New Work: Crowdworking und Crowdsourcing

Die Klasse der Masse

Von Axel Ditteney-Botzen und Simone Leuschner

„New Work“ – nicht erst seit Beginn der Coronapandemie ändert sich die Art und Weise, wie Menschen arbeiten, massiv. Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen und ganzen Tätigkeiten, ja Berufen, macht viele Veränderungen möglich und nötig. Das wirkt sich aus auf Beschäftigte, Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt – auch auf die Mitglieder im VAA. Deshalb wird das VAA Magazin in einer zweiteiligen Spezial-Serie die verschiedenen Entwicklungen sowie die Chancen und Risiken von New Work näher beleuchten. Vorhang auf für den ersten Teil: Crowdworking.

Im Hauptberuf bin ich Projektmanager im Supply-Chain-Management von Covestro, auf meiner elektronischen Visitenkarte – der E-Mail-Signatur, denn die aus Papier brauche ich nicht mehr – heißt mein Arbeitsgebiet „Digital Solutions Management“. Im Unternehmen – dazu gehört auch das Vorgängerunternehmen Bayer, aus dem Covestro vor einigen Jahren ausgegründet wurde – bin ich seit fast 31 Jahren und mit meinem Werdegang zufrieden. Was die Stationen und Entwicklungen, aber auch was die Bezahlung betrifft. Trotzdem schreibe ich in meiner oft knappen Freizeit nebenberuflich zusätzlich noch Artikel fürs VAA Magazin. Immer mehr Menschen in Deutschland machen das, übernehmen Auftragsarbeiten ohne feste vertragliche Bindung und oft nebenbei, so wie es zeitlich passt und Spaß macht. „Crowdworking“ oder „Crowdsourcing“ heißt das. 

Der Begriff wurde im Jahr 2006 durch den amerikanischen Journalisten Jeff Howe geprägt. Meist suchen Unternehmen auf Onlineplattformen in der dort versammelten „Crowd“ nach den passenden Partnern für ihre Aufgaben und vergeben Aufträge an sie. Die Plattformen erhalten in der Regel eine Provision für diesen Service. In meinem Fall war das allerdings einfacher: Eine Hospitanz in der Redaktion des VAA Magazins vor ein paar Jahren wurde für mich zur „Visitenkarte“; das Engagement kam dann ganz traditionell und analog zustande.

Im VAA sind auch Mitglieder, die bei ihren Arbeitgebern in Teilzeit beschäftigt oder vielleicht hin und wieder nicht ausgelastet sind – und wie ich Freude daran haben, nebenbei noch, ganz selbstbestimmt, etwas anderes zu machen. Mindestens sie sollten jetzt noch nicht umblättern, sondern weiterlesen. Genauso diejenigen unter ihnen, die das Potenzial von Crowdworking für eine erfolgreichere Produktinnovation nutzen könnten.

Crowdworker übernehmen beispielsweise den Auftrag, für Marktstudien Fotos von Werbeplakaten zu machen oder Preise im Geschäft oder auf Onlineshoppingportalen zu vergleichen, wie ich, Texte zu schreiben oder Interviews niederzuschreiben, für Unternehmen Umfragen zu beantworten – ich habe ja eh seit jeher bezweifelt, dass dies zum Beispiel die Marketingfachleute oder Einkaufsleiter immer selbst machen, bei der Flut an Umfragen und Abfragen – oder Apps, Software oder Websites testen. Viele Unternehmen wissen diese Bereitschaft und Flexibilität inzwischen für sich zu nutzen.

Größere Projekte können von den Anbietern in viele kleine Teilaufgaben, „Gigs“ genannt, zerlegt werden. Der Begriff Gig stammt aus der Musikbranche: So werden kurze bezahlte Auftritte einer Band genannt. In der „Gig Economy“ sind damit befristete Aufträge gemeint. Die „Künstler“ können sich ihre Gigs aussuchen und im besten Fall die Konditionen und ihren Lohn verhandeln. Auch langfristigere Kooperationen zwischen Unternehmen und Crowd- oder Clickworkern – letztere arbeiten ausschließlich vom PC aus und nicht in the field – sind möglich und üblich.

