Fach- und Führungskräfte Chemie – News http://www.vaa.de Aktuelle Nachrichten für Fach- und Führungskräfte aus der Chemie de VAA Wed, 20 Nov 2024 20:35:12 +0100 Wed, 20 Nov 2024 20:35:12 +0100 TYPO3 EXT:news news-500 Wed, 13 Nov 2024 06:00:00 +0100 Wie vertragen sich Datenschutz und KI im Arbeitsrecht? https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=500&cHash=4b743c4ea11fd5d2df381342ddc3a54d Im deutschen Arbeitsrecht spielt Datenschutz eine entscheidende Rolle. Angesichts der fortschreitenden Technologisierung und der damit verbundenen Erhebung von Beschäftigtendaten wird auch das Thema KI immer relevanter. Die aktuellen Entwicklungen erläutert VAA-Jurist Christian Lange. Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten am Arbeitsplatz werfen zahlreiche rechtliche und praktische Fragen auf. In den letzten Jahren hat die Rechtsprechung einige interessante Entscheidungen getroffen, die zumindest in der ein oder anderen Konstellation für Klarheit sorgen. Gleichzeitig kommen neue datenschutzrechtliche Herausforderungen aufgrund der Nutzung von KI-Tools hinzu, betont der Datenschutzbeauftragte des VAA im Interview mit dem VAA Magazin.

VAA Magazin: Seit mittlerweile über sechs Jahren ist die DSGVO in Kraft. Was hat sich seitdem verändert?

Lange: Informationen und Transparenz bei der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten haben deutlich zugenommen. Es gibt kaum noch einen neuen Anstellungsvertrag, bei dem der Arbeitgeber nicht in einem mehrseitigen Anhang über die Nutzung von Arbeitnehmerdaten aufklärt. Umgekehrt werden die Arbeitnehmer selbst umfassend auf das Datengeheimnis verpflichtet. 

Was genau haben Beschäftigte zu beachten?

Das Wichtigste ist zunächst, dass ein Bewusstsein für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten geschaffen wird. Der Grundsatz, nämlich nur die Daten zu nutzen, die für die jeweiligen Zwecke benötigt werden, steht dabei im Vordergrund. Aber auch Hinweise, unter welchen Voraussetzungen Daten an Dritte weitergegeben werden dürfen und inwiefern Verschlüsselungen und Passwortschutz umzusetzen sind, gehören dazu.

Welche Anforderungen stellt die Rechtsprechung?

Datenschutz war bereits vor dem Inkrafttreten der DSGVO Gegenstand von vielen Urteilen.  Eine der wichtigsten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts stammt aus dem Jahr 2017. Hierbei hat sich das oberste Arbeitsgericht umfassend mit der Frage beschäftigt, inwiefern die heimliche Überwachung von Arbeitnehmern durch eine Software zulässig ist. Die beklagte Arbeitgeberin teilte ihren Arbeitnehmern mit, dass der gesamte Internet-Traffic sowie die Benutzung ihrer Systeme mitgeloggt werden. Dabei wurde jede Eingabe auf der Tastatur aufgezeichnet und in regelmäßigen Abständen Bildschirmfotos angefertigt. Letztlich eine Totalüberwachung.

Die nicht wirksam ist?

Richtig. Im Ergebnis durfte die Auswertung nicht für eine Kündigung genutzt werden. Obwohl der Arbeitgeber bei der Auswertung durch die Software feststellte, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit für seine eigenen Zwecke ein Computerspiel programmiert hatte und für das Logistikunternehmen seines Vaters fleißig E-Mails schrieb. Da die Auswertung nicht herangezogen werden durfte, blieb unklar, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine privaten Tätigkeiten ausübte und ob dies – wie er behauptete – hauptsächlich während der Pausenzeiten geschah. Die Kündigung wurde in allen Instanzen für unwirksam erklärt.

Somit bestehen wenig Chancen für Arbeitgeber, derart krasse Verletzungen der Arbeitspflicht aufzuklären.

Problematisch war in dem beschriebenen Fall die anlasslose Totalüberwachung. Eine Überwachung von Arbeitnehmern ist nur unter strengen Voraussetzungen und in klar definierten Ausnahmefällen zulässig. Das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ist dabei jeweils zu beachten. Ausnahmefälle sind anlassbezogene und zeitlich sehr begrenzte Überwachungen. Dennoch gilt folgender Grundsatz des Bundesarbeitsgerichts: Datenschutz ist nicht gleich Tatenschutz. Die Möglichkeit, in einem eng begrenzten Rahmen eine etwaige Straftat oder einen gravierenden Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers aufzuklären oder nachzuweisen, muss gegeben sein. Wie so oft wird es bei der rechtlichen Bewertung derartiger Konstellationen auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommen.

Darf der Arbeitgeber in die dienstlichen E-Mail-Accounts seiner Beschäftigten schauen?

Wenn die Beschäftigten den dienstlichen E-Mail-Account auch privat nutzen dürfen, führt dies zu rechtlichen Herausforderungen. Nach überwiegender Rechtsauffassung gilt dann zugunsten der Arbeitnehmer das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis. Konkret bedeutet dies, dass Arbeitgeber weder private noch betriebliche E-Mails lesen dürfen. Ausnahmen können nur gemacht werden, wenn ein konkreter Verdacht auf Vertragsverletzung oder strafbare Handlungen besteht.

Also sollte privat und geschäftlich klar vom Arbeitgeber getrennt werden?

Ja, bei einer rein betrieblichen Nutzung des E-Mai-Accounts hat der Arbeitgeber ein eingeschränktes Einsichtsrecht. Voraussetzung dafür ist, dass betriebliche Umstände dies erforderlich machen. Typische Beispiele sind ein Ausfall des Arbeitnehmers aufgrund Krankheit oder eine Urlaubsabwesenheit. Damit die betrieblichen Abläufe in gewohnter Form weiterlaufen können, müssen die E-Mails abwesender Arbeitnehmer in diesen Konstellationen auch von anderen Mitarbeitern bearbeitet werden können.

Außerdem ist es dem Arbeitgeber gestattet, stichprobenhaft auf betriebliche E-Mail-Konten zuzugreifen, um Kontrollmaßnahmen vornehmen zu können. Hier gelten aber zwei grundlegende Prinzipien aus dem Datenschutz, nämlich Transparenz und Verhältnismäßigkeit. Der Arbeitnehmer muss vorher wissen, dass Überwachungsmaßnahmen stattfinden und in welchem Umfang sie erfolgen. Eine systematische und lückenlose Überwachung ist nicht erlaubt. Der Arbeitgeber muss immer prüfen, ob er im Sinne der Verhältnismäßigkeit nicht auf mildere Art und Weise Kontrollmaßnahmen durchführen kann.

Wie sieht es mit dem Einsatz von KI im Arbeitsrecht aus? Welche Regeln sind hier zu beachten?

Zum 1. August 2024 ist die neue KI-Verordnung auf EU-Ebene in Kraft getreten. Die Verordnung zielt darauf ab, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu regulieren und sicherzustellen, dass KI-Systeme transparent und ethisch eingesetzt werden. Es wird eine Kategorisierung verschiedener Risikostufen vorgenommen. Ein etwaiges Risiko bei der Nutzung von KI ist abzuschätzen. Dazu gehören beispielsweise Kategorien mit unvertretbarem Risiko und hohem Risiko.

Gibt es hierfür konkrete Beispiele?

Bezogen auf das Arbeitsverhältnis wäre es unvertretbar und damit nicht zulässig, wenn durch den Einsatz von KI Grundrechte verletzt werden. Das Persönlichkeitsrecht spielt dabei eine große Rolle. Ein Arbeitgeber darf durch eine KI beispielsweise nicht die Emotionen der Arbeitnehmer auswerten. Hohe Risiken ergeben sich beim Einsatz von KI zur automatisierten Bewertung der Leistung von Beschäftigten. Die Bewertungen könnten aufgrund fehlerhafter Daten oder algorithmischer Verzerrungen ungerecht sein. Die KI-Verordnung der EU stellt daher verschiedene Anforderungen an die Nutzung von Hochrisikosystemen. Hierzu gehört zum Beispiel, dass die Nutzung von natürlichen Personen beaufsichtigt werden kann, die auch entsprechend geschult sind. Beim Einsatz von KI ist zudem wichtig, dass Arbeitnehmer ein Recht darauf haben, dass Entscheidungen, die durch eine KI getroffen werden, erläutert werden.

Wie ist es umgekehrt: Dürfen Arbeitnehmer zum Beispiel das Tool ChatGPT einsetzen?

Eine wegweisende Rechtsprechung ist noch nicht vorhanden. Zunächst sollten Beschäftigte die internen Richtlinien ihres Unternehmens zur Nutzung von Software und Tools überprüfen. Viele Unternehmen haben spezifische Regelungen, die den Einsatz von externen Anwendungen oder Diensten regeln, insbesondere wenn es um den Umgang mit sensiblen Daten geht. Wenn die Nutzung erlaubt ist, kommt wieder das Thema Datenschutz ins Spiel. Personenbezogene Daten, aber auch vertrauliche Informationen sollten nicht eingegeben werden.

Bei allem gilt: Die von der KI gelieferten Ergebnisse sind kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls durch eigene Recherchen zu verifizieren. Der Fall eines amerikanischen Anwalts, der für die Erstellung eines Schriftsatzes an das Gericht umfassend auf ChatGPT zurückgriff, ging durch die Presse. Die im Schriftsatz enthaltene und zitierte Rechtsprechung existierte de facto nicht. Offensichtlich griff das genutzte Tool auf erfundene gerichtliche Entscheidungen zurück und täuschte damit den Nutzer.

Hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte, wenn es um den Einsatz von KI geht?

ChatGPT und KI unterliegen aus verschiedenen Gründen der Mitbestimmung. Zwar hat das Arbeitsgericht Hamburg vor Kurzem entschieden, dass in einer bestimmten Konstellation kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bestehe. Aber Vorsicht: Nur aufgrund der speziellen Konstellation in diesem Fall, bei dem ChatGPT nicht auf den Dienstrechnern installiert und ausschließlich die privaten Accounts der Arbeitnehmer genutzt wurden, sah das Gericht kein Mitbestimmungsrecht. Sofern aber ein firmeneigenes KI-Tool genutzt wird, dürfte das Mitbestimmungsrecht zumindest deshalb vorliegen, weil es sich um eine technische Einrichtung handelt. Bei diesen Fragestellungen hat der Betriebsrat ein klares Mitbestimmungsrecht.

Gegebenenfalls könnte auch die Leistung oder das Verhalten der Arbeitnehmer durch die KI erfasst werden, je nach Anwendung. Für diese Konstellation besteht ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht. Das Thema KI wurde nunmehr auch ins Betriebsverfassungsrecht aufgenommen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Einführung von KI rechtzeitig zu unterrichten.

Was gilt für den Sprecherausschuss?

Der Sprecherausschuss hat die Persönlichkeitsrechte der leitenden Angestellten zu schützen und zu fördern. Unabhängig von dieser im Sprecherausschussgesetz enthaltenen Regelung ergibt es Sinn, wenn die leitenden Angestellten bestens über die Einsatzmöglichkeiten von KI informiert sind und die angebotenen Tools sinnvoll nutzen können.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Oktoberausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-507 Mon, 11 Nov 2024 10:00:00 +0100 VAA-Jahreskonferenz in Düsseldorf: Bühne frei für neuen Markenauftritt! https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=507&cHash=ecb18cf278f74f3ccb0c12d14f02e709 Anfang November 2024 hat der VAA mit dem Ausrollen seines neuen Markenauftritts begonnen. Ein neues Logo, eine neue Imagebroschüre und ein neuer Imageflyer wurden frisch veröffentlicht – der Relaunch der Website folgt 2025. Als Startschuss für die Markenerneuerung des VAA als Vertretung der Fach- und Führungskräfte in Chemie und Pharma diente die VAA-Jahreskonferenz am 9. November 2024 in Düsseldorf. „Attraktives Markenbild“, „frisch“ und „modern“ – so lauteten die Bewertungen der etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den VAA-Communitys in zahlreichen Unternehmen der Chemie- und Pharmaindustrie. „Die vielen positiven Rückmeldungen machen uns Mut, mit vollem Elan weiterzumachen“, zieht VAA-Hauptgeschäftsführer Stephan Gilow ein erstes Resümee der Konferenz. „Wir halten unsere rund 30.000 Mitglieder weiter auf dem Laufenden. Seien Sie gespannt!“

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Der Verband Interessenvertretung
news-506 Fri, 08 Nov 2024 20:00:00 +0100 Wissenschaft und Industrie besser vernetzen: VAA Stiftung kürt neue Exzellenzpreisträger https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=506&cHash=863bd908690ba7127c0d0b4a889fe78d Mit seiner VAA Stiftung fördert der VAA wissenschaftliche Forschung in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen. Auf der VAA-Jahreskonferenz Anfang November 2024 in Düsseldorf wurden Dr. Joscha Hoche, Dr. Stefan Oswald und Dr. Marius Schöttle zu den Preisträgern gekürt. Jedes Jahr zeichnet die VAA Stiftung junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für hervorragende Forschungsarbeiten in den Bereichen Chemie, Pharmazie und Verfahrenstechnik aus. „Wir fördern junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Brücken bauen zwischen der akademischen Forschung und der Industrie“, so der Vorsitzende des Kuratoriums der VAA Stiftung Dr. Thomas Fischer bei der Preisverleihung am 8. November 2024. Dabei setze man ganz bewusst auf Projekte mit einem praktischen Bezug. „Denn wenn Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten, lassen sich die Herausforderungen der Zukunft besser meistern.“ Der Exzellenzpreis der VAA Stiftung sei ein Beitrag, den Blick in die Zukunft zu fördern, betont der VAA-Ehrenvorsitzende. „Unsere diesjährigen Preisträger zeigen uns, was möglich ist. Sie tragen mit ihren Arbeiten dazu bei, die Wirtschaft und die Gesellschaft zum Positiven zu verändern.“

Den jeweils mit 5.000 Euro dotierten Exzellenzpreis haben drei Preisträger erhalten: Dr. Joscha Hoche für seine Promotion bei Prof. Roland Mitric an der Julius-Maximilans-Universität Würzburg zum Thema „The life of an exciton: From ultrafast nonradiative relaxation to high quantum yield fluorescence“, Dr. Stefan Oswald für seine Promotion bei Prof. Hubert A. Gasteiger an der Technischen Universität München zum Thema „Elucidating the Degradation Mechanisms of Nickel-Rich Layered Oxide Cathodes for Lithium-Ion Batteries“ sowie Dr. Marius Schöttle für seine Promotion bei Prof. Markus Retsch an der Universität Bayreuth zum Thema „Functional Photonic Gradients in Colloidal Assemblies“.

Die Jury besteht aus den Mitgliedern des Stiftungskuratoriums: Prof. Sabine Beuermann, Professorin für Technische Chemie an der TU Clausthal, Prof. Stefan Buchholz, Leiter der strategischen Forschungs- und Entwicklungseinheit Creavis Technologies & Innovation bei Evonik und Honorarprofessor an der Universität Stuttgart, Prof. Ralf Dohrn, leitender Angestellter bei der Bayer Technology Services GmbH und Honorarprofessor an der TU Hamburg, Dr. Thomas Fischer, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums und Ehrenvorsitzender des VAA, Prof. Andreas Jupke, Leiter des Lehrstuhls für Fluidverfahrenstechnik an der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen, Prof. Wolfram Koch, ehemaliger Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker, sowie Prof. Thomas Martin, leitender Angestellter bei der Dottikon ES AG und Honorarprofessor an der Universität Konstanz.

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Pressemitteilungen Studium
news-505 Mon, 28 Oct 2024 06:00:00 +0100 BAG: Zustellung durch Post zu postüblichen Zeiten ist anzunehmen https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=505&cHash=4a4ca21a02ef427679ca2121e4a6612f Wenn Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe in einen Hausbriefkasten legen, ist grundsätzlich anzunehmen, dass dies zu den postüblichen Zustellzeiten geschieht. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Ein Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis einer Mitarbeiterin mit Kündigungsschreiben vom 28. September 2021 zum 31. Dezember 2021 gekündigt. Ein Mitarbeiter der Deutschen Post AG warf das Kündigungsschreiben am 30. September 2021 in den Hausbriefkasten der Arbeitnehmerin ein. Der Arbeitgeber konnte beweisen, wann er das Kündigungsschreiben erstellt, ausgedruckt, kuvertiert und als Einwurf-Einschreiben zur Post gegeben hat.

Die Arbeitnehmerin bestritt jedoch, dass der Einwurf des Kündigungsschreibens zu den üblichen Postzustellungszeiten erfolgt war. Sie vertrat deshalb den Standpunkt, dass mit einer Entnahme am selben Tag nicht zu rechnen gewesen sei. Folglich sei der Zugang der Kündigung erst am 1. Oktober 2021 erfolgt, mit der Folge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst am 31. März 2022. Vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht scheiterte die Mitarbeiterin mit einer entsprechenden Klage. 

Diese Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun bestätigt (Urteil vom 20. Juni 2024, Aktenzeichen: 2 AZR 213/23). Die Bundesrichter folgten der Auffassung des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts. Demnach spricht bei der Übersendung eines Schriftstücks per Einwurf-Einschreiben sowie gleichzeitiger Vorlage des Einlieferungsbelegs und der Reproduktion des ordnungsgemäß unterzeichneten Auslieferungsbelegs ein Beweis des ersten Anscheins für den Zugang dieses Schriftstücks beim Empfänger. Die Arbeitnehmerin hätte diesen Anscheinsbeweis erschüttern müssen, indem sie atypische Umstände darlegt, die einen anderen Ablauf des Geschehens nahelegen. Das hat die Arbeitnehmerin im vorliegenden Fall nicht getan, womit die Kündigung als zugestellt gilt und das Arbeitsverhältnis wirksam zum 31. Dezember 2021 beendet wurde. 

