Interview mit Samantha Cristoforetti
Über die Bedeutung der MINT-Fächer
Ohne Zweifel ist Samantha Cristoforetti eine Frau der Superlative und Premieren: Mit ihr wurde im Jahr 2022 erstmals eine Europäerin Kommandantin der Internationalen Raumstation ISS. Sie war die erste italienische Frau im Weltraum. Keine andere Frau aus Europa war länger ununterbrochenen im Weltraum unterwegs – 199 Tage und 16 Stunden. Außerdem ist Cristoforetti überzeugte Europäerin. Es sei „typisch europäisch“, immer zu vermitteln. Sie nahm mehrmals am Austauschprogramm „Erasmus+“ teil und studierte an der Technischen Universität in München, in Frankreich und Italien. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Nähe des Europäischen Astronautenzentrums (EAC) in Köln. Schon seit vielen Jahren setzt sie sich dafür ein, bei Mädchen und Frauen Begeisterung für die Raumfahrt und die MINT-Fächer zu wecken. Grund genug für den VAA, sie für das kommende Jahrbuch zu befragen, wie die Begeisterung für MINT-Fächer bei jungen Menschen gefördert werden kann.
VAA: Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach die MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, für die Zukunft?
Cristoforetti: Die MINT-Fächer sind von entscheidender Bedeutung für unsere Zukunft. Als Astronautin habe ich hautnah erlebt, wie Technologie und Wissenschaft unser Leben im Weltraum verbessern. Aber auch auf der Erde sind MINT-Kenntnisse unverzichtbar. Sie ermöglichen Innovationen, Fortschritt und Lösungen für globale Herausforderungen.
Wie können wir die Begeisterung für MINT-Fächer, insbesondere Chemie, bei jungen Menschen fördern?
Ich glaube, es gibt mehrere Ansätze, um MINT-Fächer populärer zu machen. Frühzeitige Neugierde wecken: Wir sollten bereits in der Grundschule das Interesse der Kinder an Wissenschaft und Technik wecken. Experimente, praktische Anwendungen und spannende Geschichten können helfen, die Neugierde zu fördern.
Vielfältige Vorbilder: Mädchen und Jungen brauchen Vorbilder, die ihnen zeigen, dass MINT-Fächer für alle Geschlechter gleichermaßen interessant sind. Ich selbst versuche, als Astronautin und Raumfahrerin ein solches Vorbild zu sein.
Praxisbezug betonen: MINT-Fächer sind nicht nur Theorie. Wir sollten den praktischen Nutzen hervorheben – sei es in der Chemie, der Physik oder der Informatik. Experimente, Laborbesuche und Projekte können das Verständnis vertiefen.
Wie können wir insbesondere Mädchen für MINT-Fächer begeistern?
Ich glaube, wir müssen früh damit beginnen, Stereotype zu überwinden und zu zeigen, dass MINT nicht nur für Jungs ist. Ich habe selbst eine Weltraum-Barbiepuppe namens „Samantha“ mit ins All genommen, um Mädchen zu inspirieren.
Wie können wir die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Universitäten, Unternehmen und der Gesellschaft stärken, um MINT-Fächer zu fördern?
Gemeinsam sind wir stärker! Hier sind einige Ideen. Partnerschaften schaffen: Schulen und Universitäten sollten mit Unternehmen, Forschungseinrichtungen und gemeinnützigen Organisationen zusammenarbeiten. Praktika, Mentoring-Programme und gemeinsame Projekte können den Austausch fördern.
Öffentliche Veranstaltungen: Wir sollten regelmäßig Veranstaltungen organisieren, bei denen Expertinnen und Experten aus der MINT-Branche ihr Wissen teilen. Das kann Vorträge, Workshops oder Science-Festivals umfassen.
Medien nutzen: Filme, Dokumentationen, Podcasts und Bücher können das Interesse an MINT-Fächern wecken. Wir sollten diese Medien gezielt einsetzen, um die Begeisterung zu fördern.
Welche Botschaft möchten Sie an junge Menschen weitergeben, die sich für MINT interessieren?