Eine Erhebung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hat ergeben, dass 2018 in Deutschland rund drei Millionen Personen als Crowdworker tätig waren. Während der Coronakrise soll die Nachfrage nach Crowdsourcingaufträgen um etwa 40 Prozent gestiegen sein. Ein häufiger Grund ist der Jobverlust als Folge der weltweiten Auswirkungen der Pandemie auf Volkswirtschaften und Unternehmen. Crowd- oder Clickworker sind oft jung, alleinstehend, männlich und gut ausgebildet. Ein Drittel von ihnen arbeitete mehr als 30 Stunden pro Woche. Der Crowdworking-Monitor (CWM), ein Verbundprojekt der Hochschule Rhein-Waal und des Onlineerhebungsinstituts Civey, zeigt zudem an, dass 40 Prozent der befragten aktiven Crowdworker Verdienste über 1.000 Euro pro Woche erzielen.

Hört sich erst einmal lukrativ an, oder? Allerdings: Crowdworker müssen ihre Tätigkeit grundsätzlich anmelden und werden dann als Selbstständige behandelt, müssen ihr Einkommen also ordnungsgemäß versteuern, sich privat krankenversichern und sollten für schlechte Zeiten und das Rentenalter vorsorgen. Und: Wer seinen Haupterwerb mit Crowdworking bestreiten möchte, muss bestimmte aufgabenspezifische Erfahrungen und Kenntnisse mitbringen, um an die begehrten „Makrojobs“ zu kommen. Mit „Mikrojobs“ hingegen wird man sich, das haben meine Recherchen ergeben, kaum „über Wasser halten“ können. Denn die werden pauschal pro Auftrag und, wenn man die Arbeit nicht im Akkord erledigen kann, im Schnitt auch unter Mindestlohnniveau bezahlt. Also eher etwas als Nebenerwerb zum „Lückenfüllen im Auftragsbuch“ oder um sich beim Start in die freiberufliche Tätigkeit einen Namen zu machen und Kontakte zu knüpfen.

„Co-Creation“ und „Open Innovation“ durch Crowdworking

Die „Klasse der Masse“ ermöglicht nicht nur die Abgabe „billiger“ Marktforschungs- oder Schreibarbeiten an Crowd- und Clickworker. Unternehmen können auch die vielfältigen Erfahrungen und die kreativen Potenziale ihrer freien Zuarbeiterinnen und Zuarbeiter „anzapfen“. Innerhalb der eigenen Mauern ist die Innovationsfähigkeit begrenzt – vor allem wenn die Unternehmensorganisation und die Arbeitsumgebung sie nicht fördern. Auf diese Aspekte wird das VAA Magazin im zweiten New-Work-Spezial im August 2022 eingehen. So viel sei gesagt: Es gibt durchaus berechtigte Zweifel, dass ausgerechnet eine starre Linienorganisation und die Arbeit am angestammten, eigenen Schreibtisch Innovation im Unternehmen fördern …

„Unsere Vision: Wir verändern die Welt der Arbeit, damit Mitarbeitende überall ihr volles Potenzial entfalten können.“

Caro Windlin, Geschäftsführerin von 1.000 Satellites, einem Spin-out der BASF, das Co-Working-Spaces in der Metropolregion Rhein-Neckar anbietet.

Open-Innovation-Projekte dagegen schaffen Aufmerksamkeit vonseiten potenzieller Kunden. Dabei beträgt die Aufmerksamkeitsspanne nicht nur wenige Sekunden wie bei traditioneller Werbung: Die involvierten Crowdworker beschäftigen sich intensiv mit der Marke, einem Produkt, einer Dienstleistung oder einem Geschäftsmodell. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies einen positiven Effekt auf künftige Kaufentscheidungen hat, ist vermutlich groß. Und: Gelingt es einem Unternehmen, im Rahmen seines Crowdsourcingprojekts, mit seiner Innovation zu begeistern, können aus Teilnehmern schnell Markenbotschafter werden.

Kundenbewertungen auf Plattformen wie Amazon, Ebay oder Tripadvisor einzustellen, zählt im weitesten Sinne ebenfalls zu Crowdworking. Für die Händler oder Anbieter kann „Crowdrating“ die eigene Sichtbarkeit und Reichweite verbessern. Hierbei geht es jedoch nicht darum, falsche Bewertungen zu kaufen, sondern über die schiere Menge der Bewertungen das Angebot attraktiv und ausgewogen zu bewerben und eine Kaufentscheidung zu triggern.

