BAG: Zielvereinbarung darf nicht einseitig vorgegeben werden

06.12.2024 Kategorie:  Urteile und Recht

Foto: Tobias Arhelger – Shutterstock

Haben sich Arbeitgeber vertraglich verpflichtet, mit Beschäftigten für eine Zielperiode Ziele zu vereinbaren, an deren Erreichen eine Tantieme- oder Bonuszahlung geknüpft ist, müssen sie Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung führen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Zudem müsssen die betroffenen Beschäftigten die Möglichkeit haben, auf die Festlegung der Ziele Einfluss zu nehmen. Im konkreten Fall war im Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers geregelt, dass er eine Tantieme erhalten sollte, für deren Höhe mit dem Arbeitgeber vereinbarte Ziele maßgeblich sein sollten. Im Juni 2020 forderte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber auf, in Verhandlungen über die Zielvereinbarung für das Kalenderjahr 2020 einzutreten. Am 5. August bat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Fristsetzung bis zum 7. August erfolglos um den Vorschlag einer Zielvereinbarung. Am 13. August übermittelte der Arbeitgeber dann einen Vorschlag mit der Bitte um Rückmeldung, die der Arbeitnehmer mit einem Gegenvorschlag beantwortete. Den Gegenvorschlag lehnte der Arbeitgeber Ende August mit der Begründung ab, dieser sei nicht auf das Erreichen besonderer Ziele gerichtet, sondern auf eine zusätzliche Vergütung der regulären Arbeitsleistung. Zudem fehle es an der gebotenen Anreizwirkung, da der Vorschlag des Arbeitnehmers zum Teil vergangenheitsbezogen sei. Der Arbeitgeber machte deshalb von einer Regelung im Arbeitsvertrag Gebrauch, wonach er die Ziele nach billigem Ermessen vorgeben konnte, wenn sie nicht zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber vereinbart wurden.

Nachdem die Tantieme am Jahresende nicht gezahlt wurde, verlangte der Arbeitnehmer vor Gericht Schadensersatz vom Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass eine Regelung, wonach der Arbeitgeber Ziele einseitig vorgeben kann, wenn sie nicht zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber vereinbart werden, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist (Urteil vom 3. Juli 2024, Aktenzeichen: 10 AZR 171/23). Der Arbeitgeber hätte also mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung führen müssen. Um diese Pflicht zu erfüllen, hätte er dem Arbeitnehmer laut BAG ermöglichen müssen, auf die Festlegung der Ziele Einfluss zu nehmen. Er hätte die vorgeschlagene Zielvereinbarung also ernsthaft zur Disposition stellen und dem Arbeitnehmer Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumen müssen.

Die Darlegungs- und Nachweislast, dass er das getan und das Scheitern der Verhandlungen über eine Zielvereinbarung nicht zu vertreten hat, trägt dabei der Arbeitgeber. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber aus Sicht des BAG keine ausreichenden Bemühungen um eine einvernehmliche Festlegung der Ziele unternommen und ist aufgrund dieser Pflichtverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. 

VAA-Praxistipp

Mit seinem Urteil hat das BAG die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Zielvereinbarungen gestärkt. Wenn Unternehmen nicht belegen können, dass sie den Beschäftigten eine wirksame und transparente Möglichkeit zur Einflussnahme auf die vereinbarten Ziele gegeben haben, können sie zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Novemberausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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