VAA-Praxistipp

Das Urteil des BAG verdeutlicht: Auch und gerade im Arbeitsrecht kommt es darauf an, den Zugang fristgebundener Willenserklärungen wie eines Kündigungsschreibens darlegen und nachweisen zu können. Wenn – wie hier durch den Arbeitgeber – ein Einwurf-Einschreiben als Versandweg gewählt wird, ist diese Darlegung durch das Urteil des BAG einfacher geworden. Denn ein Anscheinsbeweis kann für den Zugang zu den üblichen Zustellzeiten der Post am selben Tag sprechen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Oktoberausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-501 Wed, 16 Oct 2024 06:00:00 +0200 Desksharing und Clean-Desk: Aspekte können mitbestimmungspflichtig sein https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=501&cHash=bbed63e4810ff02c4d7f59693ef4893e Führt ein Unternehmen Arbeitsplatzkonzepte wie Desksharing und Clean-Desk ein, können bestimmte Teile dieser Konzepte dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegen. Das hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden. Ein Arbeitgeber wollte in seinem Betrieb ohne Mitbestimmung des Betriebsrats ein Arbeitsplatzkonzept einführen, das die Ablösung der bis dahin in Großraumbüros fest zugeordneten Arbeitsplätze durch Desksharing und eine Clean-Desk-Policy vorsah. Der Betriebsrat sah sein Mitbestimmungsrecht verletzt und verlangte vor dem Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Verhandlung über die Einführung des Arbeitsplatzkonzeptes. Das Arbeitsgericht wies den Antrag des Betriebsrats allerdings zurück, da es sich bei den geplanten Maßnahmen nicht um mitbestimmungspflichtige Regelungen des Ordnungsverhaltens, sondern um Regelungen des Arbeitsverhaltens handele. Die geplanten Anweisungen zur Arbeitsplatzsuche zu Arbeitsbeginn und das Aufräumen des Arbeitsplatzes nach Arbeitsende seien als Teil der Arbeitsleistung und damit als Arbeitsverhalten anzusehen.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) hat diese Entscheidung teilweise korrigiert (Urteil vom 6. August 2024, Aktenzeichen: 21 TaBV 7/24). Das LAG bestätigte zwar, dass die Einführung von Desksharing und einer Clean-Desk-Policy nicht als Ganzes mitbestimmungspflichtig seien. Das gelte auch für das Verbot, persönliche Gegenstände auf Schreibtischen oder im Arbeitsbereich zu belassen, welches das Arbeitsverhalten betreffe und daher nicht bestimmungspflichtig sei. Anders sah das LAG die Regelung dazu, wo und wie diese persönlichen Gegenstände aufzubewahren seien. Hier könne die Ordnung des Betriebes berührt sein und somit die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrares greifen. Auch die geplante gleichzeitige Nutzung derselben Fläche sowohl zu Arbeits- als auch zu Pausenzwecken („überlagernde Nutzung“) kann laut LAG die Ordnung des Betriebs betreffen.

So werde beispielsweise ein an sich primär zu Pausenzwecken bereitgestellter Raum wie Küche und Essbereich gleichzeitig auch für das Arbeiten bestimmt und die Arbeitnehmer zum dortigen spontanen Arbeiten ermuntert. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dadurch das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Arbeitnehmer berührt werde, etwa wenn zum Beispiel Arbeitnehmer den Pausenraum zu Erholungszwecken aufsuchen und sich in ihrem Pausenverhalten die Nutzung zu Arbeitszwecken anpassen müssten. Das LAG setzte deshalb eine Einigungsstelle nur zu diesen Regelungsgegenständen ein. Sie soll prüfen, ob tatsächlich Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen und wie diese konkret auszugestalten sind. Für die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem gesamten Arbeitsplatzkonzept gibt laut LAG hingegen keine Rechtsgrundlage. 

VAA-Praxistipp

Immer wieder kommt es vor den Arbeitsgerichten zu Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten über die Frage, ob durch bestimmte Maßnahmen die Ordnung im Betrieb geregelt wird und sie somit mitbestimmungspflichtig sind oder ob sie allein das Arbeitsverhalten regeln und somit nicht der Mitbestimmung unterfallen. Das LAG Baden-Württemberg hat nun entschieden, dass die Einführung von Arbeitsplatzkonzepten wie Desksharing und Clean-Desk Regelungen beinhalten kann, die mitbestimmungspflichtig sind. Das gilt insbesondere für Regelungen zur Lagerung privater Gegenstände und zur überlagernden Nutzung von Betriebsflächen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Septemberausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-504 Wed, 09 Oct 2024 13:00:00 +0200 Mindestjahresbezüge für akademisch gebildete Beschäftigte in der Chemie steigen https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=504&cHash=6fc1d63744ca74eb281fafa11f52c00a Der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und der VAA haben die in der Branche geltenden Mindestjahresbezüge für akademisch gebildete naturwissenschaftliche und technische Angestellte für das Jahr 2024 ausgehandelt. Am 9. Oktober 2024 haben die Tarifverhandlungen zwischen BAVC und VAA stattgefunden. Der entsprechende Tarifvertrag wurde in Köln abgeschlossen. Für das Jahr 2024 betragen die tariflichen Mindestjahresbezüge im zweiten Beschäftigungsjahr demnach

  • für diplomierte Angestellte und Angestellte mit Masterabschluss 74.050 Euro,

  • für Angestellte mit Promotion 86.075 Euro.

Anhebung entsprechend allgemeinem Tarifbereich

Die Erhöhung folgt dem Ende Juni 2024 im allgemeinen Tarifbereich vereinbarten Chemietarifabschluss unter Berücksichtigung des Charakters kalenderjährlich gezahlter Mindestjahresbezüge. Für das erste Jahr der Beschäftigung können die Bezüge wie bisher zwischen Arbeitgeber und Angestellten frei vereinbart werden.

Im Frühsommer nächsten Jahres werden die tariflichen Mindestjahresbezüge für 2025 festgelegt, wenn mehr Informationen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung vorliegen.

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Interessenvertretung Tarifpolitik
news-503 Tue, 01 Oct 2024 18:40:00 +0200 VAA-connect-Veranstaltung in Münster: Zukunft der Vielfalt https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=503&cHash=3e70f5a13fe24b526c9ef1021e94f4de Wie sieht die Zukunft von Diversity aus und wie lässt sich diese Zukunft gestalten? Antworten darauf gab es Ende September 2024 auf der Veranstaltung des Netzwerks „VAA connect“ bei der BASF Coatings GmbH in Münster. „Wie gestalten wir die Zukunft? Es kommt ganz entscheidend auf Mut und Vielfalt an“, betont VAA-Vorstandsmitglied Dr. Monika Brink. Die Mitinitiatorin des VAA-Frauennetzwerks VAA connect nimmt damit Bezug auf das Motto der VAA-connect-Veranstaltung am 27. September 2024 „The Future of Diversity – Mutig Zukunft Gestalten“. Laut Brink seien wesentliche Meilensteine, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, ein möglichst großes persönliches Netzwerk und vielfältige Karrieremöglichkeiten. Deshalb biete der VAA mit VAA connect eine Plattform für Erfahrungsaustausch und unternehmensübergreifendes Netzwerken. „Auf diesem Wege werden Frauen in ihrer beruflichen Weiterentwicklung unterstützt und der Wissenstransfer ermöglicht.“

Nach der Eröffnung der VAA-connect-Veranstaltung durch Dr. Katharina Fechtner von der VAA-Werksgruppe BASF Coatings hat die Leiterin des Unternehmensbereichs Coatings Dr. Uta Holzenkamp die Keynote gehalten. Unter dem Titel „The Power of Courage“ hat Holzenkamp aus ihrer Erfahrung und ihrem Werdegang berichtet und dabei klargestellt, wie wichtig es sei, im Berufsleben und auf dem Karriereweg den eigenen Weg zu finden. Vor allen Dingen solle man authentisch bleiben und sich nicht immer fragen, was andere von der eigenen Person denken.

Rund 70 Teilnehmerinnen inklusive einiger Teilnehmer haben in Münster Vorträge weiterer hochkarätiger Referentinnen gesehen und gehört: So hat die Zukunftsforscherin und Soziologin Alice Rombach einen Ausblick mit dem Titel „Gemeinsam in diverse Zukünfte: Gender, Generationen und global“ gegeben. Dabei hat sie auch ihre eigene Himalaya-Expedition als Beispiel für Mut in einem besonderen Kontext aufgeführt. Die „Veränderung als Normalzustand“ im Lichte der Transformationsvielfalt war Thema von Prof. Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability. Veränderungen möge kein Mensch, sagte Rump, aber sie seien wichtig, um den eigenen Weg zu finden. Schließlich hat Prof. Sue Rossano-Rivero von der Hochschule Niederrhein über den Neuanfang in Führung, Unternehmertum und Innovation durch Vielfalt referiert.

Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einer Podiumsdiskussion, die für einen lebhaften Austausch sorgte und neue Akzente setzte. „Es war eine sehr gelungene Veranstaltung“, so das Fazit von VAA-Vorstandsmitglied Monika Brink. „Bis zum Schluss waren sowohl die Referentinnen als auch die Teilnehmerinnen im Publikum mit Begeisterung dabei. Ich freue mich bereits auf die nächste VAA-connect-Präsenzveranstaltung im nächsten Jahr bei Evonik.“

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Der Verband Interessenvertretung
news-502 Fri, 27 Sep 2024 06:00:00 +0200 Lohnt sich der Berufseinstieg? Warum Chemie und Pharma Chancen bieten! https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=502&cHash=753a564e29ee9bdee140f67c98c7c55a Zurzeit befindet sich der Industriestandort Deutschland in einer schweren Krise. Schlechte Karriereperspektiven für Absolventinnen und Absolventen? Nein! Die Chancen auf einen erfolgreichen Berufseinstieg in den Chemie- und Pharmaunternehmen stehen immer noch sehr gut, erläutert das VAA Magazin. In der letzten Septemberwoche ist die Herbstausgabe des VAA Magazins als Webmagazin veröffentlicht worden – etwa eine Woche vor Erscheinen des gedruckten Heftes. Was gibt es darin zu lesen? Im Spezial dreht sich alles um den Karrierestart in der Chemie- und Pharmaindustrie. Trotz der Dauerkrise lohnt sich eine differenziertere Betrachtung: Worauf es unter anderem ankommt, sind Engagement und ein gutes Zeitmanagement beim Übergang vom Studium zum Beruf. Gerade für hochqualifizierte junge Menschen mit einem MINT-Abschluss sieht die langfristige Beschäftigungsperspektive nach wie vor sehr gut aus.

Für den VAA ist MINT ein Herzensthema, das auch im Fokus des kommenden VAA-Jahrbuchs stehen wird. In der Rubrik VAA gibt es einen ersten Vorgeschmack auf die Publikation: ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti verrät, wie das Interesse für MINT-Fächer in der jungen Generation gefördert werden kann. Die ehemalige Kommandantin der Internationalen Raumstation ISS setzt sich schon seit vielen Jahren dafür ein, bei Mädchen und Frauen die Begeisterung für die Raumfahrt zu wecken. Des Weiteren spricht Stefan Müller, ein Karriereexperte aus dem umfangreichen Netzwerk der VAA-Kooperationspartner, über sein Angebot für VAA-Mitglieder in allen Fragen rund um die Karriereberatung.

In den ULA Nachrichten berichtet der Deutsche Führungskräfteverband ULA – der politische Dachverband des VAA – über den Umgang mit politischen Diskursen in Unternehmen. Prof. Guido Möllering von der Universität Witten/Herdecke klärt über die richtige Debattenkultur im Büro auf und zeigt, wie man Diskussionen zu heiklen Themen sinnvoll und wertvoll gestalten kann. Passend dazu wird der Politikdiskurs in der beliebten ULA-Artikelserie „Pro und contra“ fortgeführt: Hier nehmen Bernd Reuther von der FDP und Isabel Cademartori von der SPD zum geplanten Aus für den Verbrenner bis 2035 Stellung.

In der Rubrik Recht erläutert VAA-Jurist Christian Lange das Spannungsfeld zwischen Künstlicher Intelligenz und Datenschutz im Arbeitsrecht. Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt sich in diesem Themenkomplex aus: Schließlich ist Lange seit vielen Jahren Datenschutzbeauftragter des VAA. Die traditionelle Urteilsbesprechung beschäftigt sich mit dem Kündigungsschutz in der Schwangerschaft. Hier hat der Europäische Gerichtshof vor einiger Zeit eine wegweisende Entscheidung getroffen.

Um sehr tiefe Löcher geht es diesmal bei den „ChemieGeschichte(n)“ in der Rubrik Vermischtes: Beim Kontinentalen Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland KTB ging es bis vor 30 Jahren hinab bis in eine Tiefe von über neun Kilometern.

Selbstverständlich wird auch diese Ausgabe durch weitere Meldungen und Artikel aus Branche, Verband, Wissenschaft und Service abgerundet.

Neben dem Webmagazin gibt es das VAA Magazin außerdem als interaktives, blätterbares E-Paper und im klassischen PDF-Format. Einfach anklicken und anlesen – die Redaktion wünscht viel Spaß bei der Lektüre!

Wer Feedback geben möchte, gern kritisch und offen, kann dies unter redaktion@vaa.de tun. Über Leserbriefe und Anregungen freut sich die VAA-Redaktion immer.

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Karriere Pressemitteilungen Studium Publikationen
news-499 Tue, 27 Aug 2024 20:15:00 +0200 EuGH stärkt Kündigungsschutz schwangerer Arbeitnehmerinnen https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=499&cHash=64abe46f2bd117e2bb34ac0db9e656d9 Was passiert, wenn einer Arbeitnehmerin gekündigt wird, die zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger ist, aber erst nach Ablauf der dreiwöchigen Kündigungsschutzklagefrist Kenntnis von ihrer Schwangerschaft erlangt? Dazu hat der Europäische Gerichtshof ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Nach deutschem Recht kann die Kündigungsschutzklage in einem solchen Fall nur erhoben werden, wenn die Arbeitnehmerin binnen zwei Wochen einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage stellt. Dieser Regelung steht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) das Europarecht entgegen, weil sie Frauen, die von dieser Konstellation betroffen sind, durch die kürzere Frist benachteiligt.

Einer als Pflegehelferin beschäftigten Arbeitnehmerin wurde im Oktober 2022 durch ihren Arbeitgeber gekündigt. Im November wurde bei ihr eine Schwangerschaft in der siebten Schwangerschaftswoche festgestellt, wovon sie ihren Arbeitgeber umgehend unterrichtete. Im Dezember 2022 reichte sie beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage mit der Begründung ein, dass sie zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger gewesen war. Gemäß dem deutschen Kündigungsschutzgesetz muss eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. Auch die 14-tägige Frist für einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung hatte die Arbeitnehmerin versäumt. Das Arbeitsgericht legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, ob diese Fristen mit dem Europarecht vereinbar sind. 

Der EuGH entschied: Die deutsche Regelung, nach der Schwangere, die von ihrer Schwangerschaft erst nach Ablauf der Frist für eine Kündigungsschutzklage erfahren, diese nur innerhalb einer kurzen Frist von zwei Wochen nachträglich einreichen können, ist nicht dem Europarecht vereinbar (Urteil vom 27. Juni 2024, Aktenzeichen: C-284/23). Aus Sicht des EuGHs erschwert es die Zweiwochenfrist Arbeitnehmerinnen gerade in der besonderen Situation zu Beginn ihrer Schwangerschaft, sich sachgerecht zu der komplexen Rechtslage beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage sowie die eigentliche Klage abzufassen und einzureichen. Das könne eine übermäßige Erschwernis bei einer Ausübung ihrer Rechte für die Arbeitnehmerinnen darstellen. 

VAA-Praxistipp

Der EuGH hat mit seinem Urteil den Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen gestärkt. Das Arbeitsgericht muss nun prüfen, ob die Zweiwochenfrist für den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung im vorliegenden Fall eine übermäßige Erschwernis für die Arbeitnehmerin mit sich gebracht hat. In seinen Entscheidungsgründen hat das oberste europäische Gericht allerdings bereits deutlich gemacht, dass es davon ausgeht. Unklar ist noch, welche Fristen in solchen Fällen künftig zu beachten sind. Möglicherweise kann die allgemeine Dreiwochenfrist für Kündigungsschutzklagen entsprechend angewendet werden.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Augustausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-495 Wed, 21 Aug 2024 06:00:00 +0200 Interview mit VAA-Jurist: Was bietet der VAA-Rechtsschutz? https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=495&cHash=228827cff0c592e223065045da8d1c19 2024 liegen die Fallzahlen beim VAA-Rechtsschutz so hoch wie nie zuvor zu diesem Zeitpunkt im laufenden Jahr. Was genau dürfen die Mitglieder des VAA eigentlich an konkreter Unterstützung erwarten? VAA-Jurist Dr. Torsten Glinke gibt Antworten und erläutert, wie der Juristische Service funktioniert. VAA Magazin: „Juristischer Service des VAA“ – was bedeutet das eigentlich? Was kann ich als Mitglied konkret erwarten, wenn ich ein rechtliches Problem habe?

