Interview mit Catharina Einbacher

Welche Teilzeit ist die richtige?

Zur Teilzeitbeschäftigung gehört jegliche unter der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit liegende Beschäftigungszeit. Der noch relativ neue Brückenteilzeitanspruch lässt die bisherige Teilzeitregelung und die bereits vorhandenen Ansprüche auf Brückenteilzeit im weiteren Sinne wie Elternzeit sowie Pflegezeiten unberührt, erläutert VAA-Juristin Catharina Einbacher im Interview mit dem VAA Magazin. Damit konkurriert nun eine nicht mehr leicht zu überschauende Vielzahl befristeter Teilzeitansprüche miteinander, die sich in den Voraussetzungen nicht unerheblich voneinander unterscheiden.

VAA Magazin: Welche Voraussetzungen hat eigentlich der allgemeine Teilzeitanspruch gemäß § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)?

Einbacher: Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestanden haben und der Arbeitgeber muss mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigen – hierbei ist es unerheblich, ob diese in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten. Für den Antrag ist eine Ankündigungsfrist einzuhalten. Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Ein Verteilungswunsch sollte, muss aber nicht angegeben werden. Auf die Einhaltung der Frist kann der Arbeitgeber natürlich verzichten. 

Der Anspruch gilt auch für außertarifliche und leitende Angestellte. Nach § 6 TzBfG ist auch Arbeitnehmern in leitenden Positionen Teilzeit zu ermöglichen. Der Anspruch ist dann auf Verringerung der bisher vertraglich vereinbarten, das heißt entweder einzel- oder betrieblich geltenden Arbeitszeit gerichtet. Eine hervorgehobene Stellung in der betrieblichen Hierarchie kann daher für sich allein die Ablehnung eines Teilzeitwunsches nicht rechtfertigen. Je qualifizierter ein Arbeitnehmer ist, desto erheblicher können die organisatorischen Auswirkungen bei Teilzeitarbeit sein. Die Notwendigkeit einer regelmäßigen Teilnahme an häufigen, nicht im Voraus planbaren Besprechungen oder anderen Terminen kann aber der Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen. Es kommt also im Wesentlichen darauf an, inwieweit ein Stellvertreter die Aufgaben übernehmen kann oder ob dieser nicht ohnehin vielfach die entsprechenden Aufgaben wahrnimmt oder ob die Aufgaben nicht schon vorübergehend, zum Beispiel in der Elternzeit, auf verschiedene Mitarbeiter aufgeteilt wurden.

Kann der Arbeitgeber den Antrag einfach ignorieren?

Der Arbeitgeber hat eine Verhandlungspflicht gemäß § 8 Abs. 3 TzBfG. Deren Verletzung führt nach einer Entscheidung des BAG nicht zwingend dazu, dass die Ablehnung des Teilzeitverlangens unwirksam ist. Kommt der Arbeitgeber jedoch seiner Verhandlungspflicht nicht nach, so kann er dem Arbeitnehmer bei der Ablehnung des Antrags keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen einer Verhandlung hätten ausgeräumt werden können. Reagiert der Arbeitgeber auf den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nicht, tritt eine sogenannte positive Entscheidungsfiktion ein. Das gleiche Ergebnis gilt dann, wenn zwar über die Teilzeit selbst Einigkeit erzielt wurde, jedoch nicht über deren Verteilung. In beiden Fällen verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang beziehungsweise gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.

Kann der Arbeitgeber die Arbeitszeitverkürzung einseitig wieder zurücknehmen?

Nur, wenn das betriebliche Interesse das Interesse des Arbeitnehmers erheblich überwiegt. Die Entscheidung unterliegt außerdem der Mitbestimmung des Betriebsrats. Nach dem Gesetzeswortlaut liegen dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehende betriebliche Gründe dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßig Kosten für den Arbeitgeber verursacht.

Angesichts der jüngeren Rechtsprechung lässt sich sagen, dass hohe Anforderungen an die Darlegung dieser Gründe bestehen. Vom Arbeitgeber wird verlangt, dass er etwa von seinem Direktionsrecht Gebrauch macht, um innerbetrieblich durch Umorganisation und andere Verteilung der Arbeitszeit, die Störungen im Arbeitsablauf sowie in der betrieblichen Organisation aufzuheben oder zu minimieren. Das BAG hat eine dreistufige Prüfungsfolge festgelegt, mit der festzustellen ist, ob ein angemessener betrieblicher Grund dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers entgegensteht. Hier geht es um ein Organisationskonzept sowie das tatsächliche Entgegenstehen und das Gewicht der behaupteten entgegenstehenden betrieblichen Gründe. 

