Gift der Wildbienen als Wirkstoff gegen Krebs?
Seit Jahrhunderten wird das Gift der Honigbiene als entzündungshemmendes Mittel geschätzt. Dabei ist nur der Hauptbestandteil Melittin wissenschaftlich gut untersucht. Auch sein Potenzial als Wirkstoff gegen Krebszellen wird erforscht. Doch die starke Wirkung kann in der Anwendung auch gesunde Zellen schädigen. Ein Forschungsteam der Goethe-Universität Frankfurt am Main, des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME und des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP hat kürzlich mildere Melittinvarianten in evolutionär älteren Wildbienenarten entdeckt. Diese Varianten scheinen besser für pharmazeutische Anwendungen nutzbar zu sein als herkömmliche Honigbienentoxine, da die Melittinpeptide der Wildbienen neue und weniger aggressive Aktivitäten erkennen lassen. So könnte möglicherweise darauf verzichtet werden, die starke Toxizität mit hemmenden Substanzen wieder auszugleichen. Veröffentlicht wurde die Studie im Fachjournal Toxins.
Innovation und Digitalisierung: Defizite beim Wissenstransfer
Wo steht Deutschland bei Innovation und Digitalisierung im internationalen Vergleich? Eine Studie der KfW hat die Leistungsfähigkeit des deutschen Innovationsökosystems untersucht. Demnach liegen die Stärken vor allem in einem starken Wissenschaftssektor und den ausgeprägten FuE-Aktivitäten in Großunternehmen. Schwächen konnten die KfW-Experten dagegen beim Wissenstransfer ermitteln, etwa beim Transfer neuer Technologien und bei der Vermarktung über Unternehmensgründungen bis zum Transfer hin zu kleinen und mittleren Unternehmen. Auch bei der Digitalisierung gebe es hinsichtlich der Entwicklung, der Anwendung und des Exports digitaler Technologien noch Nachholbedarf.
Viren in der Luft: Säuren regeln Infektiosität
Über die Luft verbreiten sich viele Erreger mithilfe von Aerosolen, die etwa beim Husten oder Niesen ausgestoßen werden. Aber wie lange bleiben Viren in Aerosolpartikeln infektiös? Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Feuchtigkeit und die Temperatur eine Rolle spielen. Ein bislang unterschätzter Faktor ist die chemische Zusammensetzung und der Säuregehalt der Aerosolpartikel in Wechselwirkung mit der Raumluft. Ein Team der ETH Zürich, der EPFL und der Universität Zürich hat gezeigt, wie sich der pH-Wert der Partikel nach dem Ausatmen unter verschiedenen Umgebungsbedingungen verhält. Demnach versauern die Aerosolpartikel schneller als erwartet. Erschienen ist die Studie in der Zeitschrift Environmental Science & Technology.
Chemie bleibt schwach, Pharma legt zu
In vielen Ländern und Regionen zeigt die Chemieproduktion weiterhin nach unten, berichtet der Verband der Chemischen Industrie im World Chemistry Report vom Januar 2023. Insbesondere in Europa bleibt die Entwicklung schwach. Dagegen konnte die Pharmaproduktion häufig noch deutlich zulegen.
Weihrauch für die Pharmaforschung
Ein Naturstoff aus Weihrauchharz könnte dabei helfen, Entzündungen aufzulösen und die Geweberegeneration zu fördern. Dies hat ein Team am Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena herausgefunden und seine Studie in der Fachzeitschrift Advanced Science vorgestellt.
Einkommensumfrage: Einsendeschluss noch bis Ende März
Anfang Februar sind die Fragebögen für die aktuelle Runde der jährlich durchgeführten VAA-Einkommensumfrage versandt worden. Um die statistische Aussagekraft weiter zu steigern, bittet der VAA alle im Berufsleben stehenden Mitglieder, sich bis zum 31. März 2023 an der von der RWTH Aachen wissenschaftlich begleiteten Studie zu beteiligen. Die Umfrage liefert den umfangreichsten Überblick über die Gehaltsentwicklung bei Fach- und Führungskräften in der Chemie- und Pharmaindustrie. Sie bildet die Grundlage für den VAA-Gehalts-Check, der exklusiv für VAA-Mitglieder auf der Mitgliederplattform MeinVAA abrufbar ist. Mithilfe dieses Checks erhalten VAA-Mitglieder unter Angabe ihrer individuellen Daten einen konkreten Vergleich ihrer Bezüge mit den übrigen Einkommen in der Branche.