Glinke: Im Grunde ist die Sache ganz einfach: Unsere Mitglieder können sich in allen arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Fragen vertrauensvoll an die VAA-Juristinnen und -Juristen in der Kölner Geschäftsstelle und dem Berliner Büro des Verbandes wenden. Diese stehen dann sehr zeitnah mit Rat und Tat zur Seite.

Welche Vorteile hat denn der VAA-Rechtsschutz gegenüber einer allgemein üblichen Rechtsschutzversicherung?

Eine ganze Menge. Tatsächlich lässt sich der Rechtsschutz des VAA kaum mit einer Rechtsschutzversicherung vergleichen. Denn der VAA bietet viel, viel mehr.

Was konkret?

Zunächst einmal setzt die Einstandspflicht von Rechtsschutzversicherungen nach deren Bedingungen grundsätzlich erst dann ein, wenn ein sogenannter Rechtsschutzfall vorliegt. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer geltend machen muss, dass der Arbeitgeber gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat, also zum Beispiel eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen, zu wenig Gehalt gezahlt oder Urlaub gewährt oder ein zu schlechtes Zeugnis ausgestellt hat. Tatsächlich beginnen arbeitsrechtliche Themen für Arbeitnehmer aber häufig viel früher.

Inwiefern?

Zum Beispiel bei der Vertragsprüfung, sei es zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder bei Vertragsänderungen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis oder bei der Prüfung von Zeugnissen. Dies zu prüfen und unsere Mitglieder zu beraten, ist ein ganz wesentlicher Teil unserer Leistung. Mit einem Rechtsschutzfall im Sinne der Bedingungen von Rechtsschutzversicherungen hat das aber nichts zu tun. 

Und außerdem?

Häufig sind Arbeitnehmer einfach nur unsicher, ob überhaupt ein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht, zum Beispiel, ob der Bonus in der korrekten Höhe ausgezahlt oder die betriebliche Altersversorgung richtig angepasst wurde. Sie suchen dann in erster Linie Klarheit und gegebenenfalls erst später ihr Recht. Die VAA-Juristen schaffen diese Klarheit. Rechtsschutzversicherungen kommen hierfür in aller Regel nicht auf. 

Sie beschränken sich aber nicht nur darauf, oder?

Selbstverständlich nicht. Natürlich unterstützen wir unsere Mitglieder auch bei der Geltendmachung und Durchsetzung ihrer Ansprüche.

Wie sieht das aus?

Das kommt darauf an: Oft genügt es schon, wenn wir unser Mitglied über seine rechtliche Situation informieren und mit dem Mitglied gemeinsam eine Strategie dazu erarbeiten, wie das Mitglied selbst mit dem Arbeitgeber umgeht. Das führt erstaunlich oft schon zu einer zufriedenstellenden finalen Lösung, selbstverständlich aber nicht immer.

Was dann?

Dann treten wir auf den Plan, meist, indem wir für unser Mitglied die Kommunikation mit dem Arbeitgeber übernehmen. Das beschränkt sich dann nicht nur auf die Geltendmachung von Ansprüchen. Bei Bedarf verhandeln wir auch für das Mitglied mit dem Arbeitgeber.

Und wenn das zu keinem zufriedenstellen Ergebnis führt?

Bleibt immer noch die Klärung beim Arbeitsgericht.

Wie unschön.

Keineswegs! Zum einen ist es doch ein normaler Vorgang, dass zwei Seiten eine rechtliche Frage unterschiedlich beurteilen können. Dies dann sachlich und professionell durch ein Gericht klären zu lassen, ist nichts Ehrenrühriges. Zum anderen besteht ja für unsere Mitglieder kein Kostenrisiko, weil der VAA die Kosten trägt. Außerdem haben die VAA-Juristen kein Interesse daran, die Mitglieder in sinnlose Rechtsstreitigkeiten zu treiben. Sie beraten ohne jedes wirtschaftliche Eigeninteresse, objektiv und ergebnisorientiert.

Was sind denn die am häufigsten wiederkehrenden Themen?

Kündigungsschutzklagen sind natürlich ein großes Thema und für unsere Mitglieder wegen der Tragweite einer Kündigung besonders wichtig. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist für viele Unternehmen der Personalabbau ein häufig gewähltes Mittel zur Kosteneinsparung. Dabei geht es aber nicht nur um betriebsbedingte Kündigungen: Auch verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigungen kommen vor.

Und ansonsten?

Oft geht es einfach auch nur ums Geld, zum Beispiel um zu niedrige Bonuszahlungen, weil der Arbeitgeber meint, die Performance von Mitarbeitern schlecht bewerten zu können. Aktuell befassen wir uns zudem ausgiebig mit dem Abstandsgebot zwischen Tarif- und AT-Vergütung gemäß der einschlägigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland Pfalz aus dem Jahr 2022. Da klagen wir für unsere AT-Mitglieder zum Teil fünfstellige Differenzbeträge ein.

Sie sprachen das Thema „Zeugnis“ an. Wie sieht es damit aus?

Tatsächlich lassen sich Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitarbeitern und Unternehmen häufig nicht ohne uns lösen, weshalb unsere Mitglieder dann unsere Unterstützung suchen. Wenn wir dann für das Mitglied das Unternehmen kontaktieren, geht es oft überraschend konstruktiv weiter.

Warum das?

Mein persönlicher Eindruck ist, dass Zeugniskorrekturen Unternehmen und Vorgesetzten oft lästig sind und der damit verbundene Aufwand gemieden werden  soll. Daher wird häufig gegenüber dem Mitarbeiter gar nicht oder ablehnend reagiert, in der Hoffnung, dass sich das von allein erledigt. Wenn wir dann auf den Plan treten, ändert sich das natürlich. Dann ist klar, dass „Aussitzen“ keine Option mehr ist. 

Sind Klagen dennoch nötig?

Leider ja. Aber auch das ist kein Problem. In meinen bald 18 Jahren beim VAA endete noch jede meiner Zeugnisklagen mit einem Vergleich. Ein Urteil gab es nie.

Wie kann das sein?

Auch das ist eine Frage der Lästigkeit. Spätestens wenn das Unternehmen zum Gütetermin erscheinen muss und klar wird, dass weitere Korrespondenz und weitere Gerichtstermine, eventuell mit der Vernehmung von Mitarbeitern, Kollegen, Vorgesetzten und Geschäftspartnern, erforderlich werden könnten, führen betriebswirtschaftliche Erwägungen auf Arbeitgeberseite dazu, die eigene Position nochmal zu überdenken.

Erfasst der Juristische Service nur das Arbeitsrecht?

Nein, das Sozialrecht ist auch abgedeckt, wenn der Bezug zum Arbeitsrecht gegeben ist.

Haben Sie ein Beispiel?

Wir haben viele Mitglieder in der berufsständischen Altersversorgung, die sich für ihre Tätigkeit von der Rentenversicherungspflicht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund befreien lassen wollen, insbesondere Ärzte und Apotheker. Wenn die Befreiung nicht funktioniert, führen wir dafür dann auch Prozesse bei den Sozialgerichten.

Können Sie zum Schluss noch etwas zu den Kosten sagen? 

Sämtliche außergerichtlichen Tätigkeiten sind über die Mitgliedschaft abgedeckt. Und auch bei Prozessen vor den Sozial- und Arbeitsgerichten trägt der VAA alle Kosten. Es gibt keine Selbstbeteiligung und auch keine anderen versteckten Kosten für unsere Mitglieder. Lediglich bei Streitigkeiten vor den Landgerichten in Fällen von Arbeitnehmererfindungen sind die Kosten gedeckelt. Das kommt aber sehr selten vor und wird dann vorab mit den Betroffenen individuell besprochen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Augustausgabe 2024 veröffentlicht worden.

Auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de stehen für eingeloggte VAA-Mitglieder zahlreiche Infobroschüren zu arbeitsrechtlichen Themen zum Download bereit.

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Urteile und Recht
news-497 Sat, 27 Jul 2024 06:00:00 +0200 Naturwissenschaften hautnah erleben? Ab ins Museum! https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=497&cHash=d6b9ef8259e20d9be47104afacf39b9f In den Sommerferien gibt es viele interessante Freizeitaktivitäten. Wie wäre es beispielsweise mit einem Besuch im Museum? Alt und verstaubt? Mitnichten! Warum sich die Museumswelt in Deutschland lohnt, gerade im Bereich der Naturwissenschaften und Technik, erklärt das VAA Magazin in einem Spezial. Bereits Ende Juli ist die Sommerausgabe des VAA Magazins als Webmagazin veröffentlicht worden – rund eine Woche vor Erscheinen des gedruckten Heftes. Was gibt es in der neuen Ausgabe zu lesen? Im Spezial schildert VAA-Gastautor Joachim Heinz, wie viel sich in der Museumslandschaft geändert hat und welche Rolle die Digitalisierung dabei spielt. Der erfahrene Journalist zeigt auf, wie Kinder und Jugendliche gerade in Museen von heute eine Begeisterung für MINT-Berufe von morgen entfachen können.

In der Rubrik VAA werden die Ergebnisse der diesjährigen Befindlichkeitsumfrage vorgestellt. Hier bewerten Fach- und Führungskräfte aus der Chemie- und Pharmaindustrie ihre eigenen Unternehmen in Bezug auf Personalarbeit, Strategie und Unternehmenskultur. Sowohl in den HR-Abteilungen als auch in den Vorstandsetagen der Branche werden die Ergebnisse der VAA-Umfrage jedes Jahr aufmerksam analysiert. Des Weiteren finden sich in der Rubrik ein Bericht über die Betriebsrätekonferenz in Mainz und ein Interview mit einem Karriereexperten des VAA-Kooperationspartners von Rundstedt & Partner zum Angebot für VAA-Mitglieder in Sachen Karriereberatung.

In den ULA Nachrichten berichtet der Deutsche Führungskräfteverband ULA – der politische Dachverband des VAA – über den 2. Deutschen Führungskräftetag in Berlin, der hochkarätig mit zahlreichen Referentinnen und Referenten aus Wirtschaft und Politik besetzt war. Dazu gehörte auch der Vorstandsvorsitzende von Covestro Dr. Markus Steilemann. Der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) hält in seinem Gastbeitrag ein flammendes Plädoyer für eine echte Reformoffensive im Land.

Lassen sich mit positiver Führung messbare Erfolge erzielen? Diese Frage stellen sich der Wiener Führungsforscher Dr. Markus Ebner und VAA-Vorstandsmitglied Dr. Roland Fornika in der Rubrik Management. So viel vorweg: In der Tat bietet das Positive-Leadership-Prinzip handfeste Vorteile für diejenigen Unternehmen, in denen Führungskräfte sich auch tatsächlich daran orientieren.

In der Rubrik Recht zeigt VAA-Jurist Dr. Torsten Glinke auf, welchen Mehrwert VAA-Mitglieder vom Rechtsschutz und von der Rechtsberatung des Juristischen Service haben. Die Urteilsbesprechung beschäftigt sich diesmal mit der Frage, ob und wann eine Gefälligkeitsleistung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Um einen Filmklassiker mit Bezug zur Chemie geht es in der Rubrik Vermischtes: „Arsen und Spitzenhäubchen“ mag zwar ein alter Schinken sein, aber liefert immer noch guten Stoff für einen Filmabend.

Selbstverständlich wird auch diese Ausgabe durch weitere Meldungen und Artikel aus Branche, Verband, Wissenschaft und Service abgerundet.

Neben dem Webmagazin gibt es das VAA Magazin außerdem als interaktives, blätterbares E-Paper und im klassischen PDF-Format. Einfach anklicken und anlesen – die Redaktion wünscht viel Spaß bei der Lektüre!

Übrigens: Wer Feedback geben möchte, gern kritisch und offen, kann dies unter redaktion@vaa.de tun. Über Leserbriefe und Anregungen freut sich die VAA-Redaktion immer.

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Pressemitteilungen Publikationen
news-498 Thu, 25 Jul 2024 09:29:11 +0200 VAA-Befindlichkeitsumfrage: Stimmung in Chemie und Pharma weiterhin gedämpft https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=498&cHash=fe711356f63ca876d6e312088dd88187 In der Chemie- und Pharmabranche drücken die schwierigen konjunkturellen und industriepolitischen Rahmenbedingungen weiterhin auf die Stimmung der Fach- und Führungskräfte. Das zeigt die diesjährige Befindlichkeitsumfrage des VAA. Die Durchschnittsnote für die Personalpolitik der Unternehmen fällt mit 3,2 nochmals schlechter aus als im Vorjahr (3,0). An der Spitze des Umfragerankings steht in diesem Jahr erstmals der deutsche Zweig des niederländischen Chemieriesen Lyondellbasell, gefolgt vom Mainzer Glaskonzern Schott. Auf den dritten Platz ist das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim vorgerückt. Neben Lyondellbasell konnten auch der in Hanau beheimatete Technologiekonzern Heraeus, der Aromahersteller Symrise und der Spezialchemiekonzern Clariant Plätze im Personalranking gutmachen. 

Deutlich zurückgefallen sind die drei deutschen Chemie- und Pharmakonzerne Bayer (von Platz 9 im Vorjahr auf Platz 18), Evonik (von 11 auf 19) und Lanxess (von 16 auf 20), die nun im letzten Drittel des Rankings platziert sind. Für VAA-Hauptgeschäftsführer Stephan Gilow zeigen sich hier die Auswirkungen der derzeitigen Lage in der Chemie- und Pharmaindustrie: „Das Umfeld unserer Branche ist im Moment sowohl konjunkturell als auch strukturell von großer Unsicherheit geprägt. Gerade die großen Unternehmen reagieren darauf mit zum Teil harten Einschnitten und Umstrukturierungen, was sich natürlich in der Stimmung der Mitarbeiter niederschlägt.“

Am deutlichsten kritisiert wurde über alle teilnehmenden Unternehmen hinweg erneut die Qualität der Personalentwicklung. Hier vergaben die befragten VAA-Mitglieder im Schnitt die Schulnote 4,0. Auch die Karrierechancen (3,9) und die Ehrlichkeit der Zielvereinbarungssysteme (3,7) ruft wie in den Vorjahren deutliche Kritik der Fach- und Führungskräfte hervor. 

Die jährliche VAA-Befindlichkeitsumfrage wurde 2024 zum 23. Mal durchgeführt. Sie ist ein anerkanntes und unabhängiges Barometer für die Stimmung der außertariflichen und leitenden Angestellten in der Branche. An der Befindlichkeitsumfrage von Mitte April bis Mitte Mai beteiligten sich rund 2.700 Personen.

Im in der Augustausgabe des VAA Magazins gibt es weitere Informationen und Grafiken zur aktuellen VAA-Befindlichkeitsumfrage.

Auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de steht die elektronische Langfassung der Broschüre zur VAA-Befindlichkeitsumfrage für eingeloggte VAA-Mitglieder zum Download bereit.

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Interessenvertretung Pressemitteilungen
news-496 Wed, 24 Jul 2024 06:00:00 +0200 Verringerung einer Gesamtzusage: Betriebsrat muss beteiligt werden https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=496&cHash=91940f2a6d99cf508a9880b508af788a Verändert ein Arbeitgeber die Regelungen einer Gesamtzusage, mit der eine Sonderzahlung in Aussicht gestellt wurde, zulasten der Beschäftigten, muss er dabei den Betriebsrat beteiligen. Das hat Bundesarbeitsgericht entschieden. Dafür genügt es nicht, dass der Betriebsrat die Änderung durch das Unternehmen ohne Widerspruch hinnimmt. Im konkreten Ausgangsfall hatte ein nichttarifgebundener Arbeitgeber seinen Beschäftigten im Jahr 2008 im Rahmen einer sogenannten Gesamtzusage ein jährliches Urlaubsgeld zugesagt und in der Folge über mehrere Jahre ausgezahlt. Die genaue Höhe der Zahlung wurde vom Unternehmen jeweils im Auszahlungsjahr auf Grundlage entsprechend kommunizierter „Grundsätze“ festgelegt und unter anderem von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht. Die Leistung wurde durch den Arbeitgeber dabei jeweils als „einmalige, freiwillige und jederzeit widerrufliche soziale Leistung“ bezeichnet, da kein Anspruch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Zukunft begründet werden sollte. 

Im Jahr 2020 teilte der Arbeitgeber mit, dass die Zahlung des Urlaubsgelds für das laufende Jahr mit Blick auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ausgesetzt werde. Drei Arbeitnehmer versuchten dennoch, die Zahlung des Urlaubgelds geltend zu machen, blieben damit aber erfolglos. Daraufhin klagten sie vor dem Arbeitsgericht, da der Arbeitgeber aus ihrer Sicht die geltenden Entlohnungsgrundsätze nicht einseitig ohne Beteilung des 2013 gegründeten Betriebsrats hätte ändern dürfen. Der Arbeitgeber argumentierte hingegen, er habe seine ursprüngliche Gesamtzusage ab dem Jahr 2014 im Hinblick auf den Kreis der Berechtigten geändert und den freiwilligen Charakter des Urlaubsgelds noch deutlicher hervorgehoben. Der Betriebsrat habe dem nicht widersprochen und somit durch schlüssiges Verhalten zugestimmt. Das Arbeitsgericht gab den Klagen der Beschäftigten statt, das Landesarbeitsgericht wies sie in der Berufung allerdings ab.

Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Sinne der Arbeitnehmer entschieden (Urteil vom 21. Februar 2024, Aktenzeichen: 10 AZR 345/22). Das BAG stellte klar, dass sich aus der Gesamtzusage im Jahr 2008 ein Anspruch auf die Zahlung eines Urlaubsgelds ergibt, über dessen Höhe der Arbeitgeber jährlich nach billigem Ermessen zu entscheiden hat. Hätte das Unternehmen die Regelungen zulasten der Arbeitnehmer wirksam ändern wollen, hätte es den Betriebsrat ab seiner Gründung im Jahr 2013 beteiligen müssen. Da dies nicht geschehen war, galt die Gesamtzusage in unveränderter Form fort. Die Reduzierung des Urlaubsgelds auf null entsprach aus Sicht des BAGs dem erforderlichen billigen Ermessen nicht, da der Arbeitgeber dafür keine ausreichenden Argumente vorgetragen hatte. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich bei der wirtschaftlichen Lage um eine Ausnahmesituation mit Ergebnissen außerhalb der normalen Schwankungsbreiten gehandelt hätte. Im Rahmen einer sogenannten Ersatzleistungsbestimmung sprach das BAG den Arbeitnehmern das Urlaubsgeld in voller Höhe zu. 

VAA-Praxistipp

Das BAG hat in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass die bloße Hinnahme eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers durch den Betriebsrat für eine Mitbestimmung nicht ausreicht. Die mitbestimmungswidrigen Änderungen der Gesamtzusage waren somit rechtlich unwirksam und die Arbeitnehmer konnten sich auf einen entsprechenden Anspruch berufen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Juliausgabe 2024 veröffentlicht worden.

Auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de stehen für eingeloggte VAA-Mitglieder zahlreiche Infobroschüren zu arbeitsrechtlichen Themen zum Download bereit.

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Urteile und Recht
news-494 Wed, 03 Jul 2024 09:50:00 +0200 Außerordentliche Kündigung nach Gefälligkeitsleistung im Marktbereich des Arbeitgebers? https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=494&cHash=7fa09893b921eb38398abb2a9aca5f8c Unter bestimmten Bedingungen sind von Beschäftigten gegenüber Kunden eines Unternehmens angebotene geringfügige und unentgeltliche Gefälligkeitsleistungen in deren Marktbereich nicht als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden. Für eine solche Einschätzung der Rechtslage gilt die Voraussetzung: Die Leistung wird außerhalb der Arbeitszeit erbracht und geschützte Markt- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers werden dadurch nicht berührt. Im konkreten Fall war ein Arbeitnehmer seit Oktober 2022 in einem Fliesenfach- und Natursteinhandel nebst handwerklichem Meisterbetrieb für Verlegearbeiten als Fliesenleger beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein undatierter schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde, laut dem der Arbeitnehmer für regelmäßig 40 Wochenstunden und eine Stundenvergütung in Höhe von 22,61 Euro ein Monatseinkommen in Höhe von rund 4.200 Euro brutto erzielte. Im Vertrag wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart, nach deren Ablauf für beide Parteien eine Kündigungsfrist von vier Wochen galt. Der Arbeitnehmer ist mit einem Grad der Behinderung von 80 als schwerbehinderter Mensch anerkannt.

Anfang Januar 2023 führte der Arbeitnehmer über mehrere Tage für das Unternehmen Fliesenarbeiten aus. Dabei kam es zu einem Gespräch mit den Eigentümern des Bauvorhabens darüber, ob der Arbeitnehmer bereit sei, über den vereinbarten Auftragsgegenstand hinaus im Hauswirtschaftsraum (Fläche circa fünf Quadratmeter) Bodenfliesen zu verlegen. Der Arbeitnehmer erklärte seine Bereitschaft, diese Arbeiten „nach Feierabend“ durchzuführen. Zur Ausführung der fraglichen Arbeiten kam es jedoch nicht. Kurz darauf beanstandeten die Eigentümer die ausgeführten Arbeiten gegenüber dem Unternehmen. Im Rahmen entsprechender Nacharbeiten wurde die Geschäftsführerin des Unternehmens von den Eigentümern des Bauvorhabens darauf aufmerksam gemacht, dass der Arbeitnehmer bereit gewesen sei, den Hauswirtschaftsraum außerhalb des mit dem Unternehmen begründeten Vertragsverhältnisses zu verfliesen. Daraufhin konfrontierte die Geschäftsführerin den Arbeitnehmer mit diesem Sachverhalt. In dem handschriftlichen Vermerk über das Gespräch ist festgehalten, dass der Arbeitnehmer eingeräumt habe, sich „für weitere Fliesenarbeiten im Hause als Schwarzarbeit“ angeboten zu haben.

Am folgenden Tag kündigte das Unternehmen das Arbeitsverhältnis fristlos und forderte den Arbeitnehmer auf, das ihm überlassene Firmeneigentum, unter anderem Arbeitskleidung und Werkzeug, unverzüglich herauszugeben. Gegen diese Kündigung wandte sich der Mitarbeiter mit einer Kündigungsschutz- und Feststellungsklage. Er verwies darauf, dass der für die außerordentliche Kündigung geforderte wichtige Grund nicht vorliege. Entgegen der Darstellung des Unternehmens habe er weder Schwarzarbeit angeboten noch solche ausgeführt. Dementsprechend habe er das auch nicht in einem Personalgespräch eingeräumt. Das Arbeitsgericht wies die Klage jedoch ab.

Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hatte der Arbeitnehmer hingegen Erfolg (Urteil vom 15.02.2024, Aktenzeichen: 8 Sa 845/23). Das LAG entschied, dass eine in einem Einzelfall vom Arbeitnehmer gegenüber einem Kunden des Arbeitgebers angebotene, dem Umfang nach geringfügige und unentgeltliche Gefälligkeitsleistung in dessen Marktbereich nicht bereits an sich als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet ist, wenn sie außerhalb der Arbeitszeit erbracht werden sollte und dadurch geschützte Markt- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers nicht berührt werden. Auf die rechtliche Einordnung der fraglichen Leistung als Schwarzarbeit komme es dabei nicht an.

VAA-Praxistipp

Das Urteil des LAG Hamm zeigt: Die Grenzen für Gefälligkeitsleistungen im Marktbereich des eigenen Arbeitgebers sind eng gesteckt, ein entsprechendes Angebot durch einen Arbeitnehmer rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres eine außerordentliche Kündigung.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Juniausgabe 2024 veröffentlicht worden.

Auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de stehen für eingeloggte VAA-Mitglieder zahlreiche Infobroschüren zu arbeitsrechtlichen Themen zum Download bereit.

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Urteile und Recht
news-490 Wed, 19 Jun 2024 06:00:00 +0200 Interview mit VAA-Juristin: Sind Zeugnisse noch zeitgemäß? https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=490&cHash=e756d8553612d27bd6e75cec0397aee2 Zum Arbeitsleben gehört das Zeugnis nach wie vor als fester Bestandteil dazu. Zwar bevorzugen viele Menschen Empfehlungsschreiben, jedoch gibt ein Arbeitszeugnis weit mehr Auskunft über das Arbeitsverhältnis und die Beschäftigten, erläutert VAA-Juristin Ilga Möllenbrink im Interview. Allen Unkenrufen zum Trotz: Das Arbeitszeugnis wird auch heute noch aufmerksam gelesen. Außerdem bringt die VAA-Juristin etwas Licht in den Dschungel der Zeugnissprache.

VAA Magazin: Wann gibt es im Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses?

Möllenbrink: Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Zeugnis auszustellen. Hier gibt bereits § 109 GewO, § 630 S. 4 BGB einen Anspruch.

Hat der Arbeitgeber bei der Erstellung eines Zeugnisses Gestaltungsspielraum?

Es wird grundsätzlich zwischen einem einfachen – hier wird nur über Art und Dauer informiert – und einem qualifizierten Zeugnis unterschieden, wobei letzteres in der Praxis üblich ist, da es darüber hinaus Angaben über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers enthält.

Haben Beschäftigte im laufenden Anstellungsverhältnis die Möglichkeit, ein Zeugnis zu erhalten?

Auf jeden Fall. Ein Zeugnis kann und soll bei einem Vorgesetztenwechsel beziehungsweise Funktionswechsel angefordert werden, wenn eine Entsendung ins Ausland bevorsteht oder es zu Bewerbungszwecken benötigt wird.

Warum ist ein korrektes Zeugnis auch heute noch so wichtig?

In der Regel dient das Zeugnis als Unterlage für eine neue Bewerbung und soll Dritte darüber unterrichten, wie Arbeitgeber die Leistungen und die Beschäftigten selbst bewerten. Zur Beurteilung von Inhalt und Form ist dabei auf die Sicht eines objektiven und unbefangenen Arbeitgebers mit Berufs- und Branchenkenntnissen abzustellen. Dabei gelten die Grundsätze der Zeugnisklarheit und vor allem der Zeugniswahrheit.

Es kommt sicher nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf formelle Aspekte des Zeugnisses an. Was ist hier zu beachten?

Unter dem formellen Aspekt sind einige Punkte zu berücksichtigen. Werden üblicherweise Firmenkopfbögen verwendet, muss das Zeugnis auf einem solchen erstellt werden. Der Arbeitgeber erfüllt den Anspruch des Arbeitnehmers auch mit einem ordentlich gefalteten Zeugnis, wenn es mit der Post versendet wurde. Dabei ist nur darauf abzustellen, dass ein Zeugnis ohne sichtbare Falten kopiert werden kann. Ein Zeugnis darf nicht in einer an ein Schulzeugnis angelehnten tabellarischen Darstellungsform erstellt werden. Das hat jüngst das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 27. April 2021 klargestellt.

Wie muss ein qualifiziertes Zeugnis inhaltlich aufgebaut sein?

Nach einem Eingangstext, der den Titel, den Namen, das Eintrittsdatum ins Unternehmen und die Funktion beinhaltet, folgt die Beschreibung des Unternehmens. Sodann werden alle Funktionen mit entsprechenden Zeitabschnitten benannt. Für die zuletzt wahrgenommene Funktion werden die wesentlichen Aufgaben vollständig aufgeführt. Dabei sind die wichtigen Aufgaben zuerst zu nennen. Diese können übersichtlich in einer Punktaufzählung aufgeführt werden oder aber auch in einem Fließtext.

Den meisten Streit gibt es sicher bei der dann folgenden Bewertung der konkreten Beschäftigten. Worauf ist dabei zu achten?

Im Rahmen der Leistungsbeurteilung haben Arbeitgeber die Art und Weise darzustellen, in der die Beschäftigten die ihnen übertragenen Aufgaben erledigt haben. Dies erfolgt anhand von Bewertungskriterien, die beschreiben, wie die zuvor aufgeführten Aufgaben erledigt wurden.

Gibt es Kriterien, die in keinem Zeugnis fehlen dürfen?

In jedes Zeugnis gehört die Bewertung von Fachwissen, Auffassungsgabe, Problemlösungskompetenz, Belastbarkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein; ebenso wie Einsatzfreude und Einstellung zur Arbeit und natürlich das Verhalten der Beschäftigten.

Fach- und Führungskräfte haben sehr verantwortungsvolle Aufgaben zu bewältigen, denen sicher im Zeugnis auch Rechnung getragen werden muss.

Hier ist anhand der Aufgaben zu prüfen, ob die Planungs-, Organisations- oder Projektmanagementkompetenz zu bewerten ist oder das unternehmerische und strategische Denken und die Kreativität und der Innovationsgeist, wie zum Beispiel bei Laborleitern. Verhandlungsführung und Kommunikationsfähigkeit können gefragt sein. Gibt es Personalführung, dann ist die Anzahl der unterstellten Teammitglieder zu nennen und die Mitarbeiterführungskompetenz zu bewerten. Bei Auslandsbezug die interkulturelle Kompetenz.

Was ist, wenn die Leistungsbeurteilung zu bestimmten Kenntnissen schweigt?

Das Bundesarbeitsgericht hat am 12. August 2008 festgestellt, dass ein Zeugnis keine Auslassung an Stellen enthalten darf, an denen von den Leserinnen und Lesern eine positive Hervorhebung erwartet wird. Dazu gehört beispielsweise die Belastbarkeit in Stresssituationen etwa bei Tageszeitungsjournalisten. Das heißt, dass alle zu erwartenden Kernkompetenzen zu nennen und zu bewerten sind. Fehlt etwas, besteht ein Berichtigungsanspruch für die Betroffenen. Ansonsten können negative Rückschlüsse gezogen werden, was schädlich für den Arbeitnehmer ist.

Wenn einem Arbeitnehmer bestimmte Formulierungen nicht gefallen, gibt es dann einen Berichtigungsanspruch?

Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf bestimmte Formulierungen im Zeugnis. Daher ist auch die häufig verwendetet Formulierung für die Gesamtnote „sehr gut“ – „stets zur vollsten Zufriedenheit“ hinzunehmen, auch wenn es streng genommen keine Steigerung von „voll“ gibt.

Was bedeutet die Gesamtbeurteilung?

Nach der Bewertung der einzelnen Kernkompetenzen erfolgt die Gesamtbewertung der Leistungen, die wie eine Klammer die Bewertung abschließt, wie zum Beispiel „stets zu vollsten oder vollen Zufriedenheit“.

Gibt es einen Anspruch auf eine bestimmte Note im Sinne einer Mindestbeurteilung?

Nach der Rechtsprechung besteht zunächst der Grundsatz, dass ein durchschnittliches Zeugnis erwartet werden kann, was im herkömmlichen Sinne der Schulnote „befriedigend“ entspricht. Möchte man eine bessere Note, wie ein „gut“ oder „sehr gut“, so hat der Arbeitnehmer die besseren Leistungen zu beweisen. In der Praxis ist das nicht einfach. Bonusbewertungen können herangezogen werden, geben aber nicht automatisch einen Anspruch auf eine bestimmte Note. Demgegenüber muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, wenn er der Ansicht ist, dass die Leistungen unterdurchschnittlich sind, also von „ausreichend“ über „mangelhaft“ bis „ungenügend“, was in der Praxis aber eher selten vorkommt.

Was können Sie zur Verhaltensbeurteilung sagen?

Die Verhaltensbeurteilung erfolgt im Aufbau des Zeugnisses nach der Gesamtbeurteilung. Auch hier ist aus der Formulierung auf die Note zu schließen. In der Regel erfolgt die Bewertung mit der Formulierung „stets einwandfrei“, was der Note „gut“ entspricht, oder „stets vorbildlich“, also „sehr gut“.

Was ist hierbei noch zu beachten?

Bei der Verhaltensbeurteilung muss eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden. Zunächst ist der oder die Vorgesetzte zu nennen, dann die Kolleginnen und Kollegen, gefolgt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Kundinnen und Kunden, wenn vorhanden. Steht der oder die Vorgesetzte nicht an erster Stelle, lässt das auf Probleme mit ihm oder ihr schließen.

Welche Korrekturen kommen hier am häufigsten vor?

Ist die Reihenfolge nicht eingehalten worden, ist das für den Arbeitnehmer schädlich und ebenso zu korrigieren wie beim Fehlen des Zeitadverbs. Dazu gehören „stets“, „jederzeit“ oder „regelmäßig“. Häufig fehlen auch die Mitarbeiter, obwohl Personalverantwortung vorlag. Das ist zu ergänzen.

Haben Sie noch Hinweise für die Schlussformel?

Hier ist zwischen einem Zwischen- und einem Schlusszeugnis zu unterscheiden. Beim Zwischenzeugnis sollte man sich für die erbrachten Leistungen entsprechend der Gesamtnote bedanken und sich auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit freuen: „Das Zwischenzeugnis wird wegen eines Vorgesetztenwechsels erstellt. Wir bedanken uns für die stets sehr guten Leistungen und freuen uns auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit.“

Beim Schlusszeugnis spricht man von der sogenannten Bedauerns-, Dankes- und Wunschformel für die Zukunft. Grundsätzlich muss ich aber darauf hinweisen, dass kein Anspruch auf die Schlussformel besteht, so die Rechtsprechung des BAG. Die Praxis zeigt aber, dass die Arbeitgeber immer noch eine Schlussformel verwenden. Wird diese erwähnt, fehlt aber zum Beispiel das Bedauern, so besteht kein Korrekturanspruch. Der Arbeitnehmer ist auf das Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen, dass dennoch eine Korrektur erfolgt. Ansonsten verbleibt nur die Entfernung der gesamten Schlussformel.

Von der Schlussformel zu unterscheiden ist die Aufnahme des Beendigungsgrundes. Fehlt dieser, ist das Zeugnis unvollständig und die Aufnahme kann verlangt werden.

Haben Sie hier noch eine Empfehlung?

Nicht selten ist der Arbeitnehmer der Ansicht, dass sich die Formulierung, das Anstellungsverhältnis ende auf eigenen Wunsch, gut macht. Das hat aber gleich mehrere Haken. Zum einen gilt der Wahrheitsgrundsatz im Zeugnis. Hat man nicht selbst gekündigt, so darf das nicht im Zeugnis stehen. Zum anderen ist es aber auch ungeschickt. Wenn man nicht direkt ein Anschlussarbeitsverhältnis hat, wird sich jeder fragen, warum man das Anstellungsverhältnis von sich aus beendet hat.

Bei Aufhebungsverträgen auf Wunsch des Arbeitgebers heißt es: „Das Anstellungsverhältnis endet im gegenseitigen Einvernehmen“. Wenn dieser vom Arbeitnehmer veranlasst wurde: „… im besten gegenseitigen Einvernehmen“.

War es das mit den Tipps für ein wohlwollend qualifiziertes Zeugnis?

