Mitgliederentwicklung 2024

VAA wächst weiter deutlich

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der VAA-Mitglieder weiter gestiegen. Dank einer neuen Rekordzahl an Neueintritten ist vor allem die Zahl der beruflich aktiven Mitglieder nochmals deutlich gewachsen.

Zum Jahresende 2024 waren rund 19.800 im Berufsleben stehende Personen Mitglied im VAA. Die Zahl der berufstätigen Mitglieder ist damit im Vergleich zum Vorjahresende um 500 gestiegen, im Vergleich zum Jahresende 2022 sogar um 800. VAA-Hauptgeschäftsführer Stephan Gilow sieht in der wirtschaftlichen Lage einen wichtigen Grund für das starke Wachstum der Mitgliederzahlen: „Nach dem Rekord im Vorjahr ist die Zahl der Neueintritte im vergangenen Jahr nochmals gestiegen. 2024 sind mehr als 2.300 Personen Mitglied im VAA geworden und das hat sicherlich viel mit der andauernd unsicheren konjunkturellen Lage zu tun, in der unsere Kernleistung – der Juristischen Service – viele Menschen zum Eintritt bewegt.”

Den 2.325 Zugängen im Jahr 2024 stehen 1.958 Austritte im gleichen Zeitraum gegenüber. Der überwiegende Anteil der Austritte entfiel wie in den Vorjahren auf Mitglieder, die in den Ruhestand wechselten. Zum Jahresende zählte der VAA 28.181 Mitglieder, im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Verband damit um 367 Personen. „Wir freuen uns, dass der VAA mit seinem Leistungsangebot immer mehr Menschen überzeugen kann“, so Stephan Gilow. „Gleichzeitig tun wir weiterhin alles dafür, den Mitgliedern am Ende des Berufslebens den Mehrwert der Mitgliedschaft im Ruhestand aufzuzeigen.“ 

Erfolgsmodell Doppelmitgliedschaft

Zu den VAA-Mitgliedern gehörten 2024 rund 2.700 Studierende. Rund 2.600 und damit die überwältigende Mehrheit der studentischen Mitglieder sind Doppelmitglieder im VAA und in der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)

Der Frauenanteil im VAA lag 2024 wie im Vorjahr bei 25 Prozent. Annähernd gleich geblieben ist auch die Zusammensetzung des Verbandes nach den Berufsgruppen der Mitglieder: Rund 44 Prozent der VAA-Mitglieder weisen eine Hochschulausbildung im Bereich der Chemie auf, gefolgt von Mitgliedern mit einem ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund bei rund 19 Prozent. Ein weiteres Fünftel setzt sich aus anderen naturwissenschaftlichen Fachrichtungen wie Biologie, Pharmazie oder Physik zusammen. Etwa fünf Prozent der Mitglieder haben einen betriebs- oder volkswirtschaftlichen Hintergrund.

Interview mit Guido Stiebitz

Wie KI auch MINT revolutioniert

Es gibt kaum einen Bereich im Arbeitsleben, der nicht von Künstlicher Intelligenz (KI) betroffen ist. Auch die chemisch-pharmazeutische Industrie stellt sich der KI-Disruption. Welche Rolle wird KI künftig in der Branche spielen und wie werden sich die Berufsbilder im MINT-Bereich verändern? Antworten liefert der Inhaber der EDV-Beratung Componist Guido Stiebitz im Interview mit dem VAA Magazin. Der Diplom-Ingenieur und KI-Experte ist langjähriger Partner des VAA in allen Fragen rund um die IT. Das gilt auch für die Weiterbildung: Für das Führungskräfte Institut (FKI) bietet Stiebitz das Seminar „ChatGPT, Copilot, Firefly & Co. Wie Sie KI effektiv einsetzen“ an, das nächste Mal am 19. März 2025.

VAA Magazin:Wie würden Sie die Entwicklung der letzten Jahre in Sachen KI zusammenfassen?