Abrieb aus Reifen landet im Salat
Von den Straßen können Reifenabriebpartikel durch Wind, Klärschlamm und gereinigtes Abwasser auf Äcker gelangen. Eine Laborstudie der Universität Wien zeigt, dass die in den Partikeln enthaltenen Schadstoffe ihren Weg auch in das dort angebaute Gemüse finden. So hat beispielsweise Salat alle untersuchten Chemikalien aufgenommen – davon auch einige giftige. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, wie dieser Prozess konkret in Ackerböden abläuft. Die Studie ist in der Zeitschrift Environmental Science & Technology erschienen.
Neutronenanalyse löst Rätsel um Anhänger aus dem Mittelalter
2008 ist in der Altstadt von Mainz ein vergoldeter Anhänger gefunden worden – in einer mittelalterlichen Abfallgrube. Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) hat das Geheimnis dieses Schmuckstücks 14 Jahre später gelüftet. Dank einer Neutronenanalyse an der TU München konnten im Inneren des Objekts kleinste Knochensplitter lokalisiert werden, bei denen es sich vermutlich um Reliquien handelt. Anders als Röntgenstrahlen können Neutronen Metalle durchdringen und dabei organische Substanzen sichtbar machen. Die zerstörungsfreie Untersuchung sei den Restaurationsexperten vom LEIZA zufolge besonders hilfreich gewesen, da der Anhänger nicht mechanisch geöffnet werden konnte: Durch die jahrhundertelange Korrosion war vor allem der Schließmechanismus stark beschädigt.
Neues aus den Werksgruppen
Seit Ende 2022 ist Ruth M. Bauer neue Vorsitzende der VAA-Werksgruppe DIC/SUN Deutschland. Ebenfalls noch im letzten Jahr hat sich bei Ferro in Frankfurt am Main eine neue Werksgruppe unter dem Namen Ferro gegründet – Werksgruppenvorsitzender ist Thorsten Brandes. Außerdem sind aufgrund der Akquisition großer Teile des Mobility-und-Material-Geschäfts von DuPont durch Celanese im November 2022 die betroffenen Mitglieder der Werksgruppe DuPont Deutschland zum Januar 2023 in die Werksgruppe Celanese gewechselt.
Wachstumstanz von Neuronen und Gefäßzellen
In der Regel ist Nervengewebe von einer Vielzahl von Adern durchzogen, weil Nervenzellen eine Menge Energie und Sauerstoff benötigen – beides erhalten die Zellen über das Blut. Doch was verhindert, dass sich Neuronen und Gefäßzellen bei ihrem Wachstum ins Gehege kommen? Ein Forschungsteam der Universitäten Heidelberg und Bonn hat gemeinsam mit internationalen Partnern einen Mechanismus identifiziert, der genau dies sicherstellt. Sogenannte Motorneuronen nutzen Ruhephasen der Gefäßzellen, um sich selbst zu organisieren und heranzuwachsen. Erst danach beginnen die Gefäße wieder zu sprießen. Das Ganze ähnele einem fein abgestimmten Tanz, erläutern die Wissenschaftler. In der Abbildung unten wird gezeigt, was passiert, wenn das für den Prozess wichtige PlexinD1-Gen nicht funktioniert: Die Blutgefäße (rot) wandern auf unorganisierte Weise in Regionen mit Motorneuronen (grün) ein. Veröffentlicht wurde die Studie in der Fachzeitschrift Neuron.
Personalia aus der Chemie: Frank Glorius von der WWU Münster erhält Otto-Bayer-Preis
Prof. Frank Glorius vom Institut für Organische Chemie der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster hat den Otto-Bayer-Preis für Chemie und Biochemie 2022 erhalten. Mit dem Preis honoriert die Bayer Foundation seine Pionierleistungen in der Katalyseforschung. Die von Glorius entwickelten katalytischen Reaktionen ermöglichen die nachhaltige Synthese organischer Moleküle für medizinische und landwirtschaftliche Anwendungen. Der mit 75.000 Euro dotierte Preis wird seit 1984 alle zwei Jahre für Pionierleistungen in der Chemie und Biochemie vergeben. Im Fokus der Forschung von Frank Glorius stehen Katalyse und funktionelle Materialien. Ein Forschungsschwerpunkt ist die Verwendung von sichtbarem Licht als Energiequelle für die Reaktionen. Unter Verwendung geeigneter Katalysatoren können organische Moleküle so besonders schonend aktiviert werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Hydrierung aromatischer Verbindungen. Diese können für die Synthese komplexer organischer Moleküle wie zum Beispiel Arzneistoffe verwendet werden. Seit acht Jahren zählt Glorius zu den meistzitierten Forschern weltweit im Fach Chemie.