Kehrseite der Medaille: Planlosigkeit, Widerstand und Ausbeutung

Bevor Innovationsprojekte „crowdgesourct“ werden können, muss beim Auftraggeber Klarheit über Ziele und Erwartungen bestehen. Keine noch so qualifizierte Crowd kann gute Arbeit abliefern, wenn das Unternehmen unklare oder unvollständige Aufgaben stellt. Nach Erledigung muss die Qualität der abgelieferten Arbeit überprüft werden, damit die Ergebnisse bei der Erreichung der Ziele helfen. Die Herausforderung besteht somit darin, die Crowdworker trotz eines sorgfältigen Qualitätsmanagements nicht in ihrer Freiheit und Kreativität zu beschneiden.

Um die Gefahr von Widerstand aus den eigenen Entwicklungsbereichen zu minimieren, sollten diese so stark wie möglich in Open-Innovation-Projekte eingebunden werden. Schließlich sind die eigenen Technologien und Geschäftsmodelle, das Know-how insgesamt, traditionell vertraulich und höchst schützenswert. Daher ist die Angst groß, durch eine Öffnung zu Kunden, Lieferanten oder Konkurrenten Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Blockaden mit der Begründung „Not invented here!“ bergen ein erhebliches Risiko des Scheiterns. Es braucht also einigen Mut, Veränderungsmanagement und klare Regeln, um mit ausgewählten Innovationsprojekten „nach draußen“ zu gehen. Professionelles Projektmanagement und die Konzentration auf „echte“ Innovationsprojekte sind ein „Muss“, um Imageschäden zu vermeiden.

Gilt Arbeitnehmerschutz auch in der Crowd?

Gewerkschaften warnen, dass durch Crowdsourcing arbeitsrechtliche Standards und Schutzmechanismen für Arbeitnehmer umgangen werden können. Das Risiko der unfairen Behandlung in der Gig Economy sollte nicht heruntergespielt werden. Global agierende Plattformen bewegen sich in rechtlichen Grauzonen. Denn welche Arbeitnehmerschutzregeln gelten beispielsweise für ein deutsches Unternehmen, das Aufträge an Crowdworker aus unterschiedlichen Ländern vergibt? Das Risiko der Ausbeutung und auch Selbstausbeutung steigt, wenn Arbeitnehmer sich preislich gegenseitig unterbieten, um Aufträge zu ergattern und Crowdworking nicht nur eine Nebentätigkeit, sondern Existenzgrundlage ist. Es gibt also einiges zu bedenken – sowohl für die Unternehmer als auch die Crowdworker.

Feedback aus der Crowd: Die Leserinnen und Leser sind am Zug!

Schreiben Sie uns und lassen Sie uns wissen, ob Sie bereits als Crowdworker arbeiten oder gearbeitet haben und welche Erfahrungen Sie dabei gemacht haben! Diejenigen unter Ihnen, die Crowd- oder Clickworkingaufträge bereits ausgeschrieben haben oder das vielleicht vorhaben: Was erwarten Sie sich oder welche Bedenken halten Sie noch davon ab? Als Autor freue ich mich gemeinsam mit der Redaktion über jeden Leserbrief – ob schriftlich oder elektronisch an redaktion@remove-this.vaa.de. Bleiben Sie mit uns im Gespräch!

In der Rubrik Branche hier im VAA Magazin wird das New-Work-Thema mit einem Bericht zum gemeinsamen Kolloquium von DECHEMA und VAA fortgesetzt.

Einsatzmöglichkeiten für Crowdworking – Interview mit Anna Hupe

Einsatzmöglichkeiten für Crowdworking – Interview mit Anna Hupe

Anna Hupe ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Forschungsgruppenleiter Dr. Ulrich Bretschneider im Team des Fachgebietes Wirtschaftsinformatik an der Universität Kassel.

VAA Magazin: Wie sehen mögliche Einsatzgebiete für deutsche Unternehmen aus, Crowdworking zu nutzen? Welches könnte ein Beispiel für die Chemie- und Pharmabranche sein? 