Ich möchte ihnen sagen: Habt keine Angst vor Herausforderungen! MINT-Fächer können anspruchsvoll sein, aber sie bieten auch unglaubliche Möglichkeiten. Seid neugierig, lernt ständig dazu und arbeitet zusammen. Gemeinsam können wir die Welt verändern – sei es auf der Erde oder im Weltraum.
Dieses Interview ist ein Auszug aus dem neuen VAA-Jahrbuch, das Ende Oktober erscheinen und auf der VAA-Jahreskonferenz am 9. November 2024 in Düsseldorf vorgestellt wird.
Kooperation zur Karriereberatung
Keine Perspektive außer Acht lassen
Im Rahmen des Projekts „VAA next“ hat die VAA-Arbeitsgruppe „Beratung+“ die Kooperationen im Bereich der Karriereberatung analysiert und neu aufgestellt. Darüber ist bereits in der Augustausgabe des VAA Magazins berichtet worden. Nun stellt der langjährige VAA-Kooperationspartner Stefan Müller von „stefan müller personalperspektiven“ (smpp) im Interview den Mehrwert und die Vorteile vor, die VAA-Mitglieder durch eine Zusammenarbeit mit den Karriereexperten von smpp erhalten.
VAA Magazin: Seit vielen Jahren besteht die Zusammenarbeit zwischen dem VAA und ihrem Unternehmen, der stefan müller personalperspektiven GmbH. Was genau macht diese Kooperation für VAA-Mitglieder so wertvoll?
Müller: Nachdem es bereits vorher Kontakte gab, startete unsere Kooperation offiziell im Jahr 2001. Seitdem ist eine intensive Verbindung zur chemisch-pharmazeutischen Industrie entstanden, zu der die VAA-Werksgruppen einen sehr wesentlichen Beitrag geleistet haben. Mit dem fundierten Verständnis der Branche, den Berufsbildern und Tätigkeitsfeldern und unserer rund 30-jährigen Erfahrung können wir die spezifischen Situationen und Anliegen eines jeden Mitglieds kompetent und individuell begleiten.
Welche konkreten Leistungen und Pakete stehen den Mitgliedern durch diese Partnerschaft zur Verfügung?
Wir bieten eine große Bandbreite von Beratungen und Coachings an, die wir dem einzelnen Mitglied jeweils anhand der Ausgangslage vorstellen und dann das passende Programm vereinbaren. Aus diesem Grund bieten wir jedem Mitglied zunächst ohne Kosten und Verpflichtung ein bis zu zweistündiges Vorgespräch an. Daraus lässt sich ableiten, ob es sich zum Beispiel um ein begrenztes aktuelles Thema, eine berufliche und persönliche Standortbestimmung oder eine komplexe, intensive berufliche Neuorientierung handelt. Die Leistungspakete richten sich also nach dem jeweiligen Anliegen.
Lassen Sie uns über die Kosten sprechen: Mit welchen Ausgaben müssen VAA-Mitglieder für Ihre Dienstleistungen rechnen? Werden zusätzliche Vergünstigungen angeboten?
Die Nettohonorare für alle Programme und Leistungspakete reduzieren wir für die Mitglieder um 20 Prozent. Und wir definieren alle Vereinbarungen immer so, dass die laufende schriftliche und mündliche Kommunikation zwischen den Sitzungen im Honorar enthalten ist. Auf unserer VAA-Landingpage zeigen wir beispielhaft drei Programme, die eine Orientierung hinsichtlich der Honorare geben.
Könnten Sie die zentralen Elemente Ihrer Karriereberatung an einem Beispiel erläutern? Was sind die wesentlichen Bausteine, die in jedem Beratungsprozess berücksichtigt werden sollten?
Schon das Wort „Karriere“ wird oft einseitig verstanden. Basis jeglicher Zusammenarbeit ist immer eine sehr genaue gemeinsame Analyse der bisherigen Entwicklung bis heute, der aktuellen Situation, der Persönlichkeit mit allen Gaben, Fähigkeiten und Eigenschaften, der Lebensphase und der nächsten Ziele. Eine solche berufliche und gegebenenfalls persönliche Standortbestimmung schafft die Basis für eine Zusammenarbeit, die auf Standardratschläge verzichtet und den ganzen Menschen aufnimmt.