Letztlich kommt es bei der Beurteilung auf die Umstände des Einzelfalls an. Für Arbeitsplätze von Führungskräften gilt jedenfalls: Auch deren Arbeitsplatz ist nicht grundsätzlich unteilbar! Wird VAA-Mitgliedern die Verringerung der Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen verweigert, ist es ratsam, einen VAA-Juristen zu konsultieren.

Welche Rechte hat der Betriebsrat?

Die Entscheidung unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hinsichtlich der Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sowie den Beginn und das Ende der Arbeitszeit an den einzelnen Arbeitstagen. Gemäß § 99 kann auch eine zustimmungspflichtige Versetzung vorliegen, wenn sich dadurch die konkreten Umstände ändern, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Gemäß § 7 Abs. 4 TzBfG hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmervertretung über angezeigte Arbeitszeitwünsche sowie über Teilzeitarbeit im Betrieb und Unternehmen zu informieren, insbesondere über vorhandene oder geplante Teilzeitarbeitsplätze und über die Umwandlung von Teilzeitarbeitsplätzen in Vollzeitarbeitsplätze – oder umgekehrt. Der Arbeitnehmervertretung sind auf Verlangen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. 

Gibt es eine Sperrzeit für eine erneute Reduzierung der Arbeitszeit?

Der Arbeitnehmer kann nach § 8 Abs. 6 TzBfG eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.

Und hat man dann auch einen Anspruch auf Rückkehr oder Verlängerung der Arbeitszeit?

Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ist gemäß § 9 TzBfG bei Besetzung einer Stelle mit der gewünschten längeren vertraglichen Arbeitszeit bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen. Entgegenstehen können allerdings dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer.

Um solchen Arbeitnehmern, die sich gegenwärtig bereits in einem Teilzeitarbeitsverhältnis befinden, die Verlängerung ihrer Arbeitszeit zu erleichtern, wird mit der Neufassung des § 9 TzBfG die Beweislast weiter auf den Arbeitgeber verlagert. Dieser muss künftig auch nachweisen, dass es sich nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz handelt und dass der Teilzeitarbeitnehmer nicht gleich geeignet ist wie ein anderer Bewerber. Der Arbeitnehmer muss also nur noch nachweisen, dass er den Antrag gestellt hat. Bislang musste der Arbeitnehmer darüber hinaus auch seine Eignung und das Vorliegen eines freien Arbeitsplatzes darlegen und beweisen.

Und wenn der Arbeitgeber bei der Einstellung eines Arbeitnehmers den Verlängerungswunsch von Teilzeitarbeitnehmern ignoriert?

Das ist ein Verstoß gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, sodass der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern kann. 

Kann der Arbeitgeber kündigen, wenn ich mich weigere, von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt zu wechseln?

Nein, das ist gesetzlich ausgeschlossen.  Eine Kündigung aus anderen Gründen bleibt aber möglich, sodass diese immer von VAA-Juristen geprüft werden sollte.
 
Bin ich vor anderen Nachteilen geschützt?

Ein Arbeitnehmer darf gemäß § 5 TzBfG wegen der Inanspruchnahme von Rechten nicht durch den Arbeitgeber benachteiligt werden. Außerdem darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Ausnahmen bestehen dort, wo die unterschiedliche Behandlung durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Dies kommt beispielsweise bei der Gewährung von Leistungen zum Tragen. Als Faustformel gilt, dass der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine anteilige Zahlung hat. Allerdings kann es in seltenen Fällen dazu kommen, dass Teilzeitbeschäftigte von Zahlungen wirksam ausgenommen werden. Dies hängt davon ab, ob die Ungleichbehandlung auf einem sachlichen Grund beruht und sollte daher unbedingt durch einen VAA-Juristen überprüft werden.

Wie gewährt man eigentlich einen Dienstwagen anteilig?