Stiebitz: KI hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Insbesondere durch die Weiterentwicklung von Machine-Learning-Algorithmen, die Verfügbarkeit großer Datenmengen und den Ausbau von Cloud- und Rechenkapazitäten. Es gibt immer leistungsfähigere Modelle wie Sprachmodelle oder Bildgeneratoren, die bereits vielfältig eingesetzt werden. KI-Systeme wie ChatGPT oder Firefly sind Beispiele dafür, wie diese Technologien in den Arbeitsalltag integriert werden können. Durch die kontinuierliche Perfektionierung von Modellen und die immer schnelleren Berechnungsmöglichkeiten ist KI heute in der Lage, sowohl kreative als auch analytische Aufgaben effizient zu unterstützen.

Wie würden Sie die aktuelle Bedeutung von KI in MINT-Berufen beschreiben?

KI ist inzwischen unverzichtbar in vielen Bereichen der MINT-Berufe. Sie unterstützt dabei, große Datenmengen effizient zu analysieren, Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen. In der Chemie- und Pharmaindustrie wird KI beispielsweise eingesetzt, um neue Moleküle zu designen, chemische Prozesse zu optimieren und nachhaltigere Lösungen zu entwickeln.

Klingt spannend! Können Sie konkrete Beispiele nennen, wie KI den Alltag in der Chemie erleichtert?

Natürlich. Ein Beispiel ist der Einsatz von KI im Bereich der Materialforschung. Hier analysieren Algorithmen experimentelle Daten, um vorhersagen zu können, welche Materialkombinationen die besten Eigenschaften haben. Das ist besonders relevant für die Entwicklung von Batterien oder Katalysatoren. Ein weiteres Beispiel ist die Prozessüberwachung: KI-gestützte Systeme können in Echtzeit Anomalien erkennen und Handlungsempfehlungen geben, um Störungen zu vermeiden. Tools wie ChatGPT helfen darüber hinaus dabei, Dokumentationen oder Berichte zu automatisieren, während Systeme wie Firefly kreative Aufgaben übernehmen, etwa bei der Erstellung visueller Inhalte.

Kommen wir auf den Menschen selbst: Wie können KI-Tools den Beschäftigten im Job persönlich helfen?

KI-Tools können Routineaufgaben automatisieren und so Zeit für kreativere und strategischere Tätigkeiten schaffen. Beispielsweise können sie Berichte automatisiert erstellen, Daten visualisieren oder komplexe Simulationen durchführen. Sie helfen auch bei der Entscheidungsfindung, indem sie verschiedene Szenarien simulieren und deren Auswirkungen analysieren. Plattformen wie Copilot erleichtern es, Quellcode zu schreiben oder zu prüfen, und Text-zu-Bild-Tools wie Adobe Firefly unterstützen Kreative dabei, Designideen schnell umzusetzen. Gleichzeitig ermöglichen Text-zu-Sprache- und Text-zu-Video-Anwendungen eine effizientere Kommunikation, beispielsweise bei der Erstellung von Schulungsinhalten oder Präsentationen. Um es auf den Punkt zu bringen: KI schafft Freiräume für die wirklich interessanten und wichtigen Dinge und nimmt den Menschen im Job viele unliebsame Alltagsaufgaben ab.

Welche Herausforderungen sehen Sie eigentlich bei der Integration von KI in diesen Bereichen?

Eine der größten Herausforderungen ist die Datenqualität. KI-Modelle sind nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert werden. Gerade in der chemisch-pharmazeutischen Industrie ist es oft schwierig, konsistente und fehlerfreie Daten zu sammeln. Zudem gibt es manchmal Vorbehalte gegenüber KI, insbesondere wenn sie Entscheidungen unterstützen soll. Es braucht Vertrauen in die Technologie – und das kann nur durch Transparenz und Schulung erreicht werden. Auch ethische Fragen und die Verantwortung bei automatisierten Entscheidungen spielen eine große Rolle.

Wie sehen Sie die Rolle von Fach- und Führungskräften in einer zunehmend KI-gestützten Arbeitswelt?

