BAG: Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten bei Überstundenzuschlägen unzulässig

08.01.2025 Kategorie:  Urteile und Recht

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Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, ist unwirksam. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Auf das Arbeitsverhältnis einer in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmerin fand aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Manteltarifvertrag Anwendung. Dieser sah vor, dass für Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet wurden und nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden konnten, ein Vergütungszuschlag in Höhe von 30 Prozent zu zahlen oder eine entsprechende Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorzunehmen war. Das Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin wies Ende März 2018 ein Arbeitszeitguthaben in Höhe von mehr als 129 Stunden aus, ihr Arbeitgeber zahlte jedoch weder einen Überstundenzuschlag aus noch wurde eine Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorgenommen.

Die Arbeitnehmerin klagte auf die Gewährung der Zeitgutschrift, weil sie aus ihrer Sicht durch die Regelung des Manteltarifvertrags als Teilzeitbeschäftigte unzulässig gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten benachteiligt wurde. Zudem lag aus ihrer Sicht eine mittelbare Benachteiligung wegen ihres Geschlechts vor, weil das Unternehmen überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigte. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht entschied dagegen im Sinne der Arbeitnehmerin.

Kürzlich hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Sichtweise der Arbeitnehmerin bestätigt (Urteil vom 5. Dezember 2024, Aktenzeichen: 8 AZR 370/20). Unter Bezugnahme auf eine entsprechende Entscheidung des vom BAG angerufenen Europäischen Gerichtshofes (EuGH) entschieden die Erfurter Arbeitsrichter, dass die Regelung des Manteltarifvertrages unwirksam ist. Sie verstoße gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten, weil darin keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorgesehen ist und dafür aus Sicht des BAG kein sachlicher Grund erkennbar ist. Die Unwirksamkeit der Klausel führt zu einem Anspruch der Arbeitnehmerin auf eine entsprechende Zeitgutschrift. Da die Teilzeitbeschäftigten im Unternehmen zu mehr als 90 Prozent Frauen waren, sah das BAG zudem eine mittelbare Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts als gegeben an und sprach der Arbeitnehmerin eine Entschädigung zu. 

VAA-Praxistipp

Das Urteil des BAG verdeutlicht, dass Arbeitgeber bei der Behandlung verschiedener Beschäftigtengruppen sehr genau darauf achten müssen, keine Gruppe ohne sachlichen Grund durch Regelungen zu benachteiligen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Dezemberausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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