Die nächsten Schritte können dann sehr unterschiedlich sein. Ein Coaching in der Optimierung des Führungsverhaltens, der Kommunikation oder Selbstdarstellung, im Umgang mit Konflikten oder auch einmal mit Ängsten kann ebenso Teil der Inhalte sein wie eine Beratung für den nächsten beruflichen Entwicklungsschritt, eine selbst gewünschte oder vom Arbeitgeber angestoßene berufliche Neuorientierung oder ein systematisch vorbereiteter Übergang in die dritte Lebensarbeitszeit.
Welche Qualifikationen und Erfahrungen bringen Sie und Ihre Teammitglieder in die persönliche Beratung ein?
Wir haben die sehr konsequent gelebte Regel, dass alle Mitglieder unseres Teams über langjährige Erfahrung in der freien Wirtschaft und über spezifische Führungserfahrung verfügen müssen. Konkret bringen derzeit alle in unserem Team fundierte Industriekompetenz mit allen Erlebnissen des Führens und Geführtwerdens mit. Dazu kommt der Anspruch, sich jedes Jahr als Coach und Berater weiterzubilden und Supervision in Anspruch zu nehmen, um aus der Selbstreflexion heraus neutral, respektvoll und individuell zu begleiten. Alle Erstgespräche werden zudem immer von den Beratern geführt.
Zurzeit sind viele Beschäftigte in der Chemiebranche von Umstrukturierungen betroffen. Wie unterstützen Sie solche Fach- und Führungskräfte dabei, sich auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren?
Hier ist besonders wichtig, die Möglichkeiten des jeweiligen Arbeitsmarktes zu kennen und einschätzen zu können, ob mit dem derzeitigen Berufsbild aus der bisherigen Umgebung eine ähnliche oder weitergehende Perspektive besteht oder möglicherweise das „Neue“ an der Neuorientierung dazu führt, die übertragbaren Fähigkeiten für andere Berufsbilder und Arbeitsformen in den Vordergrund zu stellen. Und dann kommt es auf einen gemeinsamen Weg durch Höhen und Tiefen an, bei dem wir auf Wunsch so lange zur Verfügung stehen, bis ein neues Ziel erreicht und stabilisiert ist. Unser großer Vorteil ist, dass wir in vielen Unternehmen die Personal- und Organisationsentwicklung begleiten. Dadurch sind wir mittendrin im strukturellen und organisatorischen Wandel und immer auf der Höhe der Zeit, egal ob es zum Beispiel um agile Arbeitsformen oder den Einsatz von KI geht.
Ob Berufseinsteiger oder junge Führungskräfte: Die Generation Z scheint anders zu ticken als ihre Vorgängergenerationen. Wie nehmen Sie den Wandel wahr und lohnt sich eine externe Karriereberatung auch für Individualisten? Wie sieht es konkret mit Berufseinsteigern aus?
Wir erleben schon seit einigen Jahren, dass von uns einmal beratene Eltern ihre inzwischen erwachsen gewordenen Kinder für eine berufliche Beratung zu uns empfehlen. Werden wir dann mit dem „Phänomen“ der Generation Z konfrontiert? Manchmal ja. Aber statt in die pauschale Kiste zu greifen oder dieser Generation heimlich Vorwürfe zu machen, sollte man sich die Vorgeschichte genauer anschauen, an der nicht zuletzt die Elterngenerationen beteiligt sind. Manche, zum Beispiel wirtschaftliche, Motivatoren existieren nicht mehr, weil sie quasi „erledigt“ sind, und manche Bilder der Eltern waren vielleicht nicht geeignet, diesem Vorbild nachzueifern. Also sollte eine Beratung dieser Generation mit der nötigen Offenheit für Bedürfnisse und Grenzen erfolgen, die mit dem beruflichen Ein- und Aufstieg der vorherigen Generationen nicht zu vergleichen sind.
Was macht Ihrer Einschätzung nach eine erfolgreiche Karriereberatung heute eigentlich aus?