Noch nicht ganz. Das Ausstellungsdatum ist grundsätzlich das Beendigungsdatum des Anstellungsverhältnisses beziehungsweise der Wechsel des Vorgesetzten oder der Wechsel der Funktion et cetera. Das gilt unabhängig davon, ob Korrekturen im Nachhinein erfolgt sind. Wichtig ist auch, dass linker Hand regelmäßig der Vorgesetzte oder ranghöhere Mitarbeiter zu unterzeichnen hat und rechts die Personalleitung.

Was darf in einem Zeugnis nicht erwähnt werden?

Nicht in das Zeugnis aufzunehmen sind einmalige Vorfälle und Umstände, die für den Arbeitnehmer, seine Führung und Leistung nicht charakteristisch sind. Ebenso wenig gehören Angaben über eine Elternzeit oder Zeiten der Erkrankung oder die Mitgliedschaft im Betriebsrat oder Sprecherausschuss in das Zeugnis.

Ein Ratschlag zum Schluss?

Die Zeugnisse immer zeitnah von den Juristinnen und Juristen des VAA prüfen lassen und nicht vergessen, ein Zwischenzeugnis zu verlangen! Viele Hinweise finden VAA-Mitglieder natürlich wie immer in der VAA-Information „Das Zeugnis“, die im Mitgliederbereich MeinVAA unter dem Menüpunkt „Service“ im Unterpunkt „Infobroschüren“ zu finden ist.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Juniausgabe 2024 veröffentlicht worden.

Auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de stehen für eingeloggte VAA-Mitglieder zahlreiche Infobroschüren zu arbeitsrechtlichen Themen zum Download bereit.

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Urteile und Recht
news-489 Fri, 14 Jun 2024 06:00:00 +0200 BAG: Betriebsratswahl mit weniger Kandidaturen als Sitzen ist wirksam https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=489&cHash=548a5063cd16b6b425a56a754e51710d Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Beschäftigte um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein „kleinerer“ Betriebsrat errichtet werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Bei einem Arbeitgeber mit in der Regel 170 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hatten bei der im Frühjahr 2022 eingeleiteten Betriebsratswahl nur drei Arbeitnehmerinnen kandidiert und es wurde ein Betriebsrat mit drei Mitgliedern gewählt. Bei dieser Betriebsgröße sieht die Staffelung von § 9 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrat vor.

Der Arbeitgeber hielt die Wahl für nichtig und begehrte beim Arbeitsgericht eine entsprechende Feststellung. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht lehnten dies jedoch ab und erachteten Betriebsratswahl als wirksam. Dagegen wandte sich der Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).

Das BAG entschied jedoch ebenfalls, dass die Betriebsratswahl wirksam war (Urteil vom 24, April 2024, Aktenzeichen: 7 ABR 26/23). Es stehe der Wahl eines Betriebsrats nicht entgegen, wenn sich nicht genügend Bewerber für das Betriebsratsamt finden.

Das folgt laut BAG vor allem aus dem in § 1 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ausgedrückten Willen des Gesetzgebers, dass in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt werden. Bei der Betriebsratsgröße sei in der Konstellation von weniger Kandidierenden als zu besetzenden Betriebsratssitzen auf die jeweils nächstniedrigere Stufe des § 9 BetrVG so lange zurückzugehen, bis die Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht.

VAA-Praxistipp

Der § 9 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) regelt abhängig von der Anzahl der in der Regel in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie viele Sitze der zu wählende Betriebsrat im Regelfall hat. Das BAG hat mit seinem Urteil nun klargestellt, dass auch ein kleinerer Betriebsrat gewählt werden kann, wenn weniger Kandidierende als Sitze vorhanden sind.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Maiausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-493 Fri, 07 Jun 2024 10:26:10 +0200 Einkommen von Fach- und Führungskräften in Chemie und Pharma: Fixeinkommen gestiegen, Boni gesunken https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=493&cHash=b6937959f0c18a289c263655968fb3b7 Im Vergleich zum Vorjahr sind die Gesamteinkommen bei den außertariflichen und leitenden Angestellten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie 2023 um 0,9 Prozent gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle VAA-Einkommensumfrage. Insgesamt betrug das Median-Gesamteinkommen im Bereich des Akademiker-Manteltarifvertrages rund 143.000 Euro. Deutlich rückläufig waren dabei die variablen Bezüge, die im Durchschnitt um rund 17 Prozent zurückgingen. Die Fixeinkommen stiegen 2023 hingegen um 3,6 Prozent.

„Der deutliche Rückgang der Boni spiegelt die andauernden konjunkturellen Probleme der deutschen Chemiebranche deutlich wider“, so Dr. Birgit Schwab, 1. Vorsitzende des VAA und betreuendes Vorstandsmitglied der VAA-Kommission Einkommen. „Im Jahr 2022 ist die Chemieproduktion in Deutschland um zehn Prozent zurückgegangen. Unsere aktuelle Umfrage bildet die Einkommensentwicklung des Jahres 2023 ab – und die Bonuszahlungen beruhen in aller Regel auf den Unternehmensergebnissen des Vorjahres.“ Mit Blick auf die auch 2023 deutlich geschrumpfte Chemieproduktion geht die VAA-Vorsitzende nicht von einem kurzfristigen Wiederanstieg der Bonuszahlungen aus.

Die VAA-Einkommensumfrage ermöglicht durch die Längsschnittbetrachtung einen Überblick über die Gehaltsentwicklungen in der Branche. Bei der Betrachtung der Einkommensentwicklung nach unterschiedlichen Unternehmensgrößen zeigen sich dabei in diesem Jahr gegenläufige Entwicklungen. Während in großen Unternehmen mit mehr als 10.000 Beschäftigten das Gesamteinkommen insgesamt um 1,1 Prozent sank, stiegen die Gesamtbezüge in kleinen Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten mit 3,6 Prozent deutlich an. In mittleren Unternehmen mit mehr als 1.000 und weniger als 10.000 Beschäftigten lag der Einkommenszuwachs bei 1,7 Prozent.

„Die Ursache für die unterschiedliche Gesamteinkommensentwicklung liegt in den variablen Bezügen“, erläutert der Vorsitzende der VAA-Kommission Einkommen Dr. Hans-Dieter Gerriets von der VAA-Werksgruppe Lanxess. „Denn in den kleinen und mittleren Unternehmen sind die Boni deutlich weniger stark gesunken als in den Großunternehmen, sodass die Steigerung beim Fixeinkommen diesen Effekt dort überwiegt.“ Die variablen Bezüge in Unternehmen mit mehr als 10.000 Beschäftigten gingen 2023 um rund 22 Prozent zurück.

Zur Entwicklung des Gesamteinkommens tragen neben Fixgehalt und Bonus auch die sonstigen Gehaltsbestandteile bei, zu denen etwa geldwerte Vorteile aus Dienstwagen, Erlösen aus Aktienoptionen und Sonderzahlungen gehören. Diese sonstigen Gehaltsbestandteile stiegen im Jahr 2023 um rund 13 Prozent.

Beantwortet haben die VAA-Einkommensumfrage fast 4.200 Personen aus zahlreichen Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Damit gibt die Gehaltsstudie des VAA einen einzigartigen Überblick über die Chemie- und Pharmabranche in Deutschland. Ein wissenschaftlich kompetentes und statistisch robustes Fundament erhält die Untersuchung durch die gemeinsame Durchführung mit der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und der RWTH Aachen.

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Pressemitteilungen
news-492 Mon, 03 Jun 2024 17:43:21 +0200 VAA zur Europawahl: Wahlbeteiligung ist Schlüssel zum gemeinsamen Europa https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=492&cHash=f0b786e155c8ca66caa1f57e21d71d36 In Deutschland finden die Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 statt. Die im VAA organisierten Fach- und Führungskräfte in der Chemie- und Pharmaindustrie rufen alle Wahlberechtigten dazu auf, sich unbedingt an der Europawahl zu beteiligen und ihre Stimme abzugeben. „Die Europäische Union hat über Jahrzehnte bewiesen, dass sie allen Unkenrufen zum Trotz ein echter Garant für Frieden und Freiheit in Europa ist“, erklärt die 1. VAA-Vorsitzende Dr. Birgit Schwab. „Gerade in einer Zeit, die geprägt ist von zahlreichen, sich global überlappenden Krisen, kommt es mehr denn je auf eine funktionsfähige EU an.“ Nur eine starke EU könne den gemeinsamen Wohlstand und die Beschäftigung in Europa, aber auch in Deutschland sichern. 

Als überparteiliche Interessenvertretung der Fach- und Führungskräfte in einer der Schlüsselindustrien des Landes spricht der VAA keine Wahlempfehlung aus. Doch dabei bekennt sich der VAA klar zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. „Deswegen widerspricht es in keiner Weise unserem Neutralitätsanspruch, wenn wir als Verband zur Wahl von Parteien raten, die zu Europa stehen“, betont Schwab. „Ich sage unseren Mitgliedern in aller Deutlichkeit: Wählt keine Parteien, die unsere Demokratie und unsere Freiheit bedrohen!“ Extremistische und europafeindliche Parteien haben das Potenzial, das Gesellschafts- und Wirtschaftssystem aus den Fugen zu werfen und langfristig zu zerstören. „Was dagegen helfen kann, ist eine möglichst hohe Wahlbeteiligung.“

Im politischen System der EU spiele das Europäische Parlament (EP) eine wichtige Rolle, ergänzt VAA-Hauptgeschäftsführer Stephan Gilow. „Diese Rolle wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern leider immer noch nicht ihrer Bedeutung entsprechend wahrgenommen.“ Dabei haben die direkt gewählten EP-Abgeordneten einen großen Einfluss auf die politischen Entscheidungen in der EU. „Ob die Zukunft der gemeinsamen Energiepolitik, der Abbau der Bürokratie, die Sicherung der industriellen Basis oder Investitionen in Zukunftstechnologien für den Klimaschutz: Über die Wahl ihrer jeweiligen Europaabgeordneten kann jedes einzelne wahlberechtigte VAA-Mitglied mitbestimmen, wie es in Europa weitergeht.“ Die wichtigste Voraussetzung dafür sei, am 9. Juni 2024 das eigene Wahlrecht zu nutzen.

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Der Verband Interessenvertretung
news-491 Sat, 01 Jun 2024 00:01:00 +0200 Generation Zukunft: Appell zur Stärkung der MINT-Fächer im VAA Magazin https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=491&cHash=c5cb804335b0da55ffa7434aeb1feff9 Durch den rasanten technologischen Fortschritt und die sich gleichzeitig verschärfende globale Krisendynamik lassen sich die Herausforderungen der Zukunft immer schwieriger meistern. Essenziell dafür ist eine stärkere Förderung der MINT-Fächer. Dazu bringt das neue VAA Magazin ein Spezial. Pünktlich zum Monatsbeginn ist die Juniausgabe des VAA Magazins als Webmagazin veröffentlicht worden – etwa eine Woche vor Erscheinen des gedruckten Heftes. Welche Themen gibt es in der neuen Ausgabe? Das Spezial ist diesmal ein flammender Appell zur Förderung der MINT-Fächer. Denn für die Gesellschaft und die Wirtschaft in Deutschland – insbesondere für die Chemie- und Pharmaindustrie – haben Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik (MINT) eine immense Bedeutung. Daher sind dringend Strategien zur Steigerung der Sichtbarkeit und Akzeptanz nötig. Die Popularisierung dieser Disziplinen sowie die Förderung des Dialogs zwischen Natur- und Geisteswissenschaften sind auch für den VAA zentrale Anliegen. Ein zusätzliches Ziel ist es, mehr Mädchen und Frauen für MINT zu begeistern.

In der Rubrik VAA gibt es einen großen Bericht zur VAA-Delegiertentagung Anfang Mai in Düsseldorf. Dort sind sowohl der VAA-Vorstand neu gewählt als auch wichtige Beschlüsse für die weiteren Schwerpunkte der Verbandsarbeit gefasst worden. Außerdem werden die Ergebnisse der Einkommensumfrage und die Highlights der Frühjahrstagung der Aufsichtsräte vorgestellt.

In seinen ULA Nachrichten widmet sich der Deutsche Führungskräfteverband ULA – der politische Dachverband des VAA – den Wahlen zum Europäischen Parlament (EP). Neben einem Aufruf zur Beteiligung an der Wahl gibt es einen Artikel zum ULA-Politik-Dialog mit vier EP-Kandidatinnen aus vier verschiedenen Parteien. Übrigens setzt sich auch VAA-Kolumnist Erik Lehmann kabarettistisch mit der Europawahl auseinander. Aus VAA-Sicht ebenfalls relevant ist der Entwurf der Zweiten Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes über die Vergütung von Betriebsräten. Als ULA- und VAA-Vertreter hat ULA-Hauptgeschäftsführer Michael Schweizer an der Anhörung im Bundestag teilgenommen.

In der Rubrik Recht beschäftigt sich VAA-Juristin Ilga Möllenbrink mit der Frage, inwieweit das Arbeitszeugnis im modernen Arbeitsleben noch Bedeutung hat. So viel sei verraten: Zeugnisse mögen für manche schablonenhaft und überflüssig wirken, sind aber nach wie vor wichtig – sowohl für Beschäftigte als auch für einstellende Unternehmen. Die Urteilsbesprechung setzt sich diesmal mit der Gültigkeit verspäteter Zielvorgaben auseinander.

Da der Frühsommer ganz im Zeichen der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland steht, greift auch das VAA Magazin ins Spiel ein: In der Rubrik Vermischtes wird im Rahmen der Serie „ChemieGeschichte(n)“ die Verbindung zwischen dem historischen WM-Erfolg 1974 und der Rolle der Chemie hergestellt.

Selbstverständlich wird auch diese Ausgabe durch weitere Meldungen und Artikel aus Branche, Verband, Wissenschaft und Service abgerundet.

Neben dem Webmagazin gibt es das VAA Magazin außerdem als interaktives, blätterbares E-Paper und im klassischen PDF-Format. Einfach anklicken und anlesen – die Redaktion wünscht viel Spaß bei der Lektüre!

Übrigens: Wer Feedback geben möchte, gern kritisch und offen, kann dies unter redaktion@vaa.de tun. Über Leserbriefe und Anregungen freut sich die VAA-Redaktion immer.

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Pressemitteilungen
news-487 Wed, 08 May 2024 10:06:00 +0200 LAG Köln: Unwirksamkeit erheblich verspäteter Zielvorgaben https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=487&cHash=4e107ae1788008ea8a9b9a7466ce9f14 Erfolgt eine Zielvorgabe erst zu einem derart späten Zeitpunkt innerhalb des maßgeblichen Geschäftsjahres, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen kann, ist sie so zu behandeln, als sei sie überhaupt nicht erfolgt. Das hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden. Zwischen einem Arbeitnehmer mit Führungsverantwortung und seinem Arbeitgeber war arbeitsvertraglich ein Jahreszielgehalt vereinbart worden, das sich aus einem Bruttofixgehalt und einer variablen Vergütung zusammensetzen sollte. Deren Höhe sollte sich nach dem Grad der Zielerreichung richten, wobei sich die Zielvorgabe aus individuellen und unternehmensbezogenen Zielen zusammensetzte. Eine Betriebsvereinbarung sah zudem vor, dass die Beschäftigten bis zum 1. März eines Kalenderjahres eine zuvor mit ihnen zu besprechende Zielvorgabe erhalten sollten. 

Im Jahr 2019 teilte der Arbeitgeber den betroffenen Beschäftigten des Unternehmens erst am 15. Oktober konkrete Zahlen zu den Unternehmenszielen, zu deren Gewichtung und zum Zielkorridor mit. Der Arbeitnehmer beendete sein Arbeitsverhältnis zu Ende November und erhielt für das Jahr 2019 eine anteilige variable Vergütung, deren Höhe sich auch nach der Erreichung der mitgeteilten und nicht zu 100 Prozent erreichten Unternehmensziele richtete. Dagegen klagte er, weil nach seiner Auffassung die Unternehmenszielvorgabe durch die späte Mitteilung unwirksam geworden war. Somit hätte seine variable Vergütung so ausfallen müssen, als seien die Unternehmensziele zu 100 Prozent erreicht worden. Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage hab, weil aus seiner Sicht die Erreichung der Unternehmensziele durch die Mitteilung noch während des maßgeblichen Kalenderjahres nicht unmöglich geworden war. Eine Unmöglichkeit durch verspätete Mitteilung komme nur bei Individualzielen in Betracht, bei denen der Arbeitnehmer die Zielerreichung im Wesentlichen selbst maßgeblich beeinflussen könne. 

Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) entschied in der Berufung anders und gab dem Arbeitnehmer recht (Urteil vom 6. Februar 2024, Aktenzeichen: 4 Sa 390/23). Das LAG verweist auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach eine Zielvereinbarung ihre Anreizfunktion nur dann erfüllen kann, wenn der Arbeitnehmer bereits bei der Ausübung seiner Tätigkeit die von ihm zu verfolgenden Ziele kennt. Eine Zielvereinbarung sei somit spätestens nach Ablauf der Zeit, für die ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer Ziele zu vereinbaren hat, nicht mehr möglich und der betroffene Arbeitnehmer könne dann Schadensersatz statt Erfüllung verlangen. Nach Ansicht des LAGs war der Zeitpunkt der Unmöglichkeit für die Erreichung der Unternehmensziele in diesem Fall durch die Mitteilung im Oktober des maßgeblichen Kalenderjahres bereits eingetreten, weil bereits mehr als drei Viertel des Jahres abgelaufen waren. Dem steht laut LAG auch nicht entgegen, dass es sich um unternehmensbezogene Ziele handelte, da gerade Beschäftigte auf höheren Hierarchieebenen auf die Erreichung solcher Ziele Einfluss nehmen könnten. Andernfalls sei eine entsprechende Zielvereinbarung grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Die Vereinbarung der Unternehmensziele sei somit so zu behandeln, als sei sie überhaupt nicht erfolgt, und dem Arbeitnehmer stehe eine variable Vergütung zu, bei der eine diesbezügliche Zielerreichung von 100 Prozent berücksichtigt ist. 

VAA-Praxistipp

In seiner Rechtsprechung hat das BAG bereits entschieden, dass eine nachträgliche Zielvereinbarung nach Ablauf des maßgeblichen Zeitraums nicht möglich ist. Offengelassen hat das BAG bisher, was gilt, wenn der Arbeitgeber zu einer Zielvorgabe verpflichtet ist, diese aber nicht innerhalb der Zielperiode erfolgt, und ob die Unmöglichkeit der Zielerreichung und der dadurch begründete Schadensersatzanspruch bereits vor Ablauf der Zielperiode eintreten kann. Hier hat das LAG nun entschieden, dass jedenfalls nach Verstreichen von mehr als drei Vierteln des maßgeblichen Geschäftsjahres die Zielvorgabe für die Unternehmensziele ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen kann und deshalb so zu behandeln ist, als sei sie überhaupt nicht erfolgt. Bei der Berechnung der Zielerreichung war deshalb von einer 100-prozentigen Erfüllung auszugehen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Aprilausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-488 Sat, 04 May 2024 14:00:00 +0200 Fach- und Führungskräfte in Chemie und Pharma wählen neuen Vorstand https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=488&cHash=0257ad02dd959f344e2023ec41327dfb Auf ihrer Tagung in Düsseldorf haben die Delegierten des VAA den Vorstand neu gewählt. 1. Vorsitzende bleibt Dr. Birgit Schwab von der Wacker Chemie. Auch der 2. Vorsitzende Dr. Christoph Gürtler von Covestro und die Schatzmeisterin Ruth Kessler von Bayer wurden in ihren Ämtern bestätigt. Insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten haben sich auf der gemeinsamen Vorschlagsliste des bis zur diesjährigen VAA-Delegiertentagung amtierenden Vorstands zur Wahl gestellt und für die sieben Vorstandssitze beworben. Nicht mehr angetreten ist Dr. Thomas Sauer von der Evonik Industries AG aufgrund seines Ausscheidens aus dem aktiven Berufsleben. „Die Chemie- und Pharmaindustrie ist ein Grundpfeiler der deutschen Wirtschaft“, betonte die alte und neue 1. Vorsitzende Dr. Birgit Schwab in ihrer Rede auf der Delegiertentagung des VAA am 4. Mai 2024 in Düsseldorf. „Und die Fach- und Führungskräfte leisten ihren maßgeblichen Beitrag dazu.“ Die Diplom-Biologin ist Leiterin Quality, Compliance & Excellence Wacker Biosolutions bei der Wacker Chemie AG und Vorsitzende des Sprecherausschusses Werk Burghausen. „Der VAA lebt und ist erfolgreich dank der Arbeit seiner Mitglieder und vor allem seiner Mandats- und Amtsträger. Eine unserer Hauptaufgaben bleibt es, unsere Mitglieder betrieblich und gewerkschaftlich erfolgreich und stark zu vertreten.“

Satzungsgemäß dauert eine Wahlperiode des VAA-Vorstands drei Jahre. Als 2. Vorsitzender vom neuen Vorstand im Amt bestätigt worden ist Dr. Christoph Gürtler von der Covestro AG, ebenso Ruth Kessler von der Bayer AG als Schatzmeisterin. Von den rund 150 VAA-Delegierten wiedergewählt wurden außerdem Dr. Monika Brink von Boehringer Ingelheim und Dr. Roland Fornika von der Röhm GmbH. Neu im Vorstand sind Martin Kubessa von der Evonik Industries AG und Dr. Thomas Schmidt von der BASF SE.

In der chemisch-pharmazeutischen Industrie und den angrenzenden Branchen vertritt der VAA die Interessen der außertariflichen und leitenden Angestellten. Die rund 30.000 Mitglieder des VAA setzen sich in verantwortungsvollen Positionen für die langfristige Zukunfts- und Beschäftigungssicherung in ihren Unternehmen ein und tragen damit zum Aufbau einer guten Unternehmenskultur und zum Erhalt der konstruktiven Sozialpartnerschaft in der Branche bei.

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Der Verband Interessenvertretung Pressemitteilungen
news-483 Wed, 24 Apr 2024 09:27:00 +0200 Verhaltensbedingte Kündigung: VAA-Jurist erläutert Gründe https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=483&cHash=8709c3e7eca247e24e336f22b4797fad In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist meist von betriebsbedingten Kündigungen und Aufhebungsverträgen die Rede. Trotzdem kommt es regelmäßig vor, dass Beschäftigte auch aus anderen Gründen aus ihren Unternehmen ausscheiden. Nicht nur wegen Restrukturierungen in kleinerem oder größerem Umfang werden Kündigungen und Aufhebungsverträge abgeschlossen. Auch arbeitsvertragswidriges Verhalten führt zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Welche Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung vorliegen können und wie Betroffene damit umgehen sollen, erklärt Hinnerk Wolff vom Juristischen Service des VAA im Interview mit dem VAA Magazin.

VAA Magazin: Gibt es besondere Voraussetzungen für verhaltensbedingte Kündigungen?

Wolff: Ja. Eine fristlose oder fristgerechte verhaltensbedingte Kündigung hat ganz andere Voraussetzungen als eine betriebsbedingte Kündigung. Da gibt es zum einen die außerordentliche Kündigung mit der zweiwöchigen Ausschlussfrist gemäß § 626 Absatz 2 BGB. Dann gibt es die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung mit regelmäßig einer vorhergehenden Abmahnung. Nun unterscheiden die Juristen auch noch zwischen Tat- und Verdachtskündigung. Zu guter Letzt muss das Ganze abgegrenzt werden von einer personenbedingten Kündigung.

Ziemlich verwirrend. Lässt sich das für juristische Laien erklären?

Bei verhaltensbedingten Kündigungen geht man davon aus, dass Beschäftigte ihre Arbeitsleistung erbringen können, aber nicht vertragsgemäß leisten wollen. Bei der personenbedingten Kündigung wollen Beschäftigte ihre Arbeitsleistung erbringen, können sie aber nicht vertragsgemäß leisten. Bei der ordentlichen Kündigung wird mit Ablauf der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis beendet, bei der fristlosen Kündigung wird mit sofortiger Wirkung. Das heißt: Mit Zugang der Kündigung wird das Arbeitsverhältnis aus „wichtigem Grund“ beendet.

Bei der Tatkündigung ist der Arbeitgeber von der Pflichtverletzung des Mitarbeitenden überzeugt und kann sie auch beweisen. Er spricht also die Kündigung wegen vollbrachter Tat aus. Kann die Pflichtverletzung nicht sicher nachgewiesen werden, oder besteht ein Risiko, dass er „die Tat“ nicht nachweisen kann, wird die verhaltensbedingte Kündigung oft als sogenannte Verdachtskündigung ausgesprochen. Bei der Verdachtskündigung wird der Mitarbeitende einer so schweren Pflichtverletzung verdächtigt, dass allein der Verdacht ausreicht, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Gilt hier nicht die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen ist?

Nun, wir sind hier nicht im Strafrecht mit staatlicher Verfolgung, sondern in einem Privatrechtsverhältnis. Insofern gibt es auch kein Aussageverweigerungsrecht, wenn die Gefahr besteht, sich selbst zu belasten. Meist geschieht die Tatkündigung bei strafbaren Handlungen. Besteht beispielsweise der Tatverdacht, der sich auf konkrete Tatsachen stützt, dass ein Arbeitnehmer eine Kollegin sexuell belästigt hat, so kommt diese Verdachtskündigung in Betracht.

In letzter Zeit werden wir auch mit Fällen konfrontiert, in denen nach angloamerikanischen Verhältnissen sogenannte Investigativverfahren von Unternehmen eingeleitet werden, um Schuldige für schwerwiegende unternehmensschädigende Verhaltensvorfälle herauszufinden. Entgegen ihrer Absicht, dafür Verfahrensgrundsätze einschließlich des Rechts auf Verweigerung der Aussage und Beiziehung eines Rechtsanwaltes einzuführen, ist der deutsche Gesetzgeber bisher untätig geblieben – im Gegensatz zu anderen Staaten. So werden Beschäftigte plötzlich von Vorgesetzten in die Personalabteilung oder ins Büro der Geschäftsführung bestellt, wo die Unternehmensleitung – regelmäßig auch ein Anwaltsteam einer vom Arbeitgeber beauftragten Kanzlei – wartet. Dann wird ein Anhörungsverfahren ohne prozessuale Regelungen mit Arbeitnehmern durchgeführt. Dabei werden Zeugen und mögliche Beschuldigte vernommen, beispielsweise, wenn Unregelmäßigkeiten oder Bestechlichkeit bei der Vergabe von Aufträgen an Dienstleister und andere Gewerke im Raum stehen, die Leistungen für das Unternehmen erbringen.

Werden Beschäftigte davon nicht völlig überrumpelt?

Das stimmt. Betroffene müssen befürchten, dass sie bei entsprechenden Aussagen auch von Kolleginnen und Kollegen mit einer fristlosen Verdachtskündigung, meist ausgesprochen als Tat- oder hilfsweise Verdachtskündigung, gekündigt werden. Meist werden alle Zugangsnachweise weggenommen und die Betroffenen durch den Werkschutz oder HR direkt zum Werkstor geführt. Sie haben also kein Zutrittsrecht mehr zum Gelände. Gegebenenfalls folgt noch die Einleitung eines Strafverfahrens.

Wie kann der Juristische Service des VAA betroffenen VAA-Mitgliedern helfen?

Die Juristinnen und Juristen des VAA begleiten unsere betroffenen Mitglieder bei diesen Verhandlungen, üblicherweise aber nicht beim ersten Mal der Anhörung. Und da haben wir wieder das Problem: Unternehmen müssen die Hinzuziehung eines Anwalts nicht gestatten, da es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Genauso wenig kann ein Arbeitnehmer verlangen, dass zu einem kritischen Personalgespräch immer ein Rechtsanwalt hinzugezogen wird. Aber regelmäßig lassen die Unternehmen das dann bei Fortgang des Verfahrens aus Gründen der Waffengleichheit zu – und weil es International in anderen Verfahrensordnungen zugelassen ist. Wenn VAA-Mitglieder also von einer solchen Maßnahme betroffen sind, sollten sie sich schnellstmöglich der Unterstützung der VAA-Juristen versichern.

Entscheidend für den Erfolg einer solchen Klage ist aber, dass sich ein dringender Tatverdacht ergibt und man die Beschäftigten genau zu den Tatvorwürfen anhören und Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss! Ein formaler Fehler führt ansonsten zur Unwirksamkeit der Kündigung. Genau aus dem Grund versichern sich die meisten Unternehmen eines Teams von Rechtsanwälten, die den Sachverhalt auch erklären sollen. Was folgt, ist entweder eine fristlose Kündigung, hilfsweise fristgerecht, und ein langer Prozess. Was die meisten nicht wahrhaben wollen: Mit dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung endet die Entgeltzahlung.

Gab es denn in letzter Zeit im Bereich der verhaltensbedingten Kündigung besondere Entscheidungen?

Über eine Entscheidung hat mein Kollege Stefan Ladeburg in der letzten Ausgabe des VAA Magazins im Februar 2024 schon berichtet. Es ging um die Erschütterung des Beweiswertes einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Dauer der Kündigungsfrist. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 8. September 2021 entschieden, dass in dem Falle, wenn ein Arbeitnehmer selbst kündigt und passgenau für die restliche Zeit des Arbeitsverhältnisses Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegt, ernsthafte Zweifel am Vorliegen einer Erkrankung bestehen. Es gab dem Arbeitgeber recht, dass dieser keiner Entgeltfortzahlungspflicht unterliegen kann. Das war zwar kein Fall zu einer verhaltensbedingten Kündigung, aber im Grunde lag hier schon der Verdacht des Betruges vor und damit wieder eine Art von „Räuberpistole“. Das kommt aber sehr häufig vor.

Ähnlich auch war eine Entscheidung des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 22. März 2021: Die Parteien stritten über eine auf den Verdacht von Drogenkonsum gestützte Kündigung. Der Kläger war Verpackungshelfer und zerlegte wiederholt Teile. Das Unternehmen hörte aus dem Betriebsumfeld, dass er seine Fahrerlaubnis aufgrund von Drogenkonsum verloren hätte. Daraufhin hegten sie den Verdacht, dass die ständigen Schädigungen auf den Drogenkonsum zurückgingen. Als der Arbeitgeber den Kläger anhörte, aber vergaß, ihn mit dem Verlust der Fahrerlaubnis aufgrund des Drogenkonsums zu konfrontieren, verlor er den Prozess. Denn auch nach der Rechtsprechung des BAG soll dem Arbeitnehmer Gelegenheit gegeben werden, sich mit einer Frist von einer Woche zur Stellungnahme eingehend mit den Verdachtsmomenten auseinandersetzen zu können und sich nach Bedarf hierzu rechtlich beraten lassen. Für die Stellungnahme muss ihnen Gelegenheit nach Wahl gegeben werden, eine Einlassung in Textform oder ein Personalgespräch zu verlangen unter Hinzuziehung eines Anwalts oder einer sonstigen Vertrauensperson.

Und wie steht es mit unglücklichem Agieren in sozialen Medien?

Auch dazu gibt es „frische Ware“ aus Erfurt vom Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 24. August 2023. Der Delinquent gehörte seit 2014 einer privaten WhatsApp-Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. 2020 kam noch einer hinzu. Alle waren langjährig miteinander befreundet, zwei miteinander verwandt. In dieser Gruppe äußerte sich der Kläger – wie auch mehrere andere Gruppenmitglieder – in beleidigender und menschenverachtender Weise unter anderem über Vorgesetzte und Kollegen. Und dann kam es, wie es kommen musste: Im Rahmen eines Gesprächs über einen Arbeitszeitkonflikt zeigte ein Gruppenmitglied den Chatverlauf anderen Beschäftigten, die nicht zur Gruppe gehörten. Einer dieser Mitarbeiter kopierte den Chatverlauf auf sein eigenes Smartphone und spielte es dem Betriebsrat des Unternehmens zu. Davon erfuhr das Unternehmen und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos.

In beiden Instanzen in Niedersachsen waren die Arbeitsgerichte der Auffassung, dass die Kündigungsschutzklage erfolgreich sei, da die Äußerungen im Rahmen einer vertraulichen Kommunikation gefallen sind. Diese Vertraulichkeit genieße verfassungsrechtlichen Schutz. Das BAG teilte diese Auffassung nicht: Bei beleidigenden und menschenverachtenden Äußerungen über Betriebsangehörige bedarf es für die Begründung eines besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutzes der Darlegung, warum der Äußernde berechtigt erwarten durfte, dass der Inhalt seiner Äußerungen von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben wird. Und das BAG sah im Messagingdienst WhatsApp ein Medium, das gerade auf die schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegt ist. Das Landesarbeitsgericht müsse dem Kläger nun Gelegenheit für eine solche Darlegung einräumen und erneut entscheiden.

Was lernt man daraus? Wer Nachrichten in einer WhatsApp-Gruppe austauscht, dem muss klar sein, dass diese gespeichert werden und für längere Zeit abrufbar sind. Der Zugriff und das Risiko des Zugriffs von Dritten liegt im Risikobereich des Arbeitnehmers.

Welche Fälle in der VAA-Rechtsberatung kommen bei verhaltensbedingten Kündigungen noch vor?

Vordere Plätze nehmen gern betrügerische Zeiterfassung in Buchungssystemen und Spesenbetrug ein. Man könnte es – abseits von Dummheit – auch so ausdrücken: Wenn einem trennungswilligen Arbeitgeber die betriebsbedingten Argumente ausgehen, lohnt ein Blick in die Abrechnungsunterlagen bei Dienstreisen. Und es reicht schon der Verdacht der Unterschlagung oder des Betrugs mit wenigen Euros aus, um nach der Rechtsprechung eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Denn der dringende Verdacht des Missbrauchs von Zeiterfassungssystemen kann das rechtfertigen.

In Mecklenburg-Vorpommern hatte das Landesarbeitsgericht einen Fall aus Stralsund zu entscheiden, bei dem sich ein vermeintlich gewitzter Arbeitnehmer mit großer Wahrscheinlichkeit von zu Hause aus im Zeiterfassungssystem eingebucht hatte, die Arbeit aber erst später im Dienstgebäude aufnahm. Das Gericht wies zutreffend darauf hin, dass Gleitzeitmodelle und flexible Arbeitszeitmodelle insbesondere dem Interesse der Belegschaft dienen, private und dienstliche Belange miteinander zu verbinden und besonders zuverlässig bedient werden müssen. Diese Problematik der manipulierten Arbeitszeiterfassung wird noch interessanter werden, wenn sich der Gesetzgeber endlich entschließen sollte, aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts künftig die Zeiterfassung in weit höherem Maße zur Pflicht zu erklären.

Aber es gibt noch ein buntes Potpourri von anderen Gründen, die den Rahmen sprengen würden: Arbeitsverweigerung, dauernde Unpünktlichkeit, unbefugtes Verlassen des Arbeitsplatzes, eigenmächtiger Urlaubsantritt, Drohung der Krankwerdung, Störung des Betriebsfriedens oder beeinträchtigende Nebentätigkeit seien als Beispiele zu nennen.

Können Arbeitgeber einfach eine Kündigung ohne Abmahnung aussprechen?

Nein, bei den meisten arbeitsrechtlichen Verstößen gegen Pflichten im Arbeitsverhältnis ist zuvor eine Abmahnung notwendig – nur nicht bei schwerer Störung des Betriebsfriedens oder kriminellen Handlungen. Und bei der Abmahnung können Arbeitgeber sehr viel verkehrt machen. Wir VAA-Juristen bekommen auch in dieser Hinsicht immer wieder einiges vorgelegt! Eine wirksame Abmahnung muss nach Ansicht der Arbeitsgerichte nämlich perfekt formuliert werden. Das vorwerfbare Verhalten muss entsprechend dargelegt werden, es erfordert weiter die Aufforderung zu vertragstreuem Verhalten und eine Kündigungsandrohung für den Wiederholungsfall. Die Abmahnung muss nicht schriftlich erteilt werden, aber sie muss alle diese Bestandteile präzise enthalten – und die Abmahnung verbraucht das Kündigungsrecht des Arbeitgebers für den gerügten Verstoß.

Wie viele Abmahnungen braucht es, um zu kündigen?

Abmahnung ist nicht gleich Abmahnung. Es muss ein gleichartiges fehlerhaftes Verhalten innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes oder sogar bei leichten Verstößen mehrfach vorliegen, um eine brauchbare Vorlage für den kündigungswilligen Arbeitgeber zu sein. Das bedeutet beispielsweise, dass Verspätungen und fehlerhafte Arbeitsleistung eine solche „Rampe“ nicht bauen. Die Arbeitsgerichte haben einen weiten Auslegungsspielraum, ab wann sie eine im Anschluss daran wegen gleichartigen Verhaltens ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung rechtmäßig werden lassen.

Bleibt so eine Abmahnung auf ewig in den Personalakten?

Nein, maximal für zwei bis drei Jahre. Länger nur dann, wenn im Zeitraum wiederholt gleichartige Arbeitsrechtverstöße aufgetreten sind. Irgendwann ist eben auch aus persönlichkeitsschützenden Erwägungen heraus Schluss mit der Hamsterei – und natürlich auch nach der DSGVO.

Wie gehen Betroffene gegen Abmahnungen vor?

Das sollte man sich im Regelfall gut überlegen, denn wenn ein Arbeitgeber wegen vergleichbaren mehrfachen Arbeitsrechtverstößen kündigen will, muss er dies darlegen und beweisen. Das gilt nicht nur für den einen und letzten Verstoß, weswegen er kündigen möchte, sondern auch für die zutreffende Darstellung und formale Richtigkeit der zuvor erklärten gleichartigen Abmahnungen wegen vertragswidrigen Verhaltens. Wenn aber ein Arbeitnehmer eine Abmahnung beim Arbeitsgericht angreift, gibt es die stark vertretene juristische Meinung, dass in diesem Fall der Arbeitnehmer sein korrektes Verhalten darlegen und beweisen muss.

Ärgerlich bleibt leider aber für viele unserer Mitglieder in AT-Positionen, dass diese Abmahnungen gern dazu verwendet werden, um variable Gehaltsbestandteile nach Beurteilungsgrundsätzen im Rahmen des billigen Ermessens negativ zu berücksichtigen. Es ist also eine in jedem Einzelfall zu treffende Entscheidung, sich einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht zu stellen.

Zurück zur personenbedingten Kündigung: Was konkret versteht man darunter?

Hier liegt der Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers. Zu den typischen Beispielen gehört die krankheitsbedingte Kündigung. Dafür muss immer eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen und die Verhältnismäßigkeit des Ausspruchs einer Kündigung sowie eine umfassende Interessenabwägung stattfinden. Die Arbeitgeber haben regelmäßig nur eine Chance mit ihrer Kündigung, wenn eine andauernde Krankheit mit einer Dauer von über einem Jahr aufgrund einer negativen Prognose vorliegt – also eine sogenannte Langzeiterkrankung.

Bei Kurzzeiterkrankungen wird die Sache komplizierter. Denn hier muss über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren jeder Krankheitszeitraum zusammengerechnet werden und deutlich über sechs Wochen pro Jahr hinausgehen. Wenn dann aber der Arbeitnehmer darlegt, dass die meisten Sachen ausgeheilt sind, bleibt der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht regelmäßig „zweiter Sieger“.

Müssen Beschäftigte den Grund ihrer Erkrankung nennen? Wenn ja: Muss der Arbeitgeber grundsätzlich alles nachweisen?

Grundsätzlich nicht, aber im Prozess schon. Wenn der Arbeitgeber entsprechend vorgetragen über Krankheits- und Ausfallzeiten hat, müssen Beschäftigte die Ursachen ihrer Erkrankung und die Prognose aufgrund ärztlicher Gutachten – gegebenenfalls auch Sachverständigengutachten – zur Entkräftung darlegen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Aprilausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-486 Thu, 28 Mar 2024 06:00:00 +0100 Was tun gegen Diabetes? Neues VAA Magazin bringt Schwerpunktthema! https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=486&cHash=3bb291fae510a90ee0e1e1b08fb66dcb Seit Jahrzehnten steigt die Prävalenz von Diabetes weltweit ungebrochen an. Obwohl es im Umgang mit der Volkskrankheit große Fortschritte bei Forschung und Therapie gibt, sind noch viele Fragen zu Ursachen und Wechselwirkungen offen. Damit beschäftigt sich das VAA Magazin in einem Spezial. Kurz vor Ostern ist die Aprilausgabe des VAA Magazins als Webmagazin veröffentlicht worden – mehr als eine Woche vor Erscheinen des gedruckten Heftes. Worum geht es in der neuen Ausgabe? Das Spezial beleuchtet das Schwerpunktthema Diabetes mellitus. Durch den Wandel der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten in der modernen Gesellschaft trifft die Erkrankung auf einen sehr fruchtbaren Nährboden. Der Artikel zeigt, wie gemeinsame Anstrengungen von Wissenschaft und Pharmaindustrie die Zukunft der Diabetesprävention und -behandlung gestalten.    

In der Rubrik VAA wird das Ranking der VAA-Mitglieder vorgestellt, die im vergangenen Jahr die meisten Neumitglieder geworben haben. So viel vorweg: Zurück an der Spitze ist ein „alter Hase“ und ein echtes Urgestein des ehrenamtlichen Engagements im Verband. Des Weiteren gibt es einen kleinen Überblick über das Projekt „VAA next“, in dessen Rahmen die Neuausrichtung des VAA in Sachen Mitgliederservice, Kommunikation und Außenauftritt koordiniert wird.

Über das European Chemistry Partnering wird in der Rubrik Branche berichtet. Seit vielen Jahren hat sich das vom langjährigen VAA-Mitglied Dr. Holger Bengs ins Leben gerufene Business-Speed-Dating-Event als Treffpunkt für innovative Ideen und Geschäfte zwischen Start-ups, Biotech-Investoren und Unternehmen etabliert. Was die Zukunftsaussichten für den Chemie- und Pharmastandort Deutschland betrifft, haben sich der VAA und die DECHEMA zusammengetan und ihre Mitglieder befragt. Zur Auswertung dieser Umfrage gibt es ebenfalls einen Artikel.

In den ULA Nachrichten äußert sich der Deutsche Führungskräfteverband ULA – der politische Dachverband des VAA – zur Krise in der Chemie. In ihrer Funktion als ULA-Vizepräsidentin kommentiert die 1. VAA-Vorsitzende Dr. Birgit Schwab die Situation und spricht sich einmal mehr für eine „klug konzipierte, strategisch angelegte Industriepolitik“ aus. Strategisch und klug sollte möglichst auch der Umbau der Pflegeversicherung erfolgen, wie auf dem „Pflegegipfel 2024“ deutlich geworden ist. Dazu gibt es einen ausführlichen Bericht. In der von den Leserinnen und Lesern sehr beliebten Serie „Pro und contra“ debattieren Katja Hessel von der FDP und Antje Tillmann von der Union über die Frage, ob Familien durch die geplante Reform der Steuerklassen benachteiligt werden.

In der Rubrik Recht beschäftigt sich VAA-Jurist Hinnerk Wolff mit dem Dauerbrennerthema Kündigung, allerdings liegt der Akzent diesmal auf verhaltensbedingten Kündigungen. Die traditionelle Urteilsbesprechung setzt sich mit der Frage auseinander, ob der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht beim Nutzungsverbot privater Smartphones und Handys am Arbeitsplatz hat.

Selbstverständlich wird auch diese Ausgabe durch weitere Meldungen und Artikel aus Branche, Verband, Wissenschaft, Recht und Service abgerundet.

Neben dem Webmagazin gibt es das VAA Magazin außerdem als interaktives, blätterbares E-Paper sowie im klassischen PDF-Format. Einfach anklicken und anlesen – die Redaktion wünscht viel Spaß bei der Lektüre!

Übrigens: Wer Feedback geben möchte, gern kritisch und offen, kann dies unter redaktion@vaa.de tun. Über Leserbriefe und Anregungen freut sich die VAA-Redaktion immer.

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Pressemitteilungen Publikationen
news-485 Tue, 26 Mar 2024 06:00:00 +0100 ChatGPT bei der Arbeit: Welche Mitsprache hat der Betriebsrat? https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=485&cHash=022697e47a07cb5a99efd1ee2d06e4aa Bei Regeln für den Einsatz des KI-Systems ChatGPT über private Accounts der Beschäftigten eines Unternehmens hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Das hat das Arbeitsgericht Hamburg entschieden. Im konkreten Fall hatte ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten die Nutzung generativer KI-Systeme wie ChatGPT erlaubt. Die dazu veröffentlichten Regeln sahen vor, dass die Beschäftigten darauf hinweisen mussten, wenn ein Arbeitsergebnis durch den Einsatz entsprechender Systeme zustande gekommen war. Zudem sollte keine gesonderte Software auf den Firmenrechnern installiert werden, sondern die Nutzung der Tools sollte mithilfe von Webbrowsern mit privaten Accounts der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgen. Eine zuvor eingeführte Sperrung der entsprechenden Webadressen hob das Unternehmen auf. Der Betriebsrat des Unternehmens verlangte vor dem Arbeitsgericht, die Nutzung von KI-Systemen zu untersagen. Er sah seine Beteiligungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz verletzt, weil es sich bei der Nutzungserlaubnis und den Vorgaben zur Nutzung der Systeme um Regelungen zur Ordnung im Betreib und die Einführung einer technischen Einrichtung zur Überwachung der Mitarbeiter gehandelt habe. 

Das Arbeitsgericht Hamburg wies den Antrag des Betriebsrats zurück (Beschluss vom 16. Januar 2024, Aktenzeichen: 24 BVGa 1/24). Aus Sicht der Hamburger Arbeitsrichter stellte der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein neues Arbeitsmittel unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung. Die veröffentlichten Richtlinien seien somit Anordnungen, welche die Art und Weise der Arbeitserbringung betreffen, und somit sei kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Absatz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz gegeben.

Auch die Einführung einer technischen Einrichtung zur Überwachung der Beschäftigten sah das Gericht nicht als gegeben an. Da die Systeme nicht auf den Computern des Arbeitsgebers installiert wurden, sondern über Webbrowser aufgerufen wurden, deren Nutzung bereits durch eine Konzernbetriebsvereinbarung geregelt war, habe der Betriebsrat sein diesbezügliches Mitbestimmungsrecht schon ausgeübt. Die Nutzung privater Accounts führe zudem dazu, dass der Arbeitgeber auf die durch die KI-Systeme gespeicherten Daten nicht zugreifen konnte. 

VAA-Praxistipp

Der Fall vor dem Arbeitsgericht Hamburg zeigt, dass sich durch die Nutzung von KI-Systemen im beruflichen Kontext neue arbeitsrechtliche und mitbestimmungsrechtliche Fragestellungen entwickeln. Durch die spezielle Konstellation in diesem Fall – keine Installation auf Dienstrechnern und Nutzung privater Accounts – sah das Arbeitsgericht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gegeben. Bei anderen Rahmenbedingungen könnten auch die Entscheidungen der Arbeitsgerichte in solchen Fragen anders ausfallen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Märzausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-484 Fri, 15 Mar 2024 06:00:00 +0100 Umfrage von VAA und DECHEMA: Standort Deutschland kriegt schlechtes Zeugnis https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=484&cHash=0fe97be5ddb5975499d6c3f2843c94d0 Unter den derzeitigen industriepolitischen Rahmenbedingungen sind die Zukunftsausschichten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland ausgesprochen negativ. Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage unter den Fach- und Führungskräften der Branche. Hoffnung machen hingegen die hohe Ausbildungsqualität und die Nähe zwischen Unternehmen und Wissenschaft bei der Technologieentwicklung. Durchgeführt wurde die Umfrage zum Chemie- und Pharmastandort Deutschland im Dezember 2023 unter mehr als 1.400 Mitgliedern des VAA und der DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie, die als Fach- und Führungskräfte in Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Chemie- und Pharmabranche tätig sind. Vertreter beider Verbände fordern einen radikalen Kurswechsel in der Industriepolitik.

Im Rahmen der Umfrage bewerteten die Mitglieder von VAA und DECHEMA unter anderem die Bedeutung von insgesamt 17 Standortfaktoren für den Fortbestand der Arbeitsplätze. Als wichtigste Einflussfaktoren wurden dabei die Höhe der Energiepreise, das Ausbildungsniveau und die Verfügbarkeit von Fachkräften sowie die Stabilität der industriepolitischen Rahmenbedingungen und die Verfügbarkeit von Rohstoffen genannt.

Die Höhe der Energiepreise ist zugleich der Standortfaktor, dem die Umfrageteilnehmenden mit einer Bewertung den negativsten Einfluss auf den Fortbestand der Arbeitsplätze zuschreiben. Ebenfalls hoch gewichtet und besonders kritisch bewertet wurden die Dauer und Komplexität von Genehmigungsverfahren bei der Errichtung neuer Produktionsanlagen und staatlicher Verwaltungsvorgängen insgesamt. Einen positiven Einfluss sehen die Teilnehmer hingegen durch die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Produktionsinfrastruktur und die Nähe zu wissenschaftlichen Institutionen.

Angesichts der Umfrageergebnisse fordert der 2. Vorsitzende des VAA Dr. Christoph Gürtler die politischen Entscheidungsträger zu einem radikalen industriepolitischen Kurswechsel auf: „Wenn der Chemie- und Pharmastandort Deutschland mit seinen hocheffizienten Wettschöpfungsketten erhalten bleiben soll, müssen die Preise für Energie verlässlich auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau gedeckelt und die viel beschworenen Maßnahmen zur Entbürokratisierung endlich umgesetzt werden.“ Dies gelte vor dem Hintergrund des durch etliche Chemie- und Pharmaunternehmen bereits angekündigten Abbaus hochqualifizierter Industriearbeitsplätze mehr denn je.

Bei der Positionierung der deutschen Chemie- und Pharmabranche im internationalen Wettbewerb sehen die Umfrageteilnehmer Stärken und Schwächen: Die Ausbildung wird von rund der Hälfte der Befragten als im Vergleich sehr gut oder eher gut bewertet, die Technologieoffenheit immerhin von einem Drittel. Bei der Technikaufgeschlossenheit in der Gesellschaft sind es hingegen nur 13 Prozent. DECHEMA-Geschäftsführer Dr. Andreas Förster: „Deutschland ist ein weltweit führender Forschungs- und Entwicklungsstandort in der Chemie, Chemietechnik und Biotechnologie und wir haben eine sehr gute Vernetzung zwischen Wissenschaft und Industrie in den technischen Wissenschaften. Dieses Potenzial müssen wir nutzen, um Lösungen für die globalen Herausforderungen zu entwickeln und damit auch den Technologiestandort Deutschland zu stärken.“

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Pressemitteilungen
news-482 Thu, 22 Feb 2024 13:54:00 +0100 Privathandyverbot während der Arbeitszeit: Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=482&cHash=b1c253c94c9ec00e0810d33ac561babc Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht zu, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit untersagt, um eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung sicherzustellen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Ein Arbeitgeber aus der Automobilbranche hatte seinen Beschäftigten die private Nutzung von Mobiltelefonen und Smartphones während der Arbeitszeit verboten, um ein zügiges und konzentriertes Arbeiten der Arbeitnehmer sicherzustellen. Der Betriebsrat des Unternehmens wandte sich vor dem Arbeitsgericht gegen das Verbot, weil dadurch auch Zeiträume erfasst seien, in denen es aus betrieblichen Gründen zu Arbeitsunterbrechungen kommen könne. Die Maßnahme gehe über das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinaus und betreffe das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb, somit wäre sie aus Sicht des Betriebsrates mitbestimmungspflichtig gewesen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht lehnten den Antrag des Betriebsrates ab. 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied im Sinne des Arbeitsgebers (Urteil vom 17. Oktober 2023, Aktenzeichen: 1 ABR 24/22). Das Verbot, so die höchsten Arbeitsrichter, sei eine zulässige Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Arbeitnehmer, die keine Mitbestimmung erfordere. Dem stehe nicht entgegen, dass es aus betrieblichen Gründen regelmäßig zu Unterbrechungen bei bestimmten Betriebsabläufen komme. Der Arbeitgeber sei auch während dieser Zeiten aufgrund seines Direktionsrechts berechtigt, die Arbeitsleistung der Beschäftigten abzufordern und ihnen bestimmte Aufgaben zuzuweisen. Darüber hinaus solle die Anordnung sicherstellen, dass die Arbeitnehmer diese Zeiträume nutzen, um selbstständig etwaige Nebenarbeiten auszuführen. Damit ist aus Sicht der BAG-Richter nicht das Ordnungs-, sondern das – mitbestimmungsfreie – Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betroffen. Dem Betriebsrat steht somit bei der Maßnahme kein Mitbestimmungsrecht zu. 

VAA-Praxistipp

Bei der Abgrenzung zwischen dem mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten und mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten im Betrieb geht es um die Unterscheidung, ob eine Maßnahme des Arbeitgebers das generelle Verhalten im Betrieb oder das Verhalten der Beschäftigten bei der Arbeit betrifft. Wenn beide Bereiche betroffen sind, kommt es auf den Wirkungsschwerpunkt der Maßnahme an. Das BAG hat entschieden, dass die private Smartphonenutzung während der Arbeitszeit vor allem das Arbeitsverhalten betrifft und ein entsprechendes Verbot somit nicht mitbestimmungspflichtig ist.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Februarausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-479 Wed, 07 Feb 2024 06:00:00 +0100 Interview: Was ändert sich dieses Jahr im Arbeitsrecht? https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=479&cHash=8614f30e8f294866681b41e96d102ea4 Auch 2024 gibt es einige für Beschäftigte und Unternehmen wichtige arbeitsrechtliche Neuerungen. Darüber hat sich das VAA Magazin mit Stefan Ladeburg vom Juristischen Service unterhalten. Im Interview geht der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer des VAA unter anderem auf die Verringerung der Anspruchsdauer beim Kinderkrankengeld und die Einrichtung von Meldestellen für Whistleblower ein.

VAA Magazin: Winterzeit ist Krankheitszeit – fangen wir daher direkt mit dem Attest für Beschäftigte an. Hat sich seit dem Start des neuen Jahres etwas an der telefonischen Krankschreibung geändert?

Ladeburg: Präzise eigentlich schon seit Ende des letzten Jahres. Denn wie bereits in den Zeiten der Pandemie können sich seit dem 7. Dezember 2023 Patienten wieder telefonisch krankschreiben lassen. Voraussetzung hierfür ist erstens, dass Patient und Hausarzt bereits bekannt sind und eine Videosprechstunde nicht möglich ist. Zweitens erfolgt die Krankschreibung maximal für fünf Tage. Drittens darf es sich lediglich um eine leichte Erkrankung handeln.

Darüber hinaus sind auch in geeigneten Fällen Krankschreibungen per Videosprechstunde möglich. Hier ist eine Krankschreibung bei dem Arzt persönlich bekannten Patienten für bis zu sieben Tagen möglich, bei noch nicht persönlich bekannten Patienten bis zu drei Tagen.

Wie erfolgt die Übermittlung der Daten?

Es gilt weiterhin, dass seit Einführung der elektronischen Krankschreibung im Jahr 2023 die Ärzte die Arbeitsunfähigkeitsdaten für gesetzlich Versicherte grundsätzlich elektronisch an die Krankenkassen übermitteln, wo sie von den Arbeitgebern direkt abgerufen werden müssen. Beschäftigte müssen jedoch unabhängig davon ihrem Arbeitgeber weiterhin unverzüglich eine bestehende Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtige Dauer anzeigen, auch wenn sie wegen der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber in der Regel keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr vorlegen müssen.

Und was passiert bei berufstätigen Eltern in Sachen Kinderkrankengeld, wenn das Kind krank wird?

Gesetzlich Versicherte haben 2024 einen Anspruch auf 15 Tage Kinderkrankengeld pro Kind und Elternteil – Alleinerziehende auf 30 Tage. Insgesamt ist der Anspruch auf 35 Tage pro Elternteil begrenzt – bei Alleinerziehenden entsprechend auf 70 Tage. Dies stellt natürlich eine deutliche Absenkung dar. Denn bis zum 31.September 2023 konnte jedes gesetzlich versicherte Elternteil pro Kind bis zu 30 Tage Kinderkrankentagegeld beantragen und bei mehreren Kindern insgesamt maximal 65 Tage. Für Alleinerziehende bestand ein Anspruch auf 60 Tage pro Kind, bei mehreren Kindern waren es maximal 130 Tage. Hierbei handelte es sich jedoch um eine Regelung, die im Rahmen der Coronapandemie erlassen wurde.

Und wenn man die neue Regelung mit der Vorcoronazeit vergleich?

Hier ist festzustellen, dass die Regelung ab 2024 besser ist als die aus Vorpandemiezeiten bestehende Regelung. Damals hatten Eltern nämlich Anspruch auf nur zehn Tage Kinderkrankengeld – Alleinerziehende auf 20 Tage.

Verstanden. Nächster Punkt: Was gilt bei der Erhöhung des Mindestlohns und den neuen Minijob-Grenzen?

Im Jahr 2024 wird der gesetzliche Mindestlohn für alle Beschäftigten auf 12,41 Euro pro Stunde angehoben. Die Verdienstgrenze für Minijobs steigt damit von bisher 520 auf nunmehr 538 Euro monatlich. Die Jahresverdienstgrenze erhöht sich damit entsprechend auf 6.436 Euro. Minijobber dürfen damit weiterhin bis zu 43,35 Stunden im Monat arbeiten. Zu beachten ist, dass die Arbeitsverträge, die einen niedrigeren Stundenlohn vorsehen, aufgrund der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns gegebenenfalls angepasst werden müssen. 

Kommen wir jetzt zu einem Thema, das für Teile unserer Mitgliedschaft durchaus eine hohe Relevanz besitzt. Gute Führung und Compliance werden nicht immer überall im nötigen Maß praktiziert. Hier kommen Whistleblower ins Spiel. Wie sieht es nun mit den geplanten Meldestellen für Whistleblower aus?

Whistleblower werden künftig vor Kündigungen und anderen negativen Konsequenzen geschützt. Das Hinweisgeberschutzgesetz vom 20. Juli 2023 schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dann bei den vorgehsehenden Meldestellen Missstände melden, die ihnen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit bekannt geworden sind. Zusätzlich zu den externen Meldestellen, die zum Beispiel beim Bundesamt für Justiz eingerichtet worden sind, sind Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten nunmehr verpflichtet, eine eigene Meldestelle einzurichten.

Übrigens: Die Pflicht zur Einrichtung eigener Meldestellen bestand bisher bereits für größere Unternehmen. Am 17. Dezember 2023 lief eine Übergangsfrist für kleinere Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten aus. Diese sind nunmehr auch verpflichtet, Meldestellen einzurichten. Eine Verletzung der Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen kann seit dem 1. Dezember 2023 mit Bußgeldern belegt werden.

Was empfehlen Sie betroffenen VAA-Mitgliedern?

Es gilt das, was ich unseren Mitgliedern immer empfehle: Wer Missstände melden will, sollte sich vorher unbedingt auch mit den Juristinnen und Juristen des VAA abstimmen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Februarausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht
news-481 Fri, 02 Feb 2024 06:00:00 +0100 KI am Arbeitsplatz – Verstärkung oder Konkurrenz? Antworten im neuen VAA Magazin! https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=481&cHash=cec73b0a9c84d221c04e8f1ad3029cf6 Im Arbeitsalltag hat sich Künstliche Intelligenz bereits fest etabliert. Auch generative KI-Technologien kommen immer häufiger zum Einsatz. Was bedeutet dies für die Jobs von Fach- und Führungskräften in der Industrie? Damit setzt sich das VAA Magazin in einem Spezial auseinander. Pünktlich am 1. Februar ist die erste Ausgabe des VAA Magazins im Jahr 2024 als Webmagazin veröffentlicht worden – wie immer eine Woche vor Erscheinen des gedruckten Heftes. Was gibt es darin zu lesen? Im Spezial beleuchtet Axel Ditteney-Botzen, Mitglied der VAA-Werksgruppe Covestro und regelmäßiger Gastautor im VAA Magazin, die Chancen und Herausforderungen durch die Anwendung generativer KI in der chemischen Industrie. Ist KI eher als Konkurrenz oder Kollege zu begreifen? Dabei geht es auch um die Einbeziehung von KI-Technologien in Führungsaufgaben.    

In der Rubrik VAA werden die Kandidatinnen und Kandidaten auf der Vorschlagsliste des VAA-Vorstandes für die Vorstandswahl vorgestellt, die auf der Delegiertentagung 2024 stattfinden wird. Es gibt acht Kandidaturen für insgesamt sieben Vorstandssitze. Über die VAA-Landesgruppen können sich noch weitere VAA-Mitglieder für die Wahl nominieren lassen. Apropos Mitgliedschaft: Im Bericht zur Mitgliederentwicklung 2023 gibt es einen erfreulichen Rekord bei den Neueintritten in den Verband zu verzeichnen.

Mit der Verleihung des Deutschen Chemie-Preises an Lyondellbasell hat das Verbandsjahr im Dezember letzten Jahres einen würdigen Abschluss gefunden. Dazu gibt es einen Fotobericht in der Rubrik Branche. Im Interview erläutern Prof. Christian Grund und Alexandra Soboll von der RWTH Aachen außerdem, warum die Daten der Einkommensumfrage von VAA und GDCh so wertvoll für die Wissenschaft sind.

In den ULA Nachrichten greift der Deutsche Führungskräfteverband ULA – der politische Dachverband des VAA – das Spezialthema der Künstlichen Intelligenz erneut auf und veröffentlicht einen Weckruf zu KI, verfasst von Theresa Treffers, Nadja Born und Isabell Welpe vom Lehrstuhl für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München. Des Weiteren gibt es Gastbeiträge zu guter Führung vom Wirtschaftsphilosophen Anders Indset und von Prof. Eric Kearney von der Universität Potsdam. Auch die beliebte Serie „Pro und contra“ wird fortgesetzt. Diesmal geht es um die Schuldenbremse, um deren Sinnhaftigkeit die Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann von der CDU und Michael Schrodi von der SPD diskutieren.

In der Rubrik Recht geht es um ein Urteil, das die Pflicht von Beschäftigten zur Kenntnisnahme von Arbeitgebermitteilungen in der Freizeit betrifft. Über Neuerungen im Arbeitsrecht klärt VAA-Jurist Stefan Ladeburg im Interview auf. Übrigens: Der Rechtsanwalt und Stellvertretende Hauptgeschäftsführer des VAA gehört schon seit 2001 zum Team des Juristischen Service. Und im letzten Jahr hatten die Juristinnen und Juristen erneut alle Hände voll zu tun, wie ein Artikel zur Jahresstatistik in Sachen Rechtsberatung und Rechtsschutz zeigt.

Selbstverständlich wird auch diese Ausgabe durch weitere Meldungen und Artikel aus Branche, Verband, Wissenschaft, Recht und Service abgerundet.

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Übrigens: Wer Feedback geben möchte, gern kritisch und offen, kann dies unter redaktion@vaa.de tun. Über Leserbriefe und Anregungen freut sich die VAA-Redaktion immer.

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Pressemitteilungen Publikationen
news-480 Wed, 31 Jan 2024 11:24:50 +0100 AfD ist Bedrohung für Deutschland https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=480&cHash=3db9406b5e4bd35edabf5ee1256dbc49 In den letzten Jahren haben sich sowohl der VAA als auch die Gesellschaft in Deutschland weiter verändert. Die Fach- und Führungskräfte der Chemie- und Pharmaindustrie sind noch vielfältiger geworden: VAA-Mitglieder haben immer häufiger unterschiedliche ethnische Herkünfte und Nationalitäten. „Unser Verband ist heute so vielfältig, international und multikulturell wie zu keiner Zeit“, erklärt die 1. VAA-Vorsitzende Dr. Birgit Schwab. „Dies spiegelt sich in unserer Mitgliedschaft und in unseren Beschäftigten wider.“ Auch Schwab selbst besitzt nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. „Wir lehnen jedwede Form von Ausgrenzungsversuchen sowie Hetze, Hass und Angriffe gegen unsere demokratische Grundordnung entschieden ab. Wir wehren uns gegen jeden Versuch, unsere Gesellschaft zu spalten und das Vertrauen in unser Land zu untergraben.“

Schon 2007 hat sich der VAA als einer der Erstunterzeichner der „Charta der Vielfalt“ verpflichtet, eine Organisationskultur zu pflegen, die von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung geprägt ist. „In der AfD sehen wir eine Bedrohung für Deutschland“, betont Birgit Schwab. „Die Dexitpläne sind eine groteske Leugnung gelebter Wirklichkeit in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie würden im Fall ihrer Umsetzung Deutschland ruinieren, und zwar viel stärker, als es der Brexit mit Großbritannien getan hat.“ Deutschland sei viel stärker vom Export abhängig. „Wir brauchen die EU. Wir brauchen internationalen Handel und Austausch.“

Der VAA setzt sich für mehr Offenheit statt Abschottung sowie für Investitionen und eine kluge Industriepolitik ein. Schwab weiter: „Angesichts der demografischen Entwicklung benötigen wir auch mehr qualifizierte Zuwanderung.“ Viele VAA-Mitglieder seien in den letzten Tagen und Wochen auf die Straße gegangen, um den Wahnfantasien der Deportation von Menschen anderer ethnischer Herkunft und Nationalität Einhalt zu gebieten. „Wir werden auch in Zukunft entschieden Position gegen sämtliche Bestrebungen beziehen, die den Kern unseres friedlichen, demokratischen und vielfältigen Zusammenlebens bedrohen.“

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Interessenvertretung
news-477 Fri, 19 Jan 2024 06:00:00 +0100 BAG: Pflicht zur Kenntnisnahme von Weisungen nach Feierabend https://www.vaa.de/login?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=477&cHash=b49847826f3dc578a3b239b7baac8f9f Ist Beschäftigten auf Grundlage betrieblicher Regelungen bekannt, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für den folgenden Tag in Bezug auf Uhrzeit und Ort konkretisieren wird, sind sie laut BAG verpflichtet, eine dazu per SMS mitgeteilte Weisung auch in ihrer Freizeit zur Kenntnis zu nehmen. Ein als Rettungssanitäter beschäftigter Arbeitnehmer war für seinen Arbeitgeber im Rahmen eines Schichtmodells tätig gewesen, das unter anderem die Verpflichtung vorsah, kurzfristige Konkretisierungen hinsichtlich Einsatzort und Uhrzeit zu befolgen. Ein solch unkonkreter Springerdienst war im Dienstplan des Arbeitnehmers für den 8. April 2021 vorgesehen. Am 7. April um 13:20 Uhr teilte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für den Folgetag in der Tagschicht mit Arbeitsbeginn 06:00 Uhr ein und versuchte vergeblich, den Arbeitnehmer telefonisch hierüber zu informieren. Um 13:27 Uhr übersandte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine SMS mit der Information über den zugeteilten Dienst. Laut betrieblicher Regelung wäre dies noch bis 20:00 Uhr möglich gewesen. Der Arbeitnehmer zeigte am nächsten Tag um 07:30 Uhr telefonisch seine Arbeitsbereitschaft an, der Arbeitgeber hatte jedoch zwischenzeitlich einen Mitarbeiter aus der Rufbereitschaft herangezogen und setzte den Arbeitnehmer an diesem Tag nicht mehr ein. Außerdem erteilte dem Arbeitnehmer eine Ermahnung, bewertete den Tag als unentschuldigtes Fehlen und zog elf Stunden vom Arbeitszeitkonto ab. 

In einem vergleichbaren Fall einige Monate später trat der Arbeitnehmer seinen Dienst rund zwei Stunden später an als am Vortag per SMS und E-Mail zugewiesen. Der Arbeitgeber zog die entsprechenden Stunden erneut vom Arbeitszeitkonto ab und sprach eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens aus. Der Arbeitnehmer klagte dagegen vor dem Arbeitsgericht mit der Begründung, er sei nicht verpflichtet, sich während seiner Freizeit über die Dienstzuteilung zu informieren. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer jedoch Recht.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Arbeitnehmer seiner Nebenpflicht aus dem Vertragsverhältnis, die Zuteilung des Dienstes zur Kenntnis zu nehmen, auch außerhalb seiner eigentlichen Dienstzeit nachkommen müsse. Das ergebe sich aus § 241 Absatz 2 BGB, wonach jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet ist (Urteil vom 23. August 2023, Aktenzeichen: 5 AZR 349/22). Dafür habe der Arbeitnehmer – anders als von ihm behauptet – nicht ununterbrochen für den Arbeitgeber erreichbar sein müssen. Es sei ihm überlassen gewesen, wann und wo er Kenntnis von der SMS nehmen wollte, mit der ihn der Arbeitgeber über die Konkretisierung seines Springerdienstes informiert hat. Der eigentliche Moment der Kenntnisnahme der SMS sei zeitlich derart geringfügig, dass auch dadurch nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der Nutzung der freien Zeit ausgegangen werden könne, so das BAG. Folglich sei der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen, die geschuldete Arbeitsleistung entsprechend der vom Arbeitgeber hinsichtlich Zeit und Ort erfolgten Konkretisierung anzubieten. Da er das nicht getan hatte, durfte der Arbeitgeber das Arbeitszeitkonto entsprechend kürzen und eine Abmahnung aussprechen. 

VAA-Praxistipp

Mit seinem Urteil hat das BAG klargestellt, dass es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kein absolutes Recht auf Unerreichbarkeit in der Freizeit gibt. Vielmehr kann eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Kenntnisnahme von Weisungen in der Freizeit bestehen, wenn die betrieblichen Regelungen das so vorsehen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Januarausgabe 2024 veröffentlicht worden.

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Urteile und Recht