Hupe: Crowdworking hat viele Einsatzgebiete. Das reicht von dem Einkaufen spezieller Fähigkeiten, die für ein Projekt benötigt werden, über das Abfedern von Auftragsfluktuationen bis hin zu dem Unterstützen von Tätigkeiten, in denen das Unternehmen keine Kompetenzen hat. Besonders häufig wird Crowdworking in Bereichen genutzt, die außerhalb des Kernkompetenzbereiches einer Organisation liegen. Das klassische Beispiel ist das Übersetzen einer Gebrauchsanweisung oder eines Beipackzettels. Häufig haben Unternehmen in der Chemie- und Pharmabranche nicht die Kompetenzen, diese ins lettische, finnische oder auch ins Mandarin zu übersetzen. Da wird dann gern Crowdworking eingesetzt. Auch alle weiteren Aufgaben, die außerhalb der Kernkompetenzen von Mitarbeitenden liegen, eignen sich gut, an eine externe Crowd abgegeben zu werden. Somit können Mitarbeitende entlastet werden und sich zu 100 Prozent auf die Aufgaben fokussieren, die besonderen Wert für das Unternehmen darstellen. 

Nutzen eher große oder kleine Unternehmen das Thema Crowdworking, speziell aus welchen Bereichen? 

Bisher wird Crowdworking noch häufig von großen Unternehmen genutzt. Neben dem Einsatz von externem Crowdworking – bestimmte Aufgaben werden an die Crowd über Crowdworking-Plattformen wie zum Beispiel Upwork oder Amazon Mechanical Turk vergeben – eignen sich große Unternehmen auch für internes Crowdworking. Bei dem sogenannten internen Crowdworking werden Aufgaben beispielsweise über das Intranet organisationsübergreifend veröffentlicht. Die Crowd ist in diesem Fall die interne Belegschaft. So haben Mitarbeitende die Möglichkeit, sich neben der ‚herkömmlichen‘ Tätigkeit an weiteren Projekten und Aufgaben zu engagieren. Der Arbeitsvertrag sieht dabei jeweils einen bestimmten Anteil der Arbeitszeit vor, sich für solche Aufgaben und Projekte zu engagieren.  

Aber auch KMU eignen sich für den Einsatz von Crowdworking sehr gut. Schließlich haben sie zum einen weniger komplexe Strukturen als große Unternehmen und zum anderen ist der Einsatz von neuen Technologien und neuen Arten des Arbeitens nötig, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Besonders veraltete Strukturen und Ansichten mögen heute vielleicht noch ausreichen, in Zukunft wird es aber nötig sein, sich umzustellen. Ansonsten wird man nicht mit den Playern mithalten können, die beispielsweise erfolgreich Crowdworking einsetzen. Neben dem Auslagern von Aufgaben, die außerhalb der Kernkompetenzen der Mitarbeitenden liegen, eignet sich Crowdworking auch für das Abfedern von Auftragsfluktuationen. So können je nach Auftragslage zusätzliche Arbeitende flexibel und befristet Aufgaben übernehmen. Das ermöglicht es, die Stammbelegschaft zu erhalten und gleichzeitig die Zukunft und somit auch die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern. Beginnt einmal die Spirale, dass Unternehmen zu hohe Kosten haben und nicht mehr alle Mitarbeitenden halten können, ist das auch nicht im Sinne der Angestellten. Daher ist es in jeder Hinsicht essenziell, sich heute schon auf morgen und die veränderten Markt- und Arbeitsstrukturen von übermorgen vorzubereiten. Den Einsatz von Crowdworking findet man eigentlich in allen Bereichen, es gibt keine Branche, die Crowdworking viel mehr oder weniger nutzt als andere. 

Hilft Crowdworking einem Unternehmen, effizienter oder weniger schnell zu produzieren und so sein Personal flexibler, aber auch kostengünstiger einzuteilen?