Mit Sicherheit nicht, dass sie vor allem schnell erledigt sein und typischen Formen einer Kaminkarriere gehorchen sollte, sondern dass eine Balance aller Lebensbereiche entsteht, die am Ende zu einer dauerhaften Motivation, einer möglichst stabilen Gesundheit und zu einer Verbindung von Lebens- und Arbeitsfreude führt, also „Work“ und „Life“ nicht mehr polarisiert, sondern integriert. Wenn wir dann den weiteren Weg lange begleiten dürfen und immer wieder einbezogen werden, freut uns das ganz besonders.
Wozu raten Sie Beschäftigten in der Industrie, wenn es darum geht, berufliche Netzwerke in der modernen Arbeitswelt aufzubauen und zu pflegen? Welche Rolle können Sie als Karriereberater dabei spielen?
Ich stelle immer noch recht häufig fest, dass Führungs- und Fachkräfte die sozialen Medien kritisch beäugen, nicht wirklich nützen oder sogar ablehnen. Tatsache ist aber, dass vor allem LinkedIn zu einem sehr präsenten, aktiven Medium der Vernetzung und auch der Bewerbung geworden ist. Allerdings reicht das oft nicht, um wirklich in Kontakt zu kommen. Es ist also nach wie vor notwendig, persönlich zu erscheinen, sei es in den VAA-Werksgruppen und anderen Veranstaltungen, sei es in Arbeitskreisen, sei es in ehrenamtlichen Aktivitäten. Und was noch mehr fordert: Es ist ja schön, mit einer wichtigen Persönlichkeit vernetzt zu sein, wenn danach aber nichts mehr passiert und das Ganze keine Kontinuität gewinnt, wird es schnell zur Fassade. Wir geben dazu sehr gern Tipps und helfen ganz konkret, das eigene Profil aufzubauen und einheitlich darzustellen, warnen allerdings vor der Erwartung, dass ein Netzwerk die berufliche Veränderung von allein erledigt.
Menschen in verschiedenen Lebensphasen unterscheiden sich in ihren Zielen und Vorstellungen. Welche Empfehlungen haben Sie für Berufstätige in unterschiedlichen Karrierephasen?
In der Tat durchlaufen wir alle die verschiedenen Lebensphasen – und es ist klug, sie anzunehmen und nicht abzuwehren. Diese Lebensphasen beeinflussen selbstverständlich auch die Karrierephasen. Ein Beispiel: Der VAA hat einmal eine Studie in Auftrag gegeben, dass viele so etwas wie eine „50er-Krise“ durchleben, die mit einem beruflichen Motivationsknick einhergeht. Aus dieser Krise kann man aber gestärkt und mit neuer Souveränität für viele weitere Berufsjahre hervorgehen.
Eine Lebens- und Karrierephase ist aber nicht nur an das Lebensalter gebunden: Die äußeren Umstände, physische und psychische Begrenzungen, familiäre und finanzielle Herausforderungen zwingen bisweilen dazu, anders vorzugehen, als es das Lebensalter nahelegen würde. Deshalb betrachten wir diese Rahmenbedingungen mit der Bereitschaft zur Öffnung dafür sehr genau.
Es ergibt auch hier keinen Sinn, pauschale Empfehlungen zu geben, wobei ein harter beruflicher Bruch am Ende der betrieblichen Karriere selten guttut. Es lohnt sich in jeder Lebensphase, die geistigen und körperlichen Möglichkeiten zu nützen, um präsent zu bleiben und Erfolgserlebnisse zu erfahren, sich aber auch kontinuierlich der Selbstreflexion zu stellen, um sich als Persönlichkeit, Führungs- und Fachkraft weiterzuentwickeln. Ein stabiler Selbstwert macht schließlich ein Stück unabhängiger vom Urteil anderer und lässt den Respekt vor den eigenen Möglichkeiten und Grenzen zu.
Im Rahmen der Karriereentwicklung kooperiert der VAA mit verschiedenen Partnern zu unterschiedlichen Themen. Exklusive Angebote zur Karriereberatung erhalten VAA-Mitglieder auch bei von Rundstedt & Partner.