Erik Lehmann hat das Wort: Frostbeulen und Jungfrauen

Erik Lehmann hat das Wort: Frostbeulen und Jungfrauen

Wissen Sie, was ein „snorre“ ist? Ja, richtig, das klingt irgendwie nach Ikea. Und mit Schwedisch haben Sie den Daumen drauf. Nur wird kaum ein Möbelstück in besagtem Markt je diesen Namen tragen. Obwohl … Ein Kleiderständer vielleicht schon! Denn beim „snorre“ handelt es sich um das männliche Geschlechtsteil. Und nicht, dass Sie jetzt denken, ich wüsste sowas, weil ich meine Recherchearbeit auf Schmuddelfilme aus dem hohen Norden ausgeweitet hätte. Nein, nein! Selbst die großen Blätter wie Spiegel, Welt und SZ haben über ihn berichtet: den eingefrorenen „snorre“ von Calle Halfvarsson, seines Zeichens schwedischer Skilangläufer (also der Calle, nicht der „snorre“).

Ihm war zu Beginn der laufenden Wintersportsaison im finnischen Kuusamo beim Weltcup der Penis ausgekühlt. Daraufhin forderte der „Spitzen-Sportler“ eine neue Temperaturgrenze. Nach oben! Die ganze Welt rang auf der letzten Weltklimakonferenz darum, die Temperatur zu senken, und bloß weil einem Schweden die Nudel schockgefrostet wurde, soll prompt der Spieß umgedreht werden! Das Malheur mit der expliziten Unterkühlung ereignete sich bei zugegeben herausfordernden minus 19 Grad Celsius. Der Langläufer gab zu Protokoll, er hätte nach dem Rennen zehn Minuten in einem Zelt liegen müssen, um seinen Penis aufzuwärmen. Versuchen Sie erst gar nicht, sich vorzustellen, wie er das gemacht haben könnte.

Fest steht: Erst bei unter minus 20 Grad hätte man den Weltcup nach gängigem Reglement des Weltverbandes FIS abblasen müssen. Nun will der hart getroffene Halfvarsson den Grenzwert bei minus 15 Grad ansetzen. Ein Plus von fünf Grad. Laut vehement menetekelnden Klimaerwärmungswarnern alsbald eh bittere Realität. Aber dass genitale Erfrierungen bei Wintersportlern demnächst zunehmen könnten, lässt eine neue urologische Studie erahnen. Forscher der Stanford University in Kalifornien berichteten, dass männliche Geschlechtsteile in den vergangenen 30 Jahren um 24 Prozent gewachsen sind. Kein Wunder, dass es da zu peripherem Gefrierbrand kommt.

Dabei wäre dem Problem einer „Frostbeule“ so leicht beizukommen. Das Universitätsspital in Zürich rät bei auskühlenden Extremitäten zu einer besseren Durchblutung. Heißt: Die FIS hätte für notorische Geschlechtsteiltieffrierer – Halfvarsson musste schon einmal vor Jahren, wie die Fachpresse berichtete, sein Gemächt nach einem Rennen wieder auftauen – an der Rennstrecke, nach dem Vorbild bei Autorennen, leicht bekleidete Frauen postieren müssen, um kältebedingte Intimbereichsblessuren zu unterbinden. Fraglich, ob sich hartgesottene Damen für den Job gefunden hätten. Zumal die Methode gerade bei der Schwesterdisziplin Biathlon spätestens beim Schießen aus der Liegendposition für Gleichgewichtsprobleme sorgen würde. Grundsätzlich dürfte das Mitführen eines dritten „Stockes“ sowieso zur Disqualifizierung führen. Der zweimalige Staffelvizeweltmeister aus Schweden nahm die Geschichte mit seinem „Eiszapfen“ dennoch mit Humor und meinte: „Ein Glück, dass ich bald mein zweites Kind bekomme, denn das wird in Zukunft schwierig, wenn ich so weitermache.“

Dabei haben das mit dem Kinderkriegen schon ganz andere gemeistert. Und zwar völlig ohne schnöde Geschlechtlichkeiten. Und so kommen wir zum großen Bogen und eigentlichen Thema der Kolumne: das gerade erst hinter uns liegende Weihnachtsfest. Bekanntlich ist dieses seit dem zweiten Jahrhundert in der christlichen Theologie als Jungfrauengeburt dogmatisiert. Sprich: Christi Geburt war das folgerichtige Ergebnis der Empfängnis der Jungfrau Maria durch den heiligen Geist. Die Schmalkaldischen Artikel von 1537 finden dafür die wohlklingenden Worte: „Der Sohn Gottes ist vom heiligen Geist ohn männlich Zutun empfangen und von der reinen, heiligen Jungfrau Maria geporn“. Nimm das, Halfvarsson! Es kommt weder auf die Länge noch auf die Temperatur an. Manchmal ist es nur eine Frage des Glaubens. Und mit diesen pastoralen Worten möchte ich eine anfangs schlüpfrige Kolumne mit allerlei phallischen Wortspielereien gesittet zu Ende bringen.

Mit seinen verschiedenen Kabarettprogrammen reist der Dresdner Kabarettist Erik Lehmann quer durch Deutschland und hat auch schon diverse Preise gewonnen. Unter dem Pseudonym Uwe Wallisch vertreibt der passionierte Hobbyimker zudem seinen eigenen Honig. Auf der Website www.knabarett.de ist Lehmann jederzeit käuflich und bestellbar. Honig gibt es auf uwes-landhonig.de.