Headsetsystem als Überwachungseinrichtung? Gesamtbetriebsrat bestimmt mit!

24.01.2025 Kategorie:  Urteile und Recht

Foto: Bojan Milinkov – Shutterstock

Ein Headsetsystem, das es den Vorgesetzten ermöglicht, die Kommunikation unter Beschäftigten mitzuhören, ist im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes eine technische Einrichtung, die zur Arbeitnehmerüberwachung bestimmt ist. Seine Einführung und Nutzung unterliegt der betrieblichen Mitbestimmung.

Die Mitbestimmungspflicht gilt auch dann, wenn die Gespräche nicht aufgezeichnet oder gespeichert werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Im konkreten Fall hatte ein Konzern 2018 mit seinem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen, um Headsets für die Beschäftigte zur internen Kommunikation in den Filialen des Unternehmens einzuführen. Das Headsetsystem wurde über ein Internetportal von der zentralen IT-Abteilung des Konzerns in Dublin verwaltet und kam seit 2021 zum Einsatz. Die einzelnen Headsetgeräte wurden dabei keinem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet, sondern täglich nach dem Zufallsprinzip aus dem Gerätepool entnommen und nach Arbeitsende dorthin zurückgelegt. Es wird weder durch das System selbst noch außerhalb von ihm überprüft oder aufgezeichnet, welcher Arbeitnehmer wann welches Gerät genutzt hat. Auch eine Aufzeichnung von Sprachsignalen oder Geräuschen durch das System ist technisch nicht möglich. Für die Führungskräfte, in dem Fall Manager und Supervisoren, und jeweils einen Arbeitnehmer in bestimmten Bereichen bestand eine Nutzungsverpflichtung, ansonsten verwendeten die Beschäftigten das System auf freiwilliger Basis.

Der Betriebsrat einer Filiale des Unternehmens war der Ansicht, die Nutzung der Headsets unterliege seiner Mitbestimmung und klagte vor dem Arbeitsgericht. Das Headsetsystem sei eine technische Einrichtung, die zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung der Beschäftigten geeignet sei. Da die Kommunikation nicht in andere Betriebe übertragen werde, sei der Filialbetriebsrat und nicht der Gesamtbetriebsrat für die Angelegenheit zuständig. Sowohl das Arbeitsgericht als auch Landesarbeitsgericht wiesen den Antrag des Filialbetriebsrats ab.

Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) lehnte den Antrag des Filialbetriebsrats ab (Urteil vom 16. Juli 2024, Aktenzeichen: 1 ABR 16/23), da das Headsetsystem im gesamten Unternehmen eingeführt wurde und somit sämtliche Betriebe des Unternehmens betraf. Es wurde zudem einheitlich von der IT-Zentrale verwaltet, weshalb aus Sicht des BAG ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche Regelung bestand. Somit stand dem Gesamtbetriebsrat das Mitbestimmungsrecht zu. 

Das BAG stellt in seinem Urteil ausdrücklich klar, dass die Einführung und Anwendung des Headsetsystems der betrieblichen Mitbestimmung unterlag. Es sei eine technische Einrichtung, die aufgrund ihrer Nutzungsmöglichkeiten dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung von Beschäftigten zu überwachen, weil die in der Filiale tätigen Führungskräfte damit die Kommunikation der anderen Arbeitnehmer, die ebenfalls ein Headset verwenden, jederzeit mithören konnten.

VAA-Praxistipp

Das Urteil des BAG zeigt, dass es bei der Frage, ob eine technische Einrichtung zur Überwachung der Beschäftigten bestimmt ist, nicht allein auf technische Aspekte wie etwa eine fehlende Aufzeichnung von Gesprächen über ein Headsetsystem ankommt. Im vorliegenden Fall sah das BAG die Überwachung bereits dadurch als gegeben an, dass Führungskräfte die Gespräche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über das System mithören konnten.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Januarausgabe 2025 veröffentlicht worden.

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