sind es nochmals mehr geworden. Über die Kurse hinaus nehmen die Kandidaten bei mir Privatunterricht und lassen sich coachen, um sich weiterzuentwickeln. Wir schauen, in welche Richtung sie gehen wollen und welche Aufbaustudiengänge geeignet wären – oder ob es überhaupt Sinn ergibt, so ein Studium zu machen. Wir erörtern, wo sie räumlich arbeiten wollen und in welcher Art von Unternehmen. Es ist natürlich kein Wunschkonzert, aber man sollte zunächst immer vom Ideal ausgehen und dann schauen, dass man möglichst nah dorthin kommt. Danach startet die Vermittlungsphase mit den Unternehmen.

Wichtig zu wissen: Eine Firma erhält nicht Kandidaten, die den gleichen Job bei der Konkurrenz gemacht haben, sondern jemanden, der zwar noch nicht in dem Job war, sich aber intensiv damit auseinandergesetzt und darauf vorbereitet hat. Jemanden, der von mir während der Probezeit auch noch begleitet wird. Das ist auch ein Unterschied zu klassischen Personalvermittlern. Die Unternehmen können sich an mich wenden und der Prozess läuft natürlich konstruktiv und vertrauensvoll.

Haben Sie damit Ihre Berufung gefunden?

Mir gefällt es sehr, Menschen weiterzuentwickeln und Sachprobleme zu lösen. Und das passiert, wenn die richtige Person auf die richtige Stelle kommt und ich sie auch noch auf dem beruflichen Weg unterstützen kann. Das macht mir sehr viel Spaß. Ich erhalte tolles Feedback von den Kandidaten und auch von den Vorgesetzten.

Sie bereiten also Menschen aus dem Ausland auf die Approbation vor und helfen beim Karrierestart. Wie lief das denn bei Ihnen persönlich? Sie haben sicherlich auch Pharmazie studiert.

Ja, ich habe 1985 mein Abitur in Essen gemacht. Pharmazie war ein Numerus-clausus-Fach und ich wurde von der Zentralen Vergabestelle nach West-Berlin zum Studium an die Freie Universität geschickt. Dort habe ich bis 1989 studiert und quasi während des Mauerfalls mein Zweites Staatsexamen abgelegt. Dann bin ich für mein Praktisches Jahr in eine Apotheke in Stuttgart gegangen. Fürs Dritte Staatsexamen musste ich dann wieder zurück nach Berlin. Nach dem Dritten Staatsexamen bin ich dann zurück nach NRW in eine Apotheke gegangen.

Irgendwann hatte ich Interesse auf etwas Neues und habe noch eine PR-Ausbildung gemacht. Das Naturwissenschaftliche und das Sprachliche hat mich bereits in der Schule sehr interessiert, besonders die Chemie. In dem einjährigen PR-Ausbildungsprogramm war ich die einzige Pharmazeutin. Es waren sonst Kunsthistoriker und Germanisten dabei, mit denen ich dann Marketing und PR gelernt habe. Damit verbunden war ein dreimonatiges Praktikum, wofür ich mich bei den Pharmafirmen im Umkreis beworben habe. Das war damals nicht einfach. Wir Babyboomer hatten immer viel Konkurrenz. Aber ich habe es geschafft und habe dann mit dem PR-Praktikum bei Janssen-Cilag angefangen, der Pharma-Sparte von Johnson & Johnson.

Damals hatte sich die Firma ziemlich auf Ärzte fokussiert, aber noch nicht so sehr auf Apotheker. Ich habe an einem Projekt mitgearbeitet, wie das Image bei der Apothekerzielgruppe verbessert werden kann. Und Pharmazie und PR waren eben genau meine Punkte. Das hat denen so gut gefallen, dass sie für einen Tag den damals herrschenden Einstellungsstopp aufgehoben haben.

Ich wurde fest eingestellt und habe, wie so oft in meinem Berufsleben, Jobs gemacht, die es vorher so noch nicht gab. Es wurde eine neue Abteilung gegründet mit der Zielgruppe „Klinikapotheker“. Da ich mich genau dort noch nicht so gut auskannte, habe ich mir Urlaub genommen und eine Woche selbst in der Krankenhausapotheke gearbeitet. So habe ich schnell gelernt, worauf es ankommt. Dann war ich Anfang 30 und Key-Account-Managerin, bin zu Universitätskliniken in meinem zugeordneten Gebiet gefahren und habe sogar mit großen Einkaufsverbünden Vertragsverhandlungen geführt.

Wie lange haben Sie bei Janssen gearbeitet?

Ohne Praktikum drei Jahre, von Juli 1997 bis Juni 2000. Danach habe ich unter anderem in der Tierarzneimittelindustrie bei MSD Animal Health und zuvor noch acht Jahre beim dänischen Pharmaunternehmen Lundbeck gearbeitet. Da habe ich sehr viele unterschiedliche Pilotprojekte betreut und viele verschiedene Sachen gemacht. In einem der Pilotprojekte hatte ich die besagte Mitarbeiterin aus Äthiopien.

So führte eines zum anderen. Und die Verbindung zur Apothekerkammer hatten Sie ja sowieso schon.

Ja, ich war ja damals auch schon selbst immer Kammermitglied.

Apropos Mitglied: Wann sind Sie eigentlich beim VAA Mitglied geworden?

Das war noch bei Janssen, im Jahr 1998. Ich habe natürlich auch schon eine Silberne Nadel zum 25. Mitgliedsjahr erhalten. Mein Ex-Mann ist Chemiker und auch VAA-Mitglied. Über ihn habe ich vom VAA gehört und bin selbst beigetreten. Ich habe hier schon Seminare mitgemacht, Rechtsberatungen in Anspruch genommen und auch Arbeitsverträge und Zeugnisse prüfen lassen. Meine Mitgliedschaft habe ich auch nie bereut.