Fachkräfte und Führungskräfte bleiben beide unersetzlich. KI kann vieles analysieren und berechnen, aber sie ersetzt nicht menschliches Verständnis, Kreativität und Erfahrung. Die Rolle wird sich jedoch verändern: weniger Routinearbeiten, mehr Verantwortung für die Interpretation von KI-Ergebnissen und die strategische Nutzung der Technologie. Mensch und Maschine sollten sich als Team verstehen. Tools wie ChatGPT können beispielsweise als ein digitaler „Copilot“ fungieren, der Vorschläge macht oder Recherchearbeit erleichtert, aber die abschließende Bewertung bleibt beim Menschen.

Wie können Unternehmen ihre Beschäftigten auf diese Transformation vorbereiten?

Fortbildung ist hier das A und O. Unternehmen sollten Schulungsprogramme anbieten, die nicht nur technisches Wissen vermitteln, sondern auch die Vorteile und Möglichkeiten von KI aufzeigen. Es ist wichtig, dass Beschäftigte verstehen, wie KI ihre Arbeit erleichtert – und eben nicht ersetzt! Eine offene Unternehmenskultur, die lebenslanges Lernen fördert, ist dabei essenziell. Die Nutzung konkreter Tools wie Microsoft Copilot oder Synthesia kann durch praxisorientierte Schulungen gefördert werden. Mit dem EU-AI-Act wird erstmalig vorausgesetzt, dass KI nur im Unternehmen genutzt oder implementiert werden darf, wenn entsprechende Kompetenz nachgewiesen werden kann.

Werfen wir abschließend einen Blick nach vorn: Wo sehen Sie die Chemie- und Pharmabranche in zehn Jahren durch den Einsatz von KI? Und wo als Helfer für die Menschen?

Ich glaube, wir werden eine vernetzte und automatisierte Industrie erleben, die effizienter und nachhaltiger ist. KI wird dabei helfen, neue Materialien und Wirkstoffe zu entwickeln, Prozesse zu optimieren und Umweltbelastungen zu minimieren. Gleichzeitig bleibt der Mensch entscheidend, insbesondere bei strategischen und ethischen Entscheidungen. Ich gehe davon aus, dass KI-gestützte Systeme wie SORA FLUX oder autonome Plattformen eine noch stärkere Rolle in der Steuerung und Optimierung übernehmen werden. Ich sehe KI nicht als Gefahr, sondern KI erweitert jetzt schon unsere individuellen Fähigkeiten. Wir können Bilder und Musik gestalten unsere Videos in fremden Sprachen wiedergeben lassen. Der Grad an technischer Unterstützung im Alltag wird immer nutzbringender.

Interview mit Prof. Christian Grund und Alexandra Soboll

Auswirkungen des Mobilen Arbeitens richtig verstehen

Anfang Februar 2025 ist die VAA-Einkommensumfrage gestartet. Prof. Christian Grund begleitet die Durchführung und Auswertung der Umfrage seit 2008 von wissenschaftlicher Seite. Im Interview mit dem VAA Magazin spricht er gemeinsam mit Alexandra Soboll, die sich seit 2021 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl um die Umfrage kümmert, über die ersten Erkenntnisse aus den neuen Fragen zum Mobilen Arbeiten, die seit 2024 Teil der Umfrage sind. 

VAA Magazin: Herr Grund, im vergangenen Jahr hat die VAA-Kommission Einkommen auf Ihren Vorschlag hin entschieden, neue Fragen zum Thema „Mobiles Arbeiten“ in den Fragebogen der Einkommensumfrage aufzunehmen. Warum haben Sie die Aufnahme dieser Fragen vorgeschlagen? 

Grund: Wir erfassen im Rahmen der Umfrage schon länger die Arbeitszeiten der Teilnehmer. Das Thema „Mobiles Arbeiten“ hat durch die Coronapandemie in kurzer Zeit einen deutlich höheren Stellenwert erlangt. Entsprechend ist die Flexibilität beim Ort des Arbeitens für viele Beschäftigte ein wesentliches Merkmal eines attraktiven Arbeitsplatzes. Insofern stellt sich aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberperspektive die Frage, wie damit umgegangen wird und welche Auswirkungen das auf Arbeitszeiten, Arbeitszufriedenheit und in der Folge auch auf Entgeltbestandteile hat.