IW-Studie: Urban Mining in Deutschland mit viel Potenzial
Als Nettoimporteur von Rohstoffen ist die heimische Wirtschaft bei Materialien für Zukunftstechnologien auf den internationalen Handel angewiesen. Um diese Abhängigkeit abzumildern, spielt eine bessere Ressourceneffizienz eine Schlüsselrolle. In einem IW-Report analysiert das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) das enorme Potenzial von Urban Mining für die Kreislaufwirtschaft am Beispiel der „Schubladenhandys“: Rechnerisch zeige sich, dass der Gesamtmetallwert der ungenutzten Handys und Smartphones in Deutschland bei rund 240 Millionen Euro liegt. Gleichzeitig entspreche der Materialwert der 2021 verkauften Smartphones 23,5 Millionen Euro. Theoretisch könne die „Urbane Mine“ der Schubladenhandys den Materialbedarf für neue Smartphones für über zehn Jahre decken. Zwar werden nicht alle Handys dem Recycling zugeführt und sind komplett recycelbar, aber die Möglichkeiten des urbanen Materiallagers seien dennoch vielfältig.
DIW-Studie zu Frauen in Vorständen
In den Vorständen und Aufsichtsräten großer Unternehmen in Deutschland ist der Frauenanteil 2022 erneut gestiegen: Die 200 umsatzstärksten Unternehmen hatten im Spätherbst 2022 ihre Vorstände im Durchschnitt zu rund 16 Prozent und ihre Aufsichtsräte zu rund 31 Prozent mit Frauen besetzt. Im Vergleich zu 2021 war der Anstieg mit knapp einem beziehungsweise einem halben Prozentpunkt jedoch gering – und in den Vorständen deutlich niedriger als ein Jahr zuvor. Das geht aus dem Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor, an dem auch die Freie Universität Berlin beteiligt ist.
Supraleitende Qubits für stabilere Quantencomputer
Beim Quantencomputing spielen Quantenbits (Qubits) eine Schlüsselrolle. Da sie nicht nur über zwei Zustände verfügen, sondern auch über Zustände dazwischen, verarbeiten Qubits mehr Informationen in kürzerer Zeit. Abhängig von den Materialeigenschaften ist es aber oft schwierig, einen solchen Zustand länger aufrechtzuerhalten. Ein Forschungsteam am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat vor Kurzem neuartige und unkonventionelle supraleitende Qubits entwickelt, die 100-mal sensitiver für Materialdefekte sind. Dies sei den KIT-Wissenschaftlern zufolge ein entscheidender Schritt, um die Defekte auszumerzen. Hergestellt sind die kompletten Qubits aus granularem Aluminium, wodurch sich neue Möglichkeiten für die industrielle Produktion mit Ätzverfahren und erweiterte Einsatzbereiche etwa in starken Magnetfeldern ergeben. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Nature Materials publiziert worden. Zur Erinnerung: In der Dezemberausgabe 2021 hat das VAA Magazin ein großes Spezial über Quantencomputer veröffentlicht.
Landesgruppe Mitte/Ost: Konzertabend für Pensionäre
Für die VAA-Mitglieder im Ruhestand sind Pensionärstreffen wichtig. Diese werden von den verschiedenen Werks- und Landesgruppen des Verbandes regelmäßig durchgeführt. Mit einem besonderen Tag haben die Pensionäre der VAA-Landesgruppe Mitte/Ost das Ende der Pandemieeinschränkungen begangen: Über 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich Ende November 2022 zu einem Seminar über den Aufbau und die Arbeitsweise des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin. Dazu durften die VAA-Pensionäre auch die Proberäume des Orchesters nutzen. Anschließend erklärte der Klarinettist Bernhard Nusser, wie sein Instrument aufgebaut und zu spielen ist. In der Philharmonie stand am Abend schließlich die 3. Symphonie von Gustav Mahler auf dem Programm – ein Werk, bei dem klassische und moderne Musik die Übergangszeit vom 19. auf das 20. Jahrhundert musikalisch widerspiegeln.