Wenn man zurückschaut auf Ihren Werdegang, dann haben Sie als Naturwissenschaftlerin durchaus eine Brücke in die Welt der Geisteswissenschaften und der Kommunikation gebaut.

Man sollte versuchen, das Defizit auszugleichen, das manche Naturwissenschaftler haben, wenn es darum geht, sich auszudrücken und zu kommunizieren. Sprache, Kommunikation und eine geisteswissenschaftliche Vorgehensweise helfen dabei, Quellen zu überprüfen und zu bewerten. Genau dafür habe ich auch während meiner Zeit bei Lundbeck ein weiteres geisteswissenschaftliches Aufbaustudium absolviert. Denn auch in der Pharmazie ist es so, eigentlich in jeder Naturwissenschaft, dass bestimmte Ergebnisse oder Phänomene durchaus unterschiedlich bewertet werden von Experten. Das gehört zum wissenschaftlichen Diskurs, was ich spannend finde.

Die Frage ist eigentlich, das sage ich meinen Schülern auch: Was bedeutet das, wenn ich die Approbation habe? Das bedeutet, dass ich in der Verantwortung bin und in einer komplexen Situation als Expertin oder Experte eine Entscheidung treffen muss. Und dann muss ich schauen, wo ich etwas nachlesen und wie ich die Quelle bewerten kann. Was gibt es noch für Quellen? Was ist mein Fachwissen dazu? Dann muss ich daraus eine Gesamtschau bilden und eine Entscheidung treffen und dafür geradestehen.

Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an, wenn Sie Ihre Kandidaten für Jobs vorbereiten? Was sind die Unterschiede zwischen Industrie und klassischer Apotheke?

Die Pharmazie ist interdisziplinär und eine Brücke zwischen dem Patienten und dem Arzneimittel. Wenn gesagt wird, dass etwas klinisch keine Relevanz habe, dann heißt das: Es passiert zwar etwas, aber der Mensch merkt nichts. Und zwar zwischen dem Körper des Menschen auf der einen Seite und dem Pharmakon auf der anderen Seite, also dem Produkt.

Und es gibt auch Unterschiede im akademischen Ansatz, woran sich das Pharmaziestudium orientiert. Wir haben kontinentaleuropäisch eine starke Tradition mit dem Fokus auf den Wirkstoff, auf das Pharmakon, also auf die pharmazeutische Chemie und Technologie. So sind wir ausgebildet: Wir können die Wirkstoffe synthetisieren, qualitativ und quantitativ nachweisen. Wir können geeignete Hilfsstoffe auswählen, die Pharmakodynamik und die Pharmakokinetik beurteilen. Das ist unsere Kernkompetenz.

Im angelsächsischen Bereich haben wir dagegen einen starken Fokus auf dem Patienten, also auf dem klinischen Bereich. Da ist natürlich auch die Ausbildung anders: An den Fakultäten wird viel mehr Wert gelegt auf die Arbeit mit Patienten und Ärzten. Die Welle schwappt gerade etwas zu uns rüber. Und viele junge Kolleginnen und Kollegen wollen das auch mehr. Ich bin da eher old-fashioned, also ein Fan der pharmazeutischen Chemie und Technologie.

Warum?

Wenn wir zu sehr auf die Klinik gehen, dann studiere ich besser Medizin. Deswegen bin ich persönlich mehr auf dieser klassisch pharmazeutischen Schiene. Was heißt das für meine Schüler und Kandidaten? Es kommt darauf an, woher jemand kommt. Viele gute Kollegen kommen beispielsweise aus Ägypten, die an der Universität von Kairo studiert haben. Da ist der britische Einfluss klar und die sehen sich eher auf der klinischen Seite. Oft haben die Leute in Krankenhäusern gearbeitet und sind sehr gut geeignet, mit Patienten und Ärzten zu kommunizieren.

Wenn wir jetzt aber jemanden aus dem früheren Ostblock haben oder aus dem westlichen Kontinentaleuropa, haben wir eher diese Tradition der Chemie und Technologie. In Frankreich haben wir eine Spezialisierung: Man absolviert das Grundstudium und danach entscheidet man sich, ob man in die öffentliche Apotheke oder in die Industrie möchte. Für die Industrie ist die Richtung klar die Chemie und die Technologie.

Und zu guter Letzt: Reisen Sie heute selbst gar nicht mehr?

Oh doch, nur nicht mehr so weit. Meine letzte Reise hat mich nach Sarajevo an die Pharmazeutische Fakultät geführt. Dort durfte ich bei einem Symposium zur Zukunft des Pharmaziestudiums referieren, wie die Universität die Studenten auf eine interessante Karriere am besten vorbereiten sollte.

Herbsttagung der Aufsichtsräte in Potsdam

Risiken durch Klimawandel, Chancen durch ESG

Bereits ab 2024 ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für viele Unternehmen Realität. Was folgt daraus für die Aufsichtsratsarbeit? Antworten hat Heike Adam, Expertin für Finanzen, ESG und Inflation, auf der Herbsttagung der Aufsichtsräte des VAA Ende September 2024 in Potsdam gegeben. Warum der Umstieg auf ein nachhaltiges Wirtschaften nötig ist, hat Prof. Anders Levermann in seinem Vortrag zu den globalen Risiken durch den Klimawandel und seine Bedeutung für die Unternehmen dargelegt. Der renommierte Wissenschaftler am Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigte unter anderem auf, welche Chancen ein Wachstum in die Diversität bietet.