Können Sie unseren Leserinnen und Lesern ein konkretes Beispiel für einen möglichen Zusammenhang mit dem Entgelt geben? 

Grund: Es könnte zum Beispiel sein, dass Mitarbeiter bereit sind, auf einen Teil ihres Entgelts zu verzichten, wenn sie dafür bessere Arbeitsbedingungen in Form von höherer örtlicher Flexibilität haben. Man kann aber auch argumentieren, dass die Arbeitskosten für das Unternehmen geringer werden, wenn weniger vor Ort gearbeitet wird und dass sich dadurch Verteilungsspielräume ergeben. 

Die Fragen zum Mobilen Arbeiten wurde im letzten Jahr erstmalig mit abgefragt. Welche Ergebnisse lassen sich daraus ableiten? 

Soboll: Wir haben abgefragt, in welchem Umfang mobil gearbeitet werden darf und wie hoch der genutzte Anteil der Arbeitszeit im Mobilen Arbeiten tatsächlich ist. Bei 35 Prozent der Umfrageteilnehmenden macht dieser Anteil weniger als 20 Prozent der Arbeitszeit aus, bei weiteren 30 Prozent liegt der mobile Anteil bei 20 bis 50 Prozent. Mehr als 50 Prozent oder sogar mehr als 80 Prozent mobil gearbeitet haben nur 22 beziehungsweise 13 Prozent der Teilnehmenden. Betrachtet man die Wochenarbeitszeit und den Anteil im Mobilen Arbeiten gemeinsam, zeigt sich, dass bei stärkerer Nutzung des Mobilen Arbeitens die Wochenarbeitszeit tendenziell etwas geringer ist. 

Grund: Die Ergebnisse suggerieren, dass die Teilnehmenden weniger Arbeitszeit angeben, wenn sie mehr im Homeoffice arbeiten. Da die Frage erst einmal Teil des Fragebogens war, können wir im Moment aber nur im Querschnitt mit anderen Faktoren prüfen, welche Effekte es da gibt. Die Korrelation zwischen Arbeitszeit und Mobilem Arbeiten zeigt sich zum Beispiel eher in Großunternehmen und bleibt auch bestehen, wenn man für Faktoren wie Hierarchiestufen kontrolliert, die ebenfalls Einfluss auf die Arbeitszeit haben. 

Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, diese Zusammenhänge näher zu beleuchten? 

Grund: Hier kann die Einkommensumfrage mit ihrer Längsschnittbetrachtung ihre Stärken ausspielen. Denn beim Thema Mobiles Arbeiten sind die individuellen Unterschiede zwischen den Teilnehmenden sicherlich sehr groß hinsichtlich der Frage, welche Möglichkeiten und Erfordernisse es da gibt. Im Querschnitt können wir nur Person A mit Person B zu einem Zeitpunkt vergleichen. Um diese personenbezogenen Faktoren zu verstehen, brauchen wir die Längsschnittuntersuchung, weil wir dabei Veränderungen in den Rahmenbedingungen und bei der Arbeitszeit analysieren können. 
 
Die aktuelle Einkommensumfrage ist Anfang Februar dieses Jahres gestartet. Warum ist eine möglichst hohe Zahl von zurückgesendeten Fragebögen für die Auswertungen aus wissenschaftlicher Sicht so wichtig? 

Soboll: Je mehr Personen teilnehmen, desto genauer ist das Bild, das wir von der Einkommenssituation bekommen. Das gilt insbesondere auch für den schon angesprochenen Längsschnitt, der natürlich nur über die wiederholte Teilnahme möglich ist. Es gilt aber auch: Auswertungen für einzelne Unternehmen oder Werksgruppen setzen voraus, dass eine ausreichende Zahl an Personen teilnimmt, denn die statistischen Verfahren brauchen eine gewisse Mindestanzahl an Rückläufen, um valide Ergebnisse zu generieren.