Sofern eine sinnvolle Aufteilung der Nutzung zum Beispiel durch mehrere Mitarbeiter nicht möglich ist, ist der Arbeitgeber gegebenenfalls berechtigt, den Dienstwagen zurückzunehmen. Dafür muss er dann den Anteil des entgangenen geldwerten Vorteils der Privatnutzung finanziell ausgleichen. 
 
Wirkt sich die Teilzeit auf die betriebliche Altersversorgung, den Urlaub und die Weiterbildung aus?

Sofern ein System zur Betrieblichen Altersversorgung vorhanden ist, müssen Teilzeitbeschäftigte darin aufgenommen werden. Sofern die Anzahl der Wochentage gleich bleibt und sich an den Tagen nur die Stundenanzahl reduziert, bleibt die Anzahl der Urlaubstage unverändert. Wenn sich aber die Zahl der Wochentage verringert, muss der Urlaubsanspruch genau berechnet werden. 

Was die Weiterbildung betrifft, so gibt es einen solchen allgemeinen Anspruch auch im Vollzeitarbeitsverhältnis nicht. Der Arbeitgeber hat allerdings gemäß § 10 TzBfG Sorge zu tragen, dass auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Förderung der beruflichen Entwicklung und Mobilität teilnehmen können, es sei denn, dringende betriebliche Gründe oder Aus- und Weiterbildungswünsche anderer teilzeit- oder vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer stehen dem entgegen.

Was ist der Unterscheid zur Brückenteilzeit gemäß § 9a TzBfG? 

Nach § 9a TzBfG haben Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, einen Anspruch auf eine befristete Verringerung ihrer Arbeitszeit für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr bis zu maximal fünf Jahren. Die Befristungsdauer kann der Arbeitnehmer frei wählen. Er kehrt nach ihrem Ablauf automatisch zur bisherigen Arbeitszeit zurück. Der befristete Teilzeitanspruch nach § 9 a TzBfG ist, was die Motivationslage des Arbeitnehmers betrifft, voraussetzungslos. Er ist also nicht an den Nachweis von Gründen gebunden.
 
Arbeitnehmer in Unternehmen mit weniger als 46 Beschäftigten werden aber wegen des sogenannten Überforderungsschutzes auf die klassischen Teilzeitansprüche verwiesen. Zudem müssen Arbeitgeber, die zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer beschäftigen, nur einem pro angefangenen 15 Arbeitnehmern den Anspruch gewähren. Hinsichtlich der Geltendmachungsfrist, der Erörterungspflicht des Arbeitgebers sowie seiner Ablehnungsgründe und der Entscheidungsfiktion gilt deshalb das Gleiche wie beim allgemeinen Teilzeitanspruch.
 
§ 9 a V 1 TzBfG regelt eine einjährige Sperrfrist für Ansprüche auf Teilzeit nach Rückkehr aus der Brückenteilzeit. Weitere Sperrfristen regeln § 9 a V 2 TzBfG – zwei Jahre nach berechtigter Ablehnung aufgrund entgegenstehender betrieblicher Gründe – und § 9 a V 3 TzBfG – ein Jahr nach berechtigter Ablehnung aufgrund der Zumutbarkeitsregelung.

Welche Vorteile bringt die Brückenteilzeit also am Ende?

Der Arbeitnehmer braucht für den Verringerungswusch keinen Grund anzugeben und nachzuweisen. Im Gegensatz zu den befristeten Teilzeitansprüchen aus BEEG, PflegeZG oder FPfZG ist der Anspruch nach § 9 a TzBfG nicht an einen bestimmten Sachgrund gebunden. Der Arbeitnehmer muss sein Teilzeitverlangen weder mit einer familiären Betreuungssituation rechtfertigen noch andere schutzwürdige Belange vorweisen – der persönliche Wunsch nach mehr Tagesfreizeit genügt.

Der Nachteil ist: Das Teilzeitbegehren kann bei der Brückenteilzeit nur für einen festgelegten Zeitraum geltend gemacht werden. Indem der Arbeitnehmer den Zeitraum seiner Teilzeit im Voraus fest bestimmen muss, erfährt das als Flexibilisierungsmöglichkeit geschaffene Instrument der Brückenteilzeit damit eine Einschränkung. Diese Starrheit wird durch § 9 a IV und V 1 TzBfG noch verstärkt, da während der Dauer der Teilzeit und ein Jahr nach der Rückkehr aus der Brückenteilzeit kein allgemeiner Anspruch des Arbeitnehmers auf eine weitere Veränderung der Arbeitszeit besteht. Dem Arbeitnehmer bleibt es lediglich möglich, die Arbeitszeit aufgrund anderer Spezialgesetze zu verändern, eine abweichende individualvertragliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu treffen oder den Erörterungsanspruch nach § 7 II TzBfG geltend zu machen. 

Vor dem Hintergrund der Sperrfristen des § 9 a IV und V 1 TzBfG wird ein Arbeitnehmer, der nicht absehen kann, wann der Grund, aus dem er die Brückenteilzeit beantragt, sich erledigt, diese wohl vorsichtshalber eher für einen längeren Zeitraum beanspruchen und – entgegen der Zielsetzung des Gesetzes – nicht flexibel auf die sich ändernden Lebensbedingungen reagieren können. Die einjährige Sperrfrist nach der Rückkehr aus der Brückenteilzeit ist zwar kürzer als die des § 8 VI TzBfG, aber nach wie vor zu lang, um flexibel zum Beispiel auf einen plötzlich eintretenden Pflegefall zu reagieren.

Arbeitnehmer, die den Anspruch einer klassischen Familienteilzeit vorziehen, sollten vorsorglich klären, ob ihnen dessen ungeachtet öffentlich-rechtliche Ausgleichsleistungen gewährt werden. Das ist zumindest im Pflegebereich nicht ganz eindeutig, weil der Wortlaut des § 3 FPfZG das Familiengeld daran zu binden scheint, dass sich der Arbeitnehmer in einer Teilzeit nach dem PflegeZG oder dem FPfZG befindet. Ferner gelangen Arbeitnehmer, die eine befristete Teilzeit nach § 9a TzBfG verlangen, zum Beispiel nicht in den Genuss des familienrechtlichen Sonderkündigungsschutzes.

Welche weiteren Teilzeitansprüche gibt es?

Neben dem allseits bekannten Anspruch auf Elternzeit existieren noch die weniger bekannten Ansprüche aus dem Pflegezeit- sowie dem Familienpflegezeitgesetz. Deren Ziel ist es, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern. 

Und welche Ansprüche sind dort geregelt?

Nach dem Pflegezeitgesetz ist ein Arbeitnehmer berechtigt, der Arbeit bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Er kann eine vollständige oder teilweise Freistellung zur Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung oder zur Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung beanspruchen. Außerdem kann er eine vollständige oder teilweise Freistellung zur Begleitung eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase geltend machen. Nahe Angehörige sind Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder sowie die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder. 

Die Freistellungen nach § 3 PflegeZG können ganz oder teilweise ohne eine Mindestarbeitszeit bis zur Dauer von sechs Monaten beziehungsweise von drei Monaten im Fall der Sterbebegleitung beansprucht werden. Nach dem FPfZG kann die Freistellung zur Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung oder zur Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung nur als Teilfreistellung bis zu einer Mindestwochenarbeitszeit von 15 Stunden erfolgen, allerdings bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten. 

Im Interesse einer effektiven Wahrnehmung der Rechte ist der Arbeitnehmer während der Pflegezeit vor einer Kündigung geschützt. Beschäftigte, die sich nach dem PflegeZG für eine bis zu sechsmonatige teilweise oder vollständige Freistellung entscheiden, und Beschäftigte, die eine Freistellung nach dem FPfZG in Anspruch nehmen, haben außerdem einen Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen. 

Das leider recht unübersichtliche Nebeneinander beider Gesetze kann zur Folge haben, dass im Einzelfall die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Pflegezeit sowohl nach dem PflegeZG als auch nach dem FPfZG gegeben sind. Da die Tatbestandsvoraussetzungen der in den beiden Gesetzen geregelten Ansprüche teilweise deckungsgleich sind, kann es unter Umständen fraglich sein, welchen Anspruch der Beschäftigte im konkreten Einzelfall geltend macht. Ist keine eindeutige Festlegung gegeben, gilt die Ankündigung nach § 3 Abs. 3 S. 3 PflegeZG beziehungsweise § 2a Abs. 1 S. 3 FPfZG als Ankündigung von Pflegezeit.

Gibt es Vorteile gegenüber dem allgemeinen Anspruch aus § 8 TzBfG?

Die Vorteile der Inanspruchnahme der Teilzeitansprüche nach den beiden Gesetzen gegenüber § 8 TzBfG bestehen zunächst darin, dass eine Wartezeit nicht erfüllt werden muss. Sie können außerdem in der Befristung der Ansprüche gesehen werden, dem besonderen Kündigungsschutz während der Teilzeit und dem Umstand, dass der Antrag auf Teilzeit nur aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden kann.

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Urteil

Abfindung: Kappungsgrenze im Sozialplan zulässig

Eine Abfindungsdeckelung in einem Sozialplan stellt keine mittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer dar, solange die Maximalabfindung die entlassungsbedingten Nachteile „substanziell abmildert“ und mit der Deckelung eine übermäßige Begünstigung älterer Arbeitnehmer begrenzt werden soll. Für Klageverzichtsprämien gelten die im Sozialplan vereinbarten Höchstbetragsregelungen allerdings nicht. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Ein 59-jähriger Arbeitnehmer war infolge einer betriebsbedingten Kündigung nach 33 Jahren Betriebszugehörigkeit aus seinem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Aufgrund eines zwischen seinem Arbeitgeber und dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplans konnte er eine Abfindung beanspruchen, deren Höhe sich nach der üblichen Formel Betriebszugehörigkeit mal Bruttomonatsgehalt mal Faktor berechnete. Zudem war ein Höchstbetrag von 75.000 Euro für die Abfindung festgelegt worden. In einer weiteren Betriebsvereinbarung war geregelt, dass sich der Faktor um 0,25 erhöht, wenn der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt. 

Der Arbeitnehmer verzichtete auf die Kündigungsschutzklage und erhielt als Abfindung den Höchstbetrag. Vor dem Arbeitsgericht klagte er auf die Zahlung weiterer 28.000 Euro, die sich aus der Sozialplanformel ohne Anwendung der Limitierungsklausel ergeben hätten. Aus seiner Sicht war die Begrenzung unwirksam, weil sie eine Altersdiskriminierung darstellte. Weitere 26.600 Euro verlangte er, weil die Limitierungsklausel auf die Klageverzichtsprämie ebenfalls nicht anwendbar sei. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Arbeitnehmer hingegen zumindest teilweise recht (Urteil vom 7. Dezember 2021, Aktenzeichen: 1 AZR 562/20). Das BAG entschied, dass die Begrenzung der eigentlichen Sozialplanabfindung auf 75.000 Euro den Arbeitnehmer nicht unzulässig wegen seines Alters benachteiligt und somit wirksam ist.

Die Regelung sei zwar geeignet, ältere Arbeitnehmer zu benachteiligen, aber durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Die Höchstgrenze ziele ab auf die Sicherstellung der gerechten Verteilung der limitieren finanziellen Mittel, die für den Sozialplan zur Verfügung stehen. Solange die Maximalabfindung eine substanzielle Milderung der Nachteile für die vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Arbeitnehmer darstelle, sei eine solche Regelung aus Sicht des BAG angemessen. Der Arbeitnehmer hatte somit keinen Anspruch auf eine höhere Abfindung direkt aus dem Sozialplan.

Auf die sogenannte Turboprämie für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage findet die Höchstgrenze laut BAG hingegen keine Anwendung. Da der Sozialplan und die Betriebsvereinbarung als eigenständige Regelungen nebeneinanderstünden, sei nicht von einer einheitlichen Abfindung auszugehen, die insgesamt der Höchstbetragsregelung des Sozialplans unterfallen sollte. Somit standen dem Arbeitnehmer zusätzliche zum Höchstbetrag aus dem Sozialplan weitere 26.600 Euro aus der Betriebsvereinbarung zur Klageverzichtsprämie zu.

VAA-Praxistipp:
Mit seinem Urteil hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben, nach der es unzulässig war, einem „an sich“ für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen zum Nachteil der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer Mittel zu entziehen und funktionswidrig im Bereinigungsinteresse des Arbeitgebers für Klageverzichtsprämien einzusetzen.