Wie schon angedeutet, kann Crowdworking bei sehr hoher Auftragslage helfen, Aufgaben und Projekte pünktlich und verlässlich zu erledigen. Das schafft Zufriedenheit beim Kunden. Dadurch, dass Crowdworker nur für einzelne Aufgaben oder Projekte arbeiten, werden sie auch aufgaben- oder projektspezifisch bezahlt. Das ermöglicht Unternehmen große Flexibilität. Außerdem bietet Crowdworking den Vorteil, beispielsweise einen Entwickler für eine spezielle Aufgabe zu engagieren, den sich ein Unternehmen auf lange Zeit nicht leisten könnte. So können je nach Bedarf Fähigkeiten eingekauft werden. Für Crowdworker hat das Konzept übrigens auch viele Vorteile: Sie arbeiten nur an den Aufträgen, die sie interessant finden. Hinzu kommt, dass Crowdworker entscheiden, wann, wo und wie viel sie arbeiten. Crowdworker haben also eine viel höhere Flexibilität als ‚klassische‘ Arbeitnehmende. Diese Vorteile schätzen sehr viele Crowdworker an dem Konzept. 

Was ist der Vorteil einer internen Crowd? In erster Linie geht es ja um das Zusammentragen und Nutzen von Fachwissen im Unternehmen, aber auch darum, Trends zu erkennen und das Unternehmen dadurch in eine sichere Zukunft zu lenken. Welche Vorteile gibt es noch?

Durch den Einsatz von internem Crowdworking gibt es die Möglichkeit, dass sich Mitarbeitende in mehr als einem Bereich engagieren. So können Kompetenzen, die im Unternehmen existieren, vielfältiger genutzt werden. Beispielsweise kann die Steuerfachkraft, die sich in der Freizeit gern mit Grafikdesign auseinandersetzt, Aufgaben übernehmen, die sich genau darum drehen. Und das, obwohl die Person darin keinerlei Ausbildung oder ähnliches hat. Hinzu kommt, dass bei abteilungs-, niederlassungs- und organisationsübergreifender Zusammenarbeit an Aufgaben und Projekten Netzwerke aufgebaut werden können, Methoden anderer Kollegen erlernt werden können und so Arbeit abwechslungsreicher gestaltet werden kann. Je mehr Spaß und Faszination eine Aufgabe Mitarbeitenden bietet, desto motivierter und besser wird diese dann logischerweise ausgeführt. 

Wie verändert sich die Arbeitsorganisation innerhalb einer Firma durch internes Crowdworking? 

Für Arbeitnehmende kann internes Crowdworking vor allem interessant sein, da man an komplett anderen Themen arbeitet als an den alltäglichen Aufgaben. Hinzu kommt, dass man sein Netzwerk im Unternehmen ausbauen kann und motivierter und besser wird, diese Aufgaben auszuführen. Ein weiterer Vorteil des internen Crowdworkings ist es, dass man den eigenen Arbeitgeber von vielen Seiten kennenlernt, das Netzwerk aufbauen und aus der Komfortzone herauskommen kann sowie neue Methoden erlernen und gegebenenfalls anwenden kann.

Für Arbeitgeber ist internes Crowdworking interessant, da Kompetenzen, die im Unternehmen und innerhalb der Belegschaft existieren, vielfältiger genutzt werden können. Hinzu kommt, dass durch die erhöhte Motivation und das erhöhte Mitspracherecht, welche Aufgaben man ausführen möchte, die Einsatzbereitschaft der einzelnen Mitarbeitenden häufig steigt. Eine motivierte Belegschaft liefert natürlich auch bessere Ergebnisse. 

Für das Unternehmen ergeben sich folgende Vorteile: Durch ein Konzept wie das interne Crowdworking können traditionelle Hierarchien und organisationale Einheiten verschwimmen, werden teilweise sogar aufgebrochen. Es entstehen Netzwerkstrukturen und flachere Hierarchien. Das führt in erster Linie dazu, dass die Arbeitsweisen wesentlich agiler werden und auch auf Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel die Digitale Transformation oder COVID-19, viel agiler, flexibler und schneller reagiert und angepasst werden kann. Das verhilft auch, Kompetenzen der Mitarbeitenden in den Vordergrund zu stellen und nicht nur die jeweilige Hierarchiestufe. 

Wie bei der Einführung jedes neuen Konzeptes, ist es auch beim internen Crowdworking essenziell, die Mitarbeitenden an diese neue Art des Arbeitens heranzuführen. Das mag am Anfang – wie bei der Einführung neuer Technologien, neuer Konzepte et cetera – Mehraufwand mit sich bringen, der sich langfristig auf jeden Fall auszahlt und bewährt. Gerade, wenn man Mitarbeitenden klarmachen kann, dass man externes Crowdworking als Unterstützung und Entlastung der Aufgaben nutzen kann, die zeitaufwendig und unbeliebt sind, kann Crowdworking auch in der Belegschaft gut vermittelt werden. 

Genau dasselbe gilt für internes Crowdworking. Auch hier ist es essenziell, die Vorteile des neuen Konzeptes für die Mitarbeitenden herauszustellen. Schließlich tragen beide Konzepte dazu bei, dass Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig sind und bleiben.

Zahlen und Fakten

6,1 Prozent

der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe haben 2020 Crowdworking eingesetzt, heißt es in einem ZEW Expert Brief des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. In der IT-Branche waren es 8,2 Prozent. Der Begriff Crowdworking bezeichnet dem ZEW zufolge die Nutzung von Onlineplattformen für die Vergabe interner Projekte an externe Arbeitskräfte. Laut der Crowdsourcing-Plattform Clickworker wird mit dem Begriff Schwarmintelligenz im Crowdsourcing das Phänomen umschrieben, dass bei der Zusammenarbeit von vielen Einzelpersonen an einer Aufgabe die Ergebnisse oft besser sind als bei einzeln arbeitenden Personen.

Im Jahr 2005

wurde das Portal Clickworker unter dem Namen „humangrid“ ins Leben gerufen. Der damalige Gründer des Portals Dr. Alexander Linden – selbst Informatiker und Forscher – hatte ein Vorbild: das Projekt NASA Clickworkers aus dem Jahr 2000, zu dem zahlreiche nichtwissenschaftliche Internetnutzer freiwillig Fotoaufnahmen auswerten sollten. Ihre Aufgabe: das Umranden von Kratern auf der Marsoberfläche per einfachem Mausklick zur Identifizierung und Klassifizierung. Heutzutage zählt Clickworker mehr als 3,6 Millionen Freelancer in über 136 Ländern in Europa, Amerika und Asien. Der zunehmende Fokus beim Einsatz der Crowd liegt im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI).

Über 100

Arbeitsplätze an zehn verschiedenen Standorten an Pendlerorten rund um Ludwigshafen stehen für alle Beschäftigten der BASF in den Co-Working-Spaces der 1.000 Satellites GmbH seit Beginn 2022 bereit. Mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Chemiekonzerns nutzen bereits die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zwischen Homeoffice, Unternehmen und dezentralem Co-Working-Space flexibel aufzuteilen, sich mit Beschäftigten anderer Abteilungen und Firmen neu zu vernetzen und Pendelzeit gegen produktive Arbeitszeit einzutauschen. 1.000 Satellites ist ein Spin-out der BASF und wurde von Caro Windlin, Markus Hummelsberger und Gregory von Abendroth gegründet. Sie sind überzeugt davon, dass eine Veränderung in der klassischen Arbeitswelt notwendig sei, damit alle überall ihr volles Potenzial entfalten können.

400 Vorschläge

hat der Flugzeughersteller Airbus nach einer offiziellen Ausschreibung zur Cargo Drone Challenge im Jahr 2016 erhalten. Über 53 Länder beteiligten sich daran, neue Ansätze für die Nutzung einer kommerziellen Drohne zu entwickeln. Am Ende konnten fünf Gewinnerkonzepte dem Unternehmen wertvolle Konzepte liefern, die mit 100.000 US-Dollar prämiert wurden – so konnte die Crowd zum Teil der Forschungs- und Entwicklungsabteilung werden. Als „erfolgreiches Anwendungsbeispiel für externes Crowdsourcing“ bezeichnet dieses Projekt eine 2020 veröffentlichte Studie „Die Interne Crowd“ der Hans-Böckler-Stiftung.

17.500 Fotos

sind im Rahmen eines Projekts des Portals Clickworker zur Künstlichen Intelligenz (KI) entstanden: jeweils zehn pro ausgewähltem Clickworker aus 14 Ländern, vertikal im JPG- oder PNG-Format in 640 mal 480 Pixeln aufgelöst. Im Projekt wurde eine Software zur Gesichtserkennung geprüft und optimiert. Der Auftraggeber benötigte KI-Trainingsdaten für eine Datensammlung vieler Fotos von Menschen mit verschiedener Herkunft für